Einen Moment lang standen die Tänzerinnen da, erstarrt im Schatten auf beiden Seiten des Lichtstrahls. Dann sagte Mrs. Graham etwas, in derselben seltsamen Sprache, diesmal aber gesprochen. Sie drehte sich um und schritt kerzengerade über den Pfad aus Licht, und ihre stahlgrauen Haarwellen glitzerten in der Sonne. Ohne ein Wort fielen die Tänzerinnen hinter ihr ein. Eine nach der anderen passierten sie den Spalt in dem großen Stein und verschwanden lautlos.
Wir verharrten in gebückter Haltung zwischen den Erlen, bis die Frauen wieder auftauchten. Sie lachten jetzt, unterhielten sich angeregt und trugen wieder ihre normale Kleidung. Als fröhliche Gruppe stiegen sie gemeinsam den Hügel hinunter, um im Pfarrhaus Kaffee trinken zu gehen.
»Meine Güte!«, sagte ich und reckte mich, um meine Beine und meinen Rücken zu entkrampfen. »Was für ein Schauspiel, nicht wahr?«
»Herrlich!«, begeisterte sich Frank. »Das hätte ich mir um nichts in der Welt entgehen lassen wollen.« Er glitt aus dem Gebüsch wie eine Schlange und überließ es mir, mich selbst aus dem Gestrüpp zu befreien, während er im Inneren des Steinkreises auf Händen und Knien kriechend umherschnüffelte, die Nase am Boden wie ein Spürhund.
»Wonach suchst du denn?«, fragte ich. Ich betrat den Kreis ein wenig zögernd, doch der Tag war nun angebrochen, und die Steine waren zwar immer noch eindrucksvoll, aber sie hatten einen Großteil ihrer finsteren Bedrohlichkeit verloren.
»Markierungen«, erwiderte er, den Blick gebannt auf das kurze Gras gerichtet. »Woher wussten sie, wo sie anfangen und aufhören mussten?«
»Gute Frage. Ich sehe nichts.« Als ich jedoch den Blick über den Boden wandern ließ, sah ich eine interessante Pflanze, die am Fuß eines der großen Steine wuchs. Vergissmeinnicht? Nein, vermutlich nicht; bei dieser Pflanze hatten die dunkelblauen Blüten eine orangefarbene Mitte. Fasziniert ging ich darauf zu. Frank, dessen Ohren eindeutig geschulter waren als die meinen, sprang auf und packte meinen Arm, um mich hastig aus dem Kreis zu ziehen, eine Sekunde, bevor ihn eine der morgendlichen Tänzerinnen von der anderen Seite her betrat.
Es war Miss Grant, die rundliche kleine Frau, die passend zu ihrer Figur die Konditorei an der High Street betrieb. Sie schaute sich kurzsichtig um, dann kramte sie in ihrer Tasche nach ihrer Brille. Sie setzte sie auf und wanderte durch den Steinkreis, bis sie schließlich die verlorene Haarspange fand, deretwegen sie zurückgekommen war. Nachdem sie sie in ihre dichten, glänzenden Locken gesteckt hatte, schien sie es nicht eilig zu haben, zur Tagesordnung überzugehen. Stattdessen setzte sie sich auf einen Felsen, lehnte sich entspannt mit dem Rücken an einen der steinernen Giganten und zündete sich in aller Ruhe eine Zigarette an.
Frank stieß neben mir einen unterdrückten Seufzer der Frustration aus. »Tja«, flüsterte er resigniert, »dann gehen wir wohl besser. So, wie sie aussieht, sitzt sie womöglich noch den ganzen Morgen hier. Und mir sind ohnehin keine offensichtlichen Markierungen aufgefallen.«
»Wir könnten ja später noch einmal zurückkommen«, schlug ich wispernd vor, denn ich interessierte mich sehr für die Pflanze mit den blauen Blüten.
»Ja, gut.« Doch er hatte jetzt sichtlich kein Interesse mehr an dem Steinkreis selbst, weil er sich lieber ganz auf die Details der Zeremonie konzentrierte. Auf dem Weg nach unten befragte mich Frank ohne Unterlass und drängte mich, mich so genau wie möglich an den exakten Wortlaut der Rufe und die Abstimmung der Tanzbewegungen zu erinnern.
»Altnordisch«, sagte er schließlich voller Genugtuung. »Die Kernwörter sind Altnordisch, da bin ich mir fast sicher. Aber der Tanz …« Er schüttelte den Kopf und überlegte. »Nein, der Tanz ist noch viel älter. Nicht, dass es bei den Wikingern keine Kreistänze gab«, sagte er und zog tadelnd die Augenbrauen hoch, als hätte ich angedeutet, dass es keine gegeben hätte. »Aber dieses wechselnde Muster mit den Doppelreihen, das ist … hm, es ist wie … Nun, einige Keramikstücke aus der Zeit der Glockenbecherkultur weisen ein ganz ähnliches Muster auf, aber andererseits … hm.«
Er verfiel in einen seiner akademischen Trancezustände und murmelte hin und wieder vor sich hin. Aus dieser Trance wurde er erst gerissen, als er fast am Fuß des Hügels unerwartet über ein Hindernis stolperte. Mit einem erschrockenen Ausruf warf er die Arme hoch, verlor den Boden unter den Füßen und rollte die letzten Meter des Pfades ungebremst nach unten, bis er von einem Büschel Wiesenkerbel gestoppt wurde.
Ich rannte hinter ihm bergab, doch als ich unten ankam, saß er schon wieder aufrecht zwischen den bebenden Stengeln.
»Geht es dir gut?«, fragte ich besorgt, obwohl ich sehen konnte, dass es so war.
»Ich denke schon.« Er fuhr sich benommen mit der Hand über die Stirn und strich sich das dunkle Haar zurück. »Worüber bin ich denn gestolpert?«
»Über das hier.« Ich hockte mich vor ihn und hielt eine Sardinenbüchse hoch, die irgendein Besucher weggeworfen hatte. »Eine der Bedrohungen der Zivilisation.«