Читаем Outlander – Feuer und Stein: 1 (German Edition) полностью

»Warum nennt dich deine Schwester eigentlich Roy?«, fragte ich neugierig, während ich zusah, wie er vor dem Spiegel seine Halsbinde befestigte. Er trug die Miene eines Mannes im Kampf mit einem Todfeind – wie alle Männer, die sich irgendeine Art von Binder anlegen –, doch er bewegte seine verkrampften Lippen, um mich kurz anzulächeln.

»Och, das ist nicht der englische Name Roy. Es ist ein gälischer Kosename und meint meine Haarfarbe. Es heißt ruaidh und bedeutet ›mein Roter‹.« Er musste es mir buchstabieren und das Wort mehrmals aussprechen, ehe ich einen Unterschied hören konnte.

Jamie griff nach seinem Sporran und räumte die Gegenstände wieder ein, die gleichzeitig mit den Perlen herausgefallen waren. Als ihm eine verknotete Angelschnur in die Hände fiel, kippte er den ganzen Beutel auf dem Bett aus. Er machte sich daran, den Inhalt zu sortieren, rollte sorgfältig jedes Stück Schnur zusammen, suchte die losen Angelhaken und steckte sie fest in das Korkstück, in dem er sie normalerweise aufbewahrte. Interessiert trat ich an das Bett, um mir das Sammelsurium zu betrachten.

»Einen solchen Haufen seltsamen Kram habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen«, stellte ich fest. »Du bist ja eine regelrechte Elster, Jamie.«

»Das ist kein Kram«, sagte er gekränkt. »Das kann ich alles brauchen.«

»Die Angelschnüre und die Haken, ja. Und die Schnur, um Schlingen zu legen, gut. Mit viel Wohlwollen sogar die Schusspflaster und die Kugeln – du trägst ja hin und wieder eine Pistole. Und Willies kleine Schlange, das verstehe ich auch. Aber die Steine? Und ein Schneckenhaus? Und ein Stück Glas? Und …« Ich bückte mich, um einen genaueren Blick auf ein dunkles, pelziges Etwas zu werfen.

»Was ist denn … das ist doch nicht wahr, oder? Jamie, warum in aller Welt hast du eine getrocknete Maulwurfspfote in deinem Sporran?«

»Gegen Rheumatismus natürlich.« Er schnappte mir den Gegenstand vor der Nase weg und steckte ihn zurück in das Dachsfell.

»Oh, natürlich«, sagte ich zustimmend und betrachtete ihn neugierig. Sein Gesicht errötete ein wenig verlegen. »Es scheint zu funktionieren; jedenfalls ächzt es bei dir nirgendwo im Gebälk.« Ich nahm die kleine Bibel aus dem verbliebenen Durcheinander und blätterte darin, während er die Reste seiner wertvollen Ausrüstung wieder verstaute.

»Alexander William Roderick MacGregor«, las ich den Namen auf der ersten Seite. »Du hast gesagt, er hätte noch eine Rechnung offen, Jamie. Was hast du damit gemeint?«

»Oh, das.« Er setzte sich neben mich auf das Bett, nahm mir das Büchlein ab und schlug vorsichtig einige Seiten um.

»Ich habe dir doch berichtet, dass das Buch einem Gefangenen gehört hat, der in Fort William gestorben ist, nicht wahr?«

»Ja.«

»Den Jungen habe ich nie kennengelernt, er ist einen Monat vor meiner Ankunft gestorben. Aber der Arzt, der mir die Bibel geschenkt hat, hat mir von ihm erzählt, während er sich um meinen Rücken gekümmert hat. Ich glaube, er musste einfach jemandem davon erzählen, denn sonst konnte er niemanden in der Garnison darauf ansprechen.« Er schloss das Buch, hielt es auf seinem Knie fest und blickte durch das Fenster in die helle Oktobersonne hinaus.

Alex MacGregor, eine Junge von ungefähr achtzehn, war ein gewöhnlicher Viehdieb gewesen. Er war ein hübscher, stiller Junge gewesen, und jeder war davon ausgegangen, dass er seine Strafe ohne Zwischenfälle absitzen und dann entlassen werden würde. Doch eine Woche vor seiner Entlassung hatte man ihn erhängt im Pferdestall gefunden. »Der Arzt hat gesagt, es gab keinen Zweifel daran, dass er es selbst getan hat.« Jamie strich sanft mit dem Daumen über den Ledereinband. »Und der Arzt hat zwar nicht ausgesprochen, was er davon hielt. Aber er hat gesagt, Hauptmann Randall hätte sich eine Woche zuvor unter vier Augen mit dem Jungen unterhalten.«

Ich schluckte, und trotz der Sonne fröstelte ich plötzlich.

»Und du glaubst …«

»Nein.« Seine Stimme war leise und voller Gewissheit. »Ich glaube es nicht. Ich weiß es, und der Arzt wusste es auch. Und ich vermute, der Sergeant-Major wusste es ganz genau, und deshalb musste er sterben.« Er breitete die Hände flach auf den Knien aus und senkte den Blick auf die langen Glieder seiner Finger. Große, kräftige, geschickte Hände, die Hände eines Bauern, die Hände eines Kriegers. Er nahm die kleine Bibel und steckte sie in seinen Sporran.

»Eins sage ich dir, a nighean donn. Eines Tages wird Jack Randall durch meine Hand sterben. Und wenn er tot ist, werde ich Alex MacGregors Mutter dieses Buch zurückschicken und ihr sagen, dass ihr Sohn gerächt ist.«

Die Anspannung verflog, weil Jenny plötzlich wieder auftauchte. Sie erstrahlte jetzt in blauer Seide, trug ihrerseits ein Spitzenhäubchen und hatte eine große rote Lederschatulle in der Hand.

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