»Eine kleine Sassenach, Dougal, so, wie sie spricht.« Es waren mehrere Männer im Zimmer, die mich nun alle fasziniert anstarrten, teils neugierig, teils mit unmissverständlich anzüglichen Blicken. Mein Kleid war im Lauf des ereignisreichen Nachmittags an mehreren Stellen zerrissen, und ich machte mir hastig ein Bild von dem Schaden. Als ich an mir hinunterblickte, konnte ich die Rundung einer Brust deutlich durch den Riss erkennen, und ich war mir sicher, dass die anwesenden Männer es ebenfalls konnten. Ich beschloss, dass der Versuch, die Kanten zusammenzuziehen, nur weitere Aufmerksamkeit auf die Stelle lenken würde; stattdessen suchte ich mir wahllos ein Gesicht aus und starrte es unverblümt an, genauso sehr, um den Mann abzulenken wie mich selbst.
»Ha, und was für eine Hübsche, Sassenach oder nicht«, sagte der Mann, ein fetter, schmierig aussehender Kerl, der am Feuer saß. Er hatte ein Stück Brot in der Hand und machte sich nicht die Mühe, es hinzulegen, als er jetzt aufstand und zu mir herüberkam. Er schob mir mit dem Handrücken das Kinn hoch und strich mir unsanft das Haar aus dem Gesicht. Ein paar Brotkrümel fielen mir in den Ausschnitt. Die anderen Männer drängten sich dicht um uns, eine Masse aus Plaids und Backenbärten, die kräftig nach Schweiß und Alkohol roch. Erst jetzt bemerkte ich, dass sie alle Kilts trugen – seltsam selbst für diesen Teil der Highlands. War ich etwa in eine Versammlung von Clanmitgliedern hineingestolpert oder vielleicht in ein Treffen ehemaliger Regimentskameraden?
»Kommt her.« Ein hochgewachsener, dunkelbärtiger Mann winkte mich zu sich, ohne von dem Tisch am Fenster aufzustehen. Seiner gebieterischen Art nach schien er der Anführer dieser Meute zu sein. Die Männer traten widerstrebend beiseite, als Murtagh mich nach vorne schob – anscheinend respektierten sie sein Recht als desjenigen, der mich gefangen genommen hatte.
Der dunkelhaarige Mann betrachtete mich gründlich mit ausdrucksloser Miene. Er sah gut aus, dachte ich, und machte keinen unfreundlichen Eindruck. Doch er hatte Falten der Anspannung zwischen den Augenbrauen und ein Gesicht, mit dessen Eigentümer man sich besser nicht anlegte.
»Wie ist denn Euer Name?« Seine Stimme war hell für einen Mann von seiner Größe, nicht der dunkle Bass, den ich angesichts seines voluminösen Brustkorbs erwartet hätte.
»Claire … Claire Beauchamp«, sagte ich, nachdem ich spontan beschlossen hatte, meinen Mädchennamen zu benutzen. Falls sie auf Lösegeld aus waren, hatte ich nicht vor, ihnen zu helfen, indem ich ihnen einen Namen nannte, der sie zu Frank führen konnte. Und ich war mir auch nicht sicher, ob ich wollte, dass diese wild aussehenden Männer erfuhren, wer ich war, ehe ich herausfand, wer sie waren. »Und was genau glauben Sie, dass Sie …« Der dunkelhaarige Mann ignorierte mich, ein Gesprächsmuster, dessen ich rapide müde wurde.
»Beauchamp?« Seine dichten Augenbrauen hoben sich, und die ganze Gesellschaft reagierte überrascht. »Das ist doch ein französischer Name, oder?« Er hatte den Namen sogar korrekt auf Französisch ausgesprochen, obwohl ich selbst die übliche englische Aussprache »Bietchem« benutzt hatte.
»Ja, das ist richtig«, antwortete ich meinerseits überrascht.
»Wo hast du die Kleine gefunden?«, wollte Dougal wissen und wandte sich zu Murtagh um, der sich gerade aus einer ledernen Feldflasche stärkte.
Der dunkelhäutige kleine Mann zuckte mit den Achseln. »Am Fuß des Craigh na Dun. Sie führte einen Wortwechsel mit einem gewissen Dragonerhauptmann, der mir zufällig bekannt war«, fügte er hinzu und zog vielsagend die Augenbrauen hoch. »Man schien sich nicht ganz einigen zu können, ob die Dame eine Hure war oder nicht.«
Dougal betrachtete mich erneut und untersuchte jedes Detail meines Baumwollkleids und meiner Schuhe.
»Ich verstehe. Und welche Position hat die Dame in diesem Disput vertreten?«, erkundigte er sich mit einer sarkastischen Betonung auf dem Wort »Dame«, die mir überhaupt nicht gefiel.
Murtagh schien auf grimmige Weise belustigt zu sein; zumindest hob sich sein Mundwinkel. »Sie hat gesagt, sie wäre keine. Der Hauptmann selbst schien zwar unentschlossen zu sein, aber durchaus geneigt, es einfach auszuprobieren.«
»Das könnten wir doch auch tun.« Der fette schwarzbärtige Mann trat auf mich zu, und seine Hände zogen an seinem Gürtel. Ich wich hastig zurück, so weit ich konnte – was in der kleinen Kate nicht annähernd weit genug war.
»Das reicht, Rupert.« Dougal betrachtete mich zwar immer noch mit finsterem Blick, doch die Autorität in seiner Stimme war nicht zu überhören, und Rupert stellte seine Annäherungsversuche ein und zog eine komische Miene der Enttäuschung.