Читаем Outlander – Feuer und Stein: 1 (German Edition) полностью

»Ich konnte einen Teil des Dolchs vor meinem Gesicht sehen«, sagte Jamie, »und das Muster, das mein Blut in den Staub unter dem Wagen malte.« Sein Ton war beinahe verträumt, und ich begriff, dass er vor lauter Erschöpfung und Schmerz in einen hypnoseähnlichen Zustand verfallen war. Möglich, dass er gar nicht mehr wusste, dass ich da war.

»Ich wollte meiner Schwester zurufen, dass ich lieber sterben als zulassen würde, dass sie sich mit solchem Abschaum entehrt. Aber Randall hat mir den Dolch vom Hals genommen und mir die Klinge zwischen die Zähne geschoben, so dass ich nichts sagen konnte.« Er rieb sich den Mund, als schmeckte er immer noch bitteren Stahl. Er verstummte und starrte blind vor sich hin.

»Aber was ist dann passiert?« Ich hätte wahrscheinlich nichts sagen sollen, aber ich musste es wissen.

Er schüttelte sich wie jemand, der aus dem Schlaf erwacht, und rieb sich müde den Nacken.

»Sie ist mit ihm gegangen«, sagte er heiser. »Sie hat gedacht, er würde mich umbringen, und vielleicht hatte sie ja recht. Was danach passiert ist, weiß ich nicht. Einer der Dragoner hat mir seinen Musketenkolben gegen den Kopf geschlagen. Als ich aufgewacht bin, lag ich zusammengeschnürt wie ein Paket mit den Hühnern auf dem Wagen, der Richtung Fort William rumpelte.«

»Ich verstehe«, sagte ich leise. »Das tut mir leid. Es muss furchtbar für dich gewesen sein.«

Er lächelte plötzlich, und der Nebel der Erschöpfung war verflogen. »Oh, aye. Hühner sind eine ziemlich schlechte Gesellschaft, vor allem auf einer langen Reise.« Er merkte nun, dass der Verband fertig war, und versuchte, die Schulter vorzubeugen. Dabei zuckte er zusammen.

»Nicht!«, warnte ich alarmiert. »Du darfst die Schulter wirklich nicht bewegen. Am besten …« Ich blickte zum Tisch, um sicherzugehen, dass ich noch trockene Stoffstreifen hatte. »Ich werde dir den Arm an die Seite binden. Halt still.«

Er sagte nichts mehr, entspannte sich aber ein wenig unter meinen Händen, als ihm klar wurde, dass diese Tätigkeit nicht schmerzhaft für ihn sein würde. Ich empfand ein seltsames Gefühl der Nähe zu diesem jungen schottischen Fremden, das zum Teil, so dachte ich, der furchtbaren Geschichte geschuldet war, die er mir gerade erzählt hatte, und zum Teil dem langen Ritt in der Dunkelheit, den wir in schläfrigem Schweigen eng aneinandergedrückt verbracht hatten. Ich hatte noch nicht mit vielen anderen Männern außer Frank geschlafen, aber mir war schon öfter aufgefallen, dass diese Nähe entstand, wenn man mit jemandem gemeinsam schlief – tatsächlich schlief …, so als seien meine Träume aus mir hinausgeströmt, um sich mit den seinen zu mischen und uns beide in eine Decke unbewusster Vertrautheit zu hüllen. Wie eine Rückkehr, dachte ich, in vergangene, primitivere Zeiten (so wie diese?, fragte ein anderer Teil meines Verstandes), in denen es Ausdruck des Vertrauens gewesen war, in Gegenwart eines anderen Menschen zu schlafen. Wenn das Vertrauen auf Gegenseitigkeit beruhte, konnte der pure Schlaf zwei Menschen einander näher bringen als die Vereinigung ihrer Körper.

Als ich ihm den Arm festgebunden hatte, half ich ihm mit dem groben Leinenhemd und zog es ihm über die verletzte Schulter. Er stand auf, um es sich einhändig in den Kilt zu stecken, und lächelte mich an.

»Danke, Claire. Du hast gute Hände.« Er streckte seinerseits die Hand aus, als wollte er mein Gesicht berühren, schien es sich dann aber anders zu überlegen; die Hand zögerte und sank wieder an seine Seite. Anscheinend hatte auch er diese seltsame Nähe gespürt. Mit einer knappen Handbewegung wandte ich hastig den Kopf von ihm ab.

Mein Blick wanderte durch das Zimmer und fiel auf die rauchgeschwärzte Feuerstelle, die schmalen, unverglasten Fenster und die massiven Eichenmöbel. Keine Steckdosen. Kein Teppichboden. Keine glänzenden Messingknäufe am Bett.

Es sah wirklich wie eine Burg im achtzehnten Jahrhundert aus. Doch was war mit Frank? Der Mann, dem ich im Wald begegnet war, sah ihm zwar verstörend ähnlich, aber Jamies Beschreibung des Hauptmanns erinnerte mit keinem Wort an das, was ich über meinen sanften, friedliebenden Mann wusste. Wenn es allerdings stimmte – und ich begann, mir selbst gegenüber einzuräumen, dass es so sein könnte –, dann konnte er ja tatsächlich beinahe alles sein. Ein Mann, den ich nur von einem Stammbaum kannte, musste sich ja nicht notwendigerweise so verhalten wie seine Nachkommen.

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