Ich wusch mich gründlich und kleidete mich sorgfältig an, dann schickte ich dem Maer meinen goldenen Ring und eine Karte, auf der stand: »Stehe zu einem Gespräch unter vier Augen zur Verfügung, sobald Ihr könnt.«
Keine Stunde später kehrte ein Bote mit einer Karte des Maer zurück. »Warte, bis ich dich rufe.«
Also wartete ich. Ich schickte einen Diener nach Essen, dann wartete ich auch noch den Rest des Abends. Auch der folgende Tag verging ohne Nachricht. Und weil ich nicht wusste, wann Alveron mich rufen lassen würde, war ich praktisch wieder in meinem Quartier eingesperrt und ausschließlich damit beschäftigt, auf seinen Ring zu warten.
Es war zwar angenehm, ein wenig Schlaf nachholen und ein zweites Bad nehmen zu können. Doch machte ich mir Sorgen, die Nachricht aus Levinshir könnte mich einholen. Dass ich mich nicht in die Unterstadt begeben und nach Denna suchen konnte, machte mir außerdem erheblich zu schaffen.
Man kennt diese Art des stummen Tadels in höfischen Kreisen zu Genüge. Die Botschaft des Maer war klar:
Es war kindisch auf eine Art, wie nur Adlige kindisch sein können. Aber ich konnte nichts dagegen tun. Also schickte ich Bredon meinen silbernen Ring. Er kam noch rechtzeitig zum Abendessen und brachte mich über den Klatsch bei Hof auf das Laufende. Dieser Klatsch kann furchtbar geistlos sein, aber Bredon wählte nur die Höhepunkte für mich aus.
Die meisten Geschichten hatten das stürmische Werben und die anschließende Hochzeit des Maer mit der Erbin der Lackless zum Inhalt. Offenbar war das Paar bis über beide Ohren verliebt. Sogar ein Kind sei schon unterwegs, munkelte man. Über den Königshof in Renere gab es ebenfalls viel zu berichten. Prinzregent Alaitis war in einem Duell getötet worden. Verschiedene Adlige versuchten, den Tod eines so hochrangigen Mitglieds des Hofes auszunützen, und entsprechend herrschten in weiten Teilen des südlichen Farrel chaotische Verhältnisse.
Es kursierten Gerüchte. Männer des Maer hatten in einer abgelegenen Gegend des Eld einigen Banditen das Handwerk gelegt. Die Banditen hatten offenbar Steuereintreibern aufgelauert. Im Norden herrschte Unmut, da die Steuereintreiber des Maer bereits zum zweiten Mal dort gewesen waren. Doch wenigstens waren die Straßen wieder frei und die Bösewichter tot.
Außerdem berichtete Bredon von einem interessanten Gerücht, dem zufolge ein junger Mann mehr oder weniger unbeschadet, wenngleich mit Augen, die an die Fae erinnerten, von einem Besuch bei Felurian zurückgekehrt war. Genaugenommen handelte es sich nicht um ein Gerücht bei Hof, sondern um Geflunker, wie man es in einer Schenke hört, billigen Klatsch, für den sich keine höhergestellte Person je interessiert hätte. Bredons schwarze Eulenaugen glänzten amüsiert, als er davon sprach.
Ich stimmte ihm zu, dass solche Geschichten billig und auch unter der Würde anständiger Menschen wie unsereins waren. Mein Mantel? Eine sehr schöne Arbeit, nicht wahr? Ich konnte mich nicht mehr daran erinnern, wo ich ihn hatte schneidern lassen. An irgendeinem ungewöhnlichen Ort. Übrigens hatte ich erst am Vortag ein interessantes Lied zum Thema Felurian gehört. Ob er es hören wolle?
Außerdem spielten wir natürlich Tak. Obwohl ich es lange nicht gespielt hatte, meinte Bredon, ich sei viel besser geworden. Offenbar lernte ich nach und nach, wie man schön spielte.
Überflüssig zu sagen, dass ich, als Alveron mich das nächste Mal rufen ließ, sofort aufbrach. Ich war versucht, einige Minuten später zu erscheinen, widerstand der Versuchung aber, weil ich wusste, dass ich mir nur Ärger einhandeln würde.
Der Maer spazierte allein durch den Garten, als ich mich ihm näherte. Er ging aufrecht, und kein Mensch hätte vermutet, dass er sich je auf mich hatte stützen müssen oder einen Spazierstock gebraucht hatte.
»Kvothe.« Er lächelte freundlich. »Es freut mich, dass du Zeit für einen Besuch bei mir findest.«
»Es ist mir wie immer ein Vergnügen, Euer Gnaden.«
»Sollen wir ein Stück gehen?«, fragte er. »Die Aussicht von der südlichen Brücke ist um diese Tageszeit besonders schön.«
Ich trat neben ihn und wir gingen die Wege zwischen den sorgfältig gestutzten Hecken.
»Wie ich sehe, bist du bewaffnet«, sagte er. In seiner Stimme schwang Tadel.
Ich legte unwillkürlich die Hand an Caesura. Das Schwert hing natürlich an meiner Hüfte, nicht mehr an meinem Rücken. »Ist das schlimm, Euer Gnaden? Meines Wissens sind in Vintas alle Männer berechtigt, ein Schwert zu tragen.«
»Es ist nicht
»Aber soviel ich weiß, würde am königlichen Hof in Renere kein Edelmann es wagen, sich ohne Schwert zu zeigen.«
»Du sprichst beredt wie immer, aber du bist kein Edelmann«, erwiderte Alveron kühl, »und tätest gut daran, es nicht zu vergessen.«
Ich schwieg.