Читаем Outlander – Feuer und Stein: 1 (German Edition) полностью

Noch nie hatte ich bisher versucht, einen Hering mit dem Löffel zu essen, doch ich sah nichts, was einer Gabel geähnelt hätte. Dem Verhalten der anderen Speisenden nach schien man den allgegenwärtigen Dolch zu benutzen, wenn sich der Löffel als unbrauchbar erwies, weil man Fleisch schneiden oder von den Knochen befreien wollte. Da ich keinen Dolch hatte, entschied ich mich, mit Bedacht zu kauen, und beugte mich vor, um mich zu bedienen, als ich sah, dass Hamish die dunkelblauen Augen vorwurfsvoll auf mich gerichtet hatte.

»Ihr habt noch kein Tischgebet gesprochen«, sagte er ernst und runzelte die schmale Stirn. Offenbar betrachtete er mich als gewissenlose Heidin, wenn nicht gar als das Laster in Person.

»Äh, ja, vielleicht wärst du so lieb, das für mich zu tun?«, entgegnete ich, um mich aus der Affäre zu ziehen.

Seine Kornblumenaugen wurden groß vor Überraschung, doch nach kurzer Überlegung nickte er und faltete routiniert die Hände. Er ließ den Blick funkelnd über den Tisch wandern, um sich zu vergewissern, dass alle eine angemessen ehrfurchtsvolle Haltung angenommen hatten. Erst dann neigte auch er den Kopf, und zufriedengestellt intonierte er:


»Some hae meat that canna eat,

And some would eat that want it.

We hae meat, and we can eat,

And so may God be thankit. Amen.«

Als ich von meinen respektvoll gefalteten Händen aufsah, fing ich Colums Blick auf und beglückwünschte ihn mit einem Lächeln zur Kaltblütigkeit seines Sohnes. Er verkniff sich seinerseits ein Lächeln und nickte seinem Sohn mit ernster Miene zu.

»Gut gemacht, Junge. Würdest du das Brot herumreichen?«

Das Tischgespräch beschränkte sich auf gelegentliche Bitten um weiteres Essen, da sich jetzt alle konzentriert über ihre Teller hermachten. Mir selbst mangelte es an Appetit, einesteils, weil ich immer noch schockiert war über die Umstände, in denen ich mich befand, und anderenteils, weil ich wirklich nicht viel für Hering übrighatte. Doch der gebratene Hammel war ziemlich gut, und das Brot war köstlich, frisch und knusprig mit großen Klecksen ungesalzener Butter.

»Ich hoffe, Mr. MacTavish geht es besser«, sagte ich in eine kleine Atempause hinein. »Ich sehe ihn hier nirgendwo.«

»MacTavish?« Letitia zog die zarten Augenbrauen hoch. Ich spürte, wie Dougal neben mir den Kopf hob.

»Jamie«, erklärte er knapp, ehe er seine Aufmerksamkeit wieder dem Hammelknochen in seinen Händen widmete.

»Jamie? Warum, was ist mit dem Jungen?« Sorgenfalten gruben sich in ihr pausbäckiges Gesicht.

»Nur ein kleiner Kratzer, Liebes«, beruhigte Colum sie. Er blickte zu seinem Bruder hinüber. »Aber wo ist er denn, Dougal?« Vielleicht bildete ich es mir nur ein, dass ein Hauch von Argwohn in seinen dunklen Augen lag.

Sein Bruder zuckte mit den Achseln, den Blick unverwandt auf seinen Teller geheftet. »Ich habe ihn in den Stall geschickt, damit er dem alten Alec bei den Pferden hilft. Dachte, da wäre er am besten aufgehoben.« Dann hob er den Blick, um seinem Bruder in die Augen zu sehen. »Oder hattest du an etwas anderes gedacht?«

Colum schien skeptisch. »In den Stall? Aye, nun ja … traust du ihm so weit über den Weg?«

Dougal wischte sich achtlos mit der Hand über den Mund und griff nach einem Brotlaib. »Es liegt bei dir, Colum, wenn du mit meinen Anordnungen nicht einverstanden bist.«

Colums Lippen spannten sich kurz an, doch er sagte nur: »Nein, ich denke, da ist er gut untergebracht.« Dann widmete auch er sich wieder seinem Essen.

Ich hatte zwar meine Zweifel, ob ein Stall der geeignete Aufenthaltsort für einen Patienten mit einer Schussverletzung war, zögerte aber, meine Meinung in dieser Gesellschaft zu äußern. Stattdessen beschloss ich, den fraglichen jungen Mann am nächsten Morgen aufzusuchen, um mich zu vergewissern, dass er versorgt war, so gut es ging.

Auf den angebotenen Pudding verzichtete ich und entschuldigte mich. Ich gab an, müde zu sein, was beileibe keine Ausflucht war. Ich war so erschöpft, dass ich es kaum mitbekam, wie Colum zu mir sagte: »Dann gute Nacht, Mistress Beauchamp. Ich schicke Euch morgen jemanden, der Euch zur Halle holt.«

Eine der Bediensteten sah, wie ich mich durch den Korridor vortastete, und war so freundlich, mir bis in meine Kammer zu leuchten. Sie hielt ihre Kerze an die Kerze auf dem Tisch, und sanftes Licht flackerte über die massiven Steine der Wand hinweg, so dass ich mir einen Moment lang wie eingemauert vorkam. Doch sobald sie fort war, zog ich den bestickten Vorhang am Fenster beiseite, und das Gefühl verflog mit dem Einströmen der frischen Luft. Ich versuchte, über alles nachzudenken, was geschehen war, doch mein Verstand weigerte sich, etwas anderes als Schlaf in Betracht zu ziehen. Ich glitt unter die Decken, blies die Kerze aus, und während ich dem langsamen Aufgang des Mondes zusah, schlief ich ein.

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