»Oh, so ist das also, ja?«, sagte er und gluckste erheitert. »Nun, ich würde der Einladung ja gern Folge leisten, mein Täubchen, aber leider ist der Augenblick schlecht gewählt.« Sein Gewicht presste meine Hüften zu Boden, und ein kleiner Stein bohrte sich schmerzhaft in mein Kreuz. Ich wand mich, um ihn beiseitezuschieben. Seine Hüften mahlten heftiger, und seine Hände hefteten meine Schultern am Boden fest. Vor Entrüstung klappte mir der Mund auf.
»Was soll denn …«, doch er senkte kommentarlos den Kopf und küsste mich, so dass mir das Wort abgeschnitten wurde. Seine Zunge fuhr in meinen Mund und erkundete mich mit dreister Vertrautheit, wanderte umher und stieß zu, zog sich zurück und attackierte mich erneut. Genauso plötzlich, wie er begonnen hatte, ließ er von mir ab.
Er tätschelte meine Wange. »Nicht schlecht, Täubchen. Später vielleicht, wenn ich die Zeit habe, es richtig zu machen.«
Inzwischen war ich wieder bei Atem, und ich benutzte ihn auch. Ich schrie ihm direkt ins Ohr, und er fuhr zusammen, als hätte ich ihm einen heißen Draht hineingebohrt. Ich nutzte seine Bewegung, um mein Knie hochzuziehen, und rammte es ihm in die Seite, so dass er ins Laub rollte.
Ungeschickt rappelte ich mich auf. Er kam mit einer gekonnten Bewegung neben mir zum Stehen. Ich sah mich panisch um und suchte nach einem Ausweg, aber wir befanden uns am Fuß einer dieser Felsklippen, die sich manchmal so abrupt aus dem Boden der schottischen Highlands erheben. Er hatte mich an einer Stelle eingeholt, an der der Fels eine kleine Mulde bildete. Er versperrte mir mit ausgestreckten Armen den Eingang, eine Mischung aus Ärger und Neugier in seinem attraktiven dunklen Gesicht.
»Mit wem seid Ihr zusammen gewesen?«, wollte er wissen. »Frank, wer auch immer das ist? Ich habe keinen Mann dieses Namens in meiner Kompanie. Oder ist es jemand, der hier in der Nähe wohnt?« Er lächelte voll Spott. »Eure Haut riecht nicht nach Dung, also war es kein Bauer. Dazu seht Ihr auch ein bisschen zu teuer aus.«
Ich ballte die Fäuste und biss die Zähne zusammen. Es war mir absolut egal, was dieser Witzbold vorhatte – mir war in keinem Fall danach.
»Ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon Sie sprechen, und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich auf der Stelle vorbeilassen würden!«, sagte ich in meinem besten Stationsschwesternton. Dieser verfehlte normalerweise seine Wirkung auf widerspenstiges Hilfspersonal und junge Praktikanten nicht, doch Hauptmann Randall schien er höchstens zu amüsieren. Entschlossen unterdrückte ich die Gefühle der Angst und der Orientierungslosigkeit, die wie aufgescheuchte Hühner unter meinen Rippen umherflatterten.
Er schüttelte langsam den Kopf und betrachtete mich noch einmal ganz genau.
»Später vielleicht, Täubchen. Ich frage mich«, sagte er im Plauderton, »warum eine Hure im Hemd herumläuft, aber dabei Schuhe trägt? Noch dazu so gute«, fügte er mit einem Blick auf meine einfachen braunen Halbschuhe hinzu.
»Eine was!?«, rief ich empört aus.
Er ignorierte mich komplett. Sein Blick war wieder auf mein Gesicht gerichtet, und plötzlich trat er vor und nahm mein Kinn in die Hand. Ich packte sein Handgelenk und riss daran.
»Loslassen!« Er hatte Finger wie Stahl. Ohne meine Befreiungsversuche zu beachten, drehte er mein Gesicht hin und her, so dass es von der verblassenden Nachmittagssonne beleuchtet wurde.
»Die Haut einer Dame, das schwöre ich«, murmelte er vor sich hin. Er beugte sich vor und schnüffelte, »… und französisches Parfum im Haar.« Dann ließ er los, und ich rieb mir ungehalten das Kinn, als könnte ich so die Berührung ausradieren, die ich immer noch auf meiner Haut spürte.
»Der Rest ist vielleicht mit dem Geld eines Gönners hinzubekommen«, sinnierte er, »aber Ihr habt auch die Ausdrucksweise einer Dame.«
»Oh, danke!«, fuhr ich ihn an. »Gehen Sie mir aus dem Weg. Mein Mann erwartet mich; wenn ich nicht in zehn Minuten zurück bin, wird er nach mir suchen.«
»Oh, Euer Mann?« Die Mischung aus Spott und Bewunderung verblasste ein wenig, verschwand aber nicht ganz. »Und wie, bitte, lautet der Name Eures Mannes? Wo ist er? Und warum lässt er es zu, dass seine Frau halb bekleidet und allein durch einen einsamen Wald wandert?«