„Du siehst nicht gerade gut aus, Mann. Du brauchst es nur zu sagen, dann gehe ich da draußen für dich auf die Jagd und bringe dir etwas Junges und Kräftiges her. Du kannst es jedenfalls gebrauchen, das ist mal sicher. Und niemand muss erfahren, dass du dir deine Nahrung nicht selbst beschafft hast.“
Lucan warf dem Mann einen grimmigen Blick zu und bleckte höhnisch die Zähne. „Fick dich ins Knie.“
Dante lachte leise. „Ich dachte mir schon, dass du das sagst. Willst du wenigstens, dass ich für dich den Beifahrer spiele?“
Das langsame Kopfschütteln jagte Lucan Messerstiche durch den Schädel. „Mir geht’s gut. Und es wird mir noch besser gehen, wenn ich erst Nahrung zu mir genommen habe.“
„Zweifellos.“ Der Vampir schwieg eine Weile und blickte ihn nur an. „Weißt du, das war ziemlich beeindruckend, was du heute für Conlan getan hast. Er hätte das wohl in hundert Jahren nicht kommen sehen, aber verdammt, ich wünschte, er wüsste, dass du derjenige warst, der diese letzten Schritte mit ihm gegangen ist. Eine großartige Art, ihn zu ehren, Mann. Wirklich.“
Lucan nahm das Lob entgegen, ohne sich ein warmes Gefühl zu gestatten. Er hatte seine Gründe gehabt, das Begräbnisritual durchzuführen, aber er hatte es nicht getan, um die Bewunderung der anderen Krieger zu erringen. „Gib mir eine Stunde für die Jagd, und melde dich dann bei mir, um deinen Standort durchzugeben, damit wir heute Nacht ein paar von unseren Feinden den Tod bringen können. Zum Gedenken an Conlan.“
Dante nickte und stieß mit seinen Fingerknöcheln gegen Lucans Faust. „Klar, mache ich.“
Lucan blieb zurück, als Dante in die Dunkelheit aufbrach. Der Schritt seiner langen Beine war raumgreifend und energisch. In Erwartung der Schlachten, die seiner harrten, zog er seine beiden Waffen aus der Scheide und hob die gekrümmten
Lucan folgte ihm wenig später und nahm einen ähnlichen Weg zu den dunklen Hauptverkehrsadern der Stadt. Sein schleichender Gang verriet weniger Wagemut als Zielstrebigkeit, weniger selbstbewussten Eifer als kalte Notwendigkeit. Sein Hunger war schlimmer, als es je der Fall gewesen war, und das Aufbrüllen, das er in den Sternenhimmel schickte, war erfüllt von wilder Wut.
„Können Sie den Nachnamen bitte noch einmal buchstabieren?“
„T-H-O-R-N-E“, sagte Gabrielle zu der Rezeptionistin der Wache, die schon beim ersten Versuch in ihrem Verzeichnis nichts gefunden hatte. „Detective Lucan Thorne. Ich weiß nicht, in welcher Abteilung er arbeitet. Er hat mich zu Hause besucht, nachdem ich hier war, um einen Angriff zu melden, dessen Zeugin ich letztes Wochenende war – einen Mord.“
„Oh, dann wollen Sie also zur Mordkommission?“ Die langen, manikürten Fingernägel der jungen Frau klapperten schnell über die Tastatur. „Hmm … nein, tut mir leid. In dieser Abteilung ist er ebenfalls nicht aufgeführt.“
„Das kann nicht stimmen. Könnten Sie es noch mal überprüfen? Kann das System nicht einfach nur nach dem Namen suchen?“
„Doch, schon, aber ein Detective Lucan Thorne ist nirgends aufgeführt. Sind Sie sicher, dass er in diesem Bezirk arbeitet?“
„Da bin ich mir sicher, ja. Ihr Computersystem muss überholt sein, oder –“
„Oh, warten Sie! Da ist jemand, der Ihnen helfen kann“, unterbrach die Rezeptionistin und spähte über Gabrielles Schulter hinweg zu den Eingangstüren der Wache. „Officer Carrigan! Haben Sie einen Moment Zeit?“
Officer Carrigan, dachte Gabrielle unglücklich. Der alternde Polizist, der es ihr letztes Wochenende so schwer gemacht hatte. Er bezichtigte sie beinahe, eine Lügnerin und Kokserin zu sein, und weigerte sich stur, ihrer Aussage über den Mord am Nachtclub Glauben zu schenken. Immerhin fand sie Trost in dem Wissen, dass sich in dem Fall ungeachtet der Haltung dieses Mannes etwas tat, nachdem Lucan die Bilder auf ihrem Handy im Polizeilabor bearbeitet hatte.
Gabrielle musste ein genervtes Aufstöhnen unterdrücken. Sie wandte sich um und schaute zu, wie der massige Wachtmeister seine kostbare Zeit opferte, um herüberzukommen. Als er sie sah, wich der Ausdruck von Arroganz, der auf seinem fleischigen Gesicht so natürlich wirkte, einer betont verachtungsvollen Miene.
„Ach, Gottchen. Sie schon wieder? Das hat mir gerade noch gefehlt, an meinem letzten Arbeitstag. In vier Stunden werde ich pensioniert, Süße. Diesmal dürfen Sie es jemandem anders erzählen.“
Gabrielle runzelte die Stirn. „Wie bitte?“
„Die junge Dame sucht nach einem unserer Kriminalbeamten“, sagte die Rezeptionistin streng und warf Gabrielle einen mitfühlenden Blick zu, weil der Polizist sich so geringschätzig aufführte. „Ich kann ihn im System nicht finden, aber sie denkt, dass er vielleicht zu Ihrer Abteilung gehört. Kennen Sie Detective Thorne?“
„Nie von ihm gehört.“ Officer Carrigan setzte sich wieder in Bewegung.