Читаем 0196951001361827419 adrian lara - midnight breed 01 полностью

Eine unvermittelte leichte Bewegung der Luft versetzte Gabrielles Körper sofort in Alarmzustand. Sie wirbelte herum und erschrak, da der wirkliche Lucan aus Fleisch und Blut hinter ihr auf der Türschwelle stand, eine breite Schulter gegen den Türpfosten gelehnt. Sein Haar war kürzer als das des Ritters, und in seinen Augen stand inzwischen ein leicht gequälter Ausdruck – sein Blick war nicht mehr so gnadenlos erwartungsvoll, wie ihn die Nadel des Künstlers dargestellt hatte.

Lucan leibhaftig war wesentlich anziehender, fand sie, und er strahlte eine innere Kraft aus, selbst wenn er nur ruhig dastand. Sogar wenn er sie finster anstarrte, so wie jetzt.

Gabrielles Herzschlag beschleunigte sich mit einer Mischung aus Erwartung und Angst, als er sich vom Türrahmen abstieß und den Raum betrat. Sie sah ihn an, sah ihn wirklich an. Sie sah ihn als das, was er war: alterslose Stärke, wilde Schönheit, unergründliche Macht.

Ein düsteres Rätsel, so verführerisch wie gefährlich.

„Was machst du hier?“ In seiner Stimme lag ein leichter Vorwurf.

„Gar nichts“, antwortete sie schnell. „Nein, um ehrlich zu sein, ich bestaune alle diese wunderschönen Sachen hier. Savannah hat mir das Quartier gezeigt.“

Er knurrte, und sein finsterer Blick veränderte sich nicht, als er sich fest in den Nasenrücken kniff.

„Wir haben Tee getrunken und uns ein bisschen unterhalten“, fügte Gabrielle hinzu. „Eva hat uns ebenfalls Gesellschaft geleistet. Sie sind beide sehr nett. Und dieser Ort ist wirklich beeindruckend. Wie lange lebt ihr schon hier, du und die anderen Krieger?“

Sie bemerkte, dass er wenig Interesse an einer Unterhaltung hatte, aber er beantwortete ihre Frage, indem er lässig eine kräftige Schulter hob. „Gideon und ich haben diesen Standort 1898 begründet, und zwar als Hauptquartier für die Jagd auf die Rogues, die in diese Region gezogen waren. Dann haben wir ein Team aus den besten Kriegern rekrutiert, die an unserer Seite kämpfen sollten. Dante und Conlan waren die ersten. Nikolai und Rio kamen später hinzu. Und Tegan.“

Diesen letzten Namen kannte Gabrielle nicht. „Tegan?“, fragte sie. „Savannah hat ihn nicht erwähnt. Und er war auch nicht da, als du mich den anderen vorgestellt hast.“

„Nein, das war er nicht.“

Als er seine Worte nicht näher erklärte, gewann Gabrielles Neugier die Oberhand. „Handelt es sich bei ihm um einen, den ihr verloren habt, wie Conlan?“

„Nein. Nicht auf diese Art.“ Lucans Worte klangen harsch, als er über dieses letzte Mitglied seines Kaders sprach, als wäre dies eine alte Wunde, die er lieber nicht aufreißen wollte.

Er starrte sie noch immer unverwandt an, und noch immer stand er so nah vor ihr, dass sie das Heben und Senken seiner Brust sehen konnte, die Wülste seiner harten Muskeln, die sich unter seinem maßgeschneiderten schwarzen Hemd ausdehnten und zusammenzogen. Sie glaubte sogar die Wärme seines Körpers zu spüren, die in Wellen von ihm ausging.

Hinter ihm starrte sein gewebtes Konterfei mit glühender Zielstrebigkeit vom Wandbildteppich herab. Der junge Ritter trug einen grimmig entschlossenen Ausdruck zur Schau. Er war überzeugt, jede Beute zu erobern, die er aufs Korn nahm. Gabrielle erblickte jetzt eine dunklere Schattierung dieser Entschlossenheit, als der lebendige Lucan sie langsam von Kopf bis Fuß musterte.

„Diese Webarbeit ist unglaublich gut.“

„Sie ist sehr alt“, er trat näher und starrte Gabrielle an. „Aber ich nehme an, das weißt du mittlerweile.“

„Sie ist wunderschön. Und du siehst so wild aus, als wärst du bereit, es mit der ganzen Welt aufzunehmen.“

„Das war ich auch.“ Er warf einen Blick auf den Wandteppich und schmunzelte. „Ich ließ das Werk ein paar Monate nach dem Tod meiner Eltern anfertigen. Das Schloss, das im Hintergrund brennt, gehörte meinem Vater. Ich habe es dem Erdboden gleichgemacht, nachdem ich ihm den Kopf abgeschlagen hatte, weil er meine Mutter in einem Anfall von Blutgier getötet hat.“

Gabrielle keuchte auf. Etwas Derartiges hatte sie nicht erwartet. „Mein Gott. Lucan …“

„Ich fand sie in einer Blutlache in unserer Halle, die Kehle aufgerissen. Er versuchte nicht einmal, gegen mich zu kämpfen. Er wusste, was er getan hatte. Er hatte sie geliebt, so sehr, wie einer von seiner Art das konnte, aber sein Durst war stärker. Er konnte seine Natur nicht verleugnen.“ Lucan zuckte mit den Schultern. „Ich habe ihm einen Gefallen getan, indem ich seiner Existenz ein Ende setzte.“

Gabrielle nahm seinen kühlen Gesichtsausdruck wahr. Sie fühlte sich genauso betroffen von dem, was sie soeben gehört hatte, wie von dem gleichgültigen Ton, in dem er es berichtet hatte. Jeder romantische Reiz, den sie noch vor einer Minute in dem Wandbildteppich gesehen hatte, verschwand unter dem Schatten der Tragödie, die er in Wahrheit wiedergab.

„Warum wolltest du etwas so Schönes als Erinnerungshilfe an so eine grauenhafte Begebenheit?“

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