Sie streckte die Hand aus und tätschelte eine kleine Flasche, die auf dem unteren Wandbord stand. Sie war zwar nicht beschriftet, aber ich wusste, wie Arsen aussah. Im Großen und Ganzen war ich froh, dass ich nichts gegessen hatte.
»Oh, das wird dich interessieren«, sagte sie, als sie weiter oben ein Glasgefäß erspähte. Sie stellte sich leise ächzend auf die Zehenspitzen, holte es herunter und reichte es mir.
Es enthielt ein sehr grobes Pulver, das offenbar aus mehreren Substanzen zusammengemischt war, braun, gelb und schwarz, durchsetzt mit Flocken eines milchigen Materials.
»Was ist das?«
»Zombiegift«, sagte sie und lachte. »Ich dachte, du möchtest es vielleicht sehen.«
»Oh?«, sagte ich kalt. »Ich dachte, du hättest gesagt, so etwas gibt es nicht.«
»Nein«, verbesserte sie mich immer noch lächelnd. »Ich habe gesagt, dass Hercule nicht tot ist, und das ist er auch nicht.« Sie nahm mir das Gefäß wieder ab und stellte es zurück auf das Regal. »Aber ich kann nicht leugnen, dass er um einiges fügsamer ist, wenn ich ihm einmal in der Woche eine Portion davon unter sein Getreide rühre.«
»Woraus zum Teufel besteht es?«
Sie zuckte unbekümmert mit den Schultern. »Ein bisschen hiervon und ein bisschen davon. Die Hauptzutat scheint eine Art Fisch zu sein – ein kleines, geflecktes, fast quadratisches Tier, dessen getrocknete Haut und Leber man benutzt. Aber das Mittel enthält noch andere Zutaten – ich wünschte, ich wüsste, welche«, fügte sie hinzu.
»Du weißt nicht, was das Pulver enthält?« Ich starrte sie an. »Hast du es denn nicht hergestellt?«
»Nein. Ich hatte einen Koch«, sagte Geilie. »Zumindest haben sie ihn mir als Koch verkauft, aber der Teufel soll mich holen, wenn ich jemals unbesorgt etwas gegessen hätte, was aus seiner Küche kam. Gerissener schwarzer Teufel. Aber er war ein
»Ein was?«
»
»Ishmael, hm?« Ich leckte mir die trockenen Lippen. »Hast du ihn mit diesem Namen bekommen?«
»Oh nein. Er hatte einen von diesen Heidennamen mit sechs Silben, und der Mann, der ihn mir verkauft hat, hat ihn Jimmy genannt – die Auktionatoren nennen die Kerle alle Jimmy. Wegen der Geschichte, die mir der Auktionator über ihn erzählt hat, habe ich ihn Ishmael genannt.«
Ishmael war aus einem Sammellager an der afrikanischen Goldküste gekommen und hatte zu einer Ladung von sechshundert Sklaven aus Nigeria und Ghana gehört, die in den Zwischendecks des Sklavenschiffs
Die Sklaven, die im Zwischendeck hilflos angekettet waren, waren alle ertrunken – alle bis auf einen Mann, den man zuvor aus dem Frachtraum geholt hatte, um ihn als Maat in der Kombüse einzusetzen, weil die beiden Jungen, die in der Messe geholfen hatten, unterwegs an den Pocken gestorben waren. Obwohl die Besatzung diesen Mann zurückgelassen hatte, hatte er den Schiffbruch überlebt, indem er sich an ein Fass Alkohol geklammert hatte, das zwei Tage später auf Great Inagua an Land gespült wurde.
Die Fischer, die den Schiffbrüchigen entdeckten, hatten sich mehr für das Werkzeug seiner Rettung interessiert als für den Sklaven selbst. Doch als sie das Fass aufbrachen, hatten sie zu ihrem Entsetzen eine Männerleiche darin gefunden, nicht ganz perfekt konserviert durch den Likör, mit dem man ihn getränkt hatte.
»Ich frage mich, ob sie den Crème de Menthe trotzdem getrunken haben«, murmelte ich, da ich längst selbst festgestellt hatte, dass Mr. Overholts Einschätzung der Alkoholsucht unter Seeleuten weitgehend der Realität entsprach.
»Wer weiß«, sagte Geilie etwas verärgert darüber, in ihrer Erzählung unterbrochen zu werden. »Als ich davon gehört habe, habe ich ihn jedenfalls auf der Stelle Ishmael getauft. Wegen des schwimmenden Sargs, aye?«
»Sehr gewitzt«, beglückwünschte ich sie. »Äh … haben sie herausgefunden, wer der Mann in dem Fass war?«
»Ich glaube nicht.« Sie zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Sie haben ihn an den Gouverneur von Jamaica übergeben, der ihn als Kuriosität in ein Glasbecken mit frischem Alkohol gesteckt hat.«
»Nun ja, weniger den Mann selbst als vielmehr einige seltsame Pilze, die auf ihm gewachsen waren«, erklärte Geilie. »Der Gouverneur hat eine Vorliebe für solche Dinge. Der alte Gouverneur, meine ich; wie ich höre, gibt es inzwischen einen neuen.«
»Den gibt es«, sagte ich mit einem etwas mulmigen Gefühl. Ich fand, dass der ehemalige Gouverneur eigentlich eher das Zeug zu einer Kuriosität hatte als der Tote.
Алекс Каменев , Владимир Юрьевич Василенко , Глуховский Дмитрий Алексеевич , Дмитрий Алексеевич Глуховский , Лиза Заикина
Фантастика / Приключения / Научная Фантастика / Современная русская и зарубежная проза / Социально-психологическая фантастика / Социально-философская фантастика / Современная проза