»Nach Spuren von Feuer«, sagte er. »In allen Quellen, die ich über das Beltanefest lesen konnte, ist jedes Mal von Feuer bei den Ritualen die Rede. Aber die Frauen, die wir heute Morgen beobachten konnten, haben keins benutzt. Ich frage mich deshalb, ob sie das Beltanefeuer vielleicht am Abend vorher entzündet haben und am Morgen für den Tanz zurückgekehrt sind. Obwohl es historisch die Kuhhirten sind, die das Feuer machen sollten. Im Inneren des Kreises war nichts von einem Feuer zu sehen«, fügte er hinzu. »Und wir sind ja gegangen, ehe ich auf die Idee gekommen bin, die Außenseite zu überprüfen.«
»Also schön«, wiederholte ich und gähnte. Das zweimalige frühe Aufstehen an zwei Tagen forderte allmählich seinen Tribut. Ich schloss das Buch und stand auf. »Aber nur, wenn ich nicht vor neun aufstehen muss.«
Tatsächlich war es fast elf, ehe ich den Steinkreis erreichte. Es nieselte, und ich war nass bis auf die Haut, weil ich nicht daran gedacht hatte, einen Regenmantel mitzunehmen. Ich sah mich oberflächlich an der Außenseite des Kreises um, doch wenn es dort tatsächlich ein Feuer gegeben hatte, hatte sich jemand alle Mühe gegeben, seine Spuren zu verwischen.
Die Pflanze war einfacher zu finden. Sie wuchs dort, wo ich sie in Erinnerung hatte, am Fuß des höchsten Steins. Ich schnitt einige Stiele ab und verstaute sie erst einmal in meinem Taschentuch. Ordentlich unterbringen würde ich sie, wenn ich zu Mrs. Bairds Auto zurückgekehrt war, wo ich eine der schweren Pflanzenpressen zurückgelassen hatte.
Der größte Stein des Kreises war durch einen vertikalen Riss in zwei massive Stücke gespalten. Seltsamerweise waren die beiden Teile durch irgendetwas auseinandergezogen worden. Man konnte zwar sehen, dass die gegenüberliegenden Oberflächen zueinander passten, doch sie waren durch eine Lücke von fast einem Meter Breite getrennt.
Irgendwo in der Nähe ertönte ein tiefes Summen. Ich dachte, es gäbe vielleicht einen Bienenstock in einer Spalte des Felsens, und legte eine Hand auf den Stein, um mich in den Spalt zu beugen.
Der Stein schrie.
Ich wich zurück, so schnell ich konnte und so hastig, dass ich auf dem kurzen Gras stolperte und im Sitzen landete. Ich starrte den Stein an, und mir brach der Schweiß aus.
Ein solches Geräusch hatte ich noch nie gehört, selbst von einem lebenden Wesen nicht. Es ist unmöglich, es zu beschreiben, außer indem man sagt, dass es die Art Schrei war, die man von einem Stein erwarten würde. Es war grauenvoll.
Die anderen Steine begannen zu rufen. Ich hörte Schlachtenlärm und die Schreie sterbender Männer und verwundeter Pferde.
Ich schüttelte heftig den Kopf, doch das Lärmen hörte nicht auf. Ich erhob mich stolpernd und wankte auf den Rand des Kreises zu. Die Geräusche waren überall, so dass meine Zähne schmerzten und mir schwindelig wurde. Alles verschwamm mir vor den Augen.
Ich weiß nicht, ob ich bewusst auf die Spalte in dem großen Stein zuging oder ob es zufällig geschah, während ich blindlings durch den Nebel aus Geräuschen driftete.
Einmal bin ich des Nachts auf dem Beifahrersitz eines fahrenden Autos eingeschlafen, durch Fahrgeräusche und Bewegung eingelullt in eine Illusion schwereloser Gelassenheit. Der Fahrer des Wagens überquerte eine Brücke zu schnell und geriet ins Schleudern. So wurde ich aus meinem schwebenden Traum in die gleißende Helligkeit der Scheinwerfer gerissen und in das übelkeiterregende Gefühl, mit großer Geschwindigkeit zu fallen. Dieser abrupte Übergang kam dem, was ich jetzt erlebte, am nächsten, aber es ist trotzdem nur eine notdürftige Beschreibung.
Ich könnte sagen, dass sich mein Gesichtsfeld zu einem einzigen dunklen Fleck zusammenzog und dann ganz verschwand, wobei es allerdings keine Dunkelheit hinterließ, sondern leuchtende Leere. Ich könnte sagen, dass ich das Gefühl hatte, mich zu drehen, oder als würde mein Inneres nach außen gekehrt. All das trifft zu, und doch drückt nichts davon dieses Gefühl völliger Zerrissenheit aus, das ich empfand, das Gefühl, mit voller Wucht gegen etwas geschleudert zu werden, das gar nicht da war.
Die Wahrheit ist, dass sich nichts bewegte, nichts veränderte, eigentlich gar nichts zu
Eigentlich kann ich nicht sagen, dass ich das Bewusstsein verlor, doch es war auf jeden Fall so, dass ich mir meiner selbst zunächst nicht bewusst war. Ich »erwachte«, falls das denn das Wort ist, als ich fast am Fuß des Hügels über einen Felsen stolperte. Halb rutschte ich die letzten Meter und wurde unten durch ein dichtes Grasbüschel gebremst.