Читаем 0196951001361827419 adrian lara - midnight breed 01 полностью

Sie fuhr zurück, als hätte er sie geschlagen. „Ich will nicht, dass meine Freunde meinetwegen Schaden nehmen.“

„Du bist jetzt viel mehr in Gefahr als irgendjemand sonst. Und wir müssen uns beeilen. Lass uns diese Bilder von deinem Computer runterladen. Ich möchte sie alle in unser Labor mitnehmen.“

Gabrielle führte ihn zu dem ordentlichen Eckschreibtisch in ihrem Wohnzimmer. Sie fuhr den Rechner hoch, und während das Gerät bootete, zog sie ein paar Datensticks aus einer Schublade und schob einen in den USB-Eingang des Computers.

„Weißt du, es hieß, sie wäre verrückt. Sie sagten, sie hätte Wahnvorstellungen, und nannten sie paranoid und schizophren. Sie wurde eingesperrt, weil sie glaubte, von Vampiren angegriffen worden zu sein.“ Gabrielle lachte auf, aber es klang freudlos und dünn. „Vielleicht war sie gar nicht verrückt.“

Lucan trat näher. „Von wem sprichst du?“

„Von meiner leiblichen Mutter.“ Nachdem sie den Kopiervorgang gestartet hatte, drehte sich Gabrielle auf ihrem Stuhl um und sah Lucan an. „Sie wurde eines Nachts in Boston aufgefunden, verletzt, blutend, desorientiert. Sie hatte keine Brieftasche, keine Handtasche und keinerlei Ausweispapiere bei sich, und in ihren kurzen klaren Momenten konnte sie niemandem sagen, wer sie war. Also hat die Polizei sie als Namenlose eingetragen. Sie war noch ein Teenager.“

„Sie hat geblutet, sagst du?“

„Mehrere Halsverletzungen – angeblich selbst beigebracht, so der offizielle Akteneintrag. Sie wurde vorgeladen, für prozessunfähig erklärt und in eine psychiatrische Anstalt gesteckt, sobald man sie aus dem Krankenhaus entließ.“

„Mein Gott.“

Gabrielle schüttelte langsam den Kopf. „Aber was, wenn alles, was sie gesagt hat, der Wahrheit entsprach? Was, wenn sie überhaupt nicht verrückt war? O Gott, Lucan … ich habe ihr all die Jahre Vorwürfe gemacht. Ich glaube, ich hab sie sogar gehasst, und jetzt kann ich nicht umhin zu denken –“

„Du hast gesagt, dass sie vorgeladen wurde. Du meinst, wegen eines Verbrechens?“

Der Computer piepste, um anzuzeigen, dass der Speicherstift voll war. Gabrielle drehte sich um, leitete den nächsten Kopiervorgang ein und blieb so sitzen, mit dem Rücken zu ihm. Lucan legte ihr sanft die Hände auf die Schultern und drehte den Drehstuhl wieder herum.

„Weswegen war deine Mutter angeklagt?“

Gabrielle schwieg lange. Lucan sah, wie sie schluckte. In ihren sanften braunen Augen stand Schmerz. „Sie war angeklagt, weil sie ihr Kind ausgesetzt hat.“

„Wie alt warst du?“

Sie zuckte mit den Schultern und schüttelte den Kopf. „Klein. Ein Säugling. Sie steckte mich vor einem Wohnhaus in einen Mülleimer. Das war nur einen Block von der Stelle, wo die Polizei sie aufgelesen hat. Zu meinem Glück entschloss sich einer der Polizisten, die Umgebung abzusuchen. Ich nehme an, er hörte mich weinen und holte mich da raus.“

Großer Gott.

Mit einem Mal blitzte eine Erinnerung durch Lucans Geist. Er sah eine dunkle Straße, nassen Asphalt, der im Mondschein glänzte, und eine Frau, die mit aufgerissenen Augen gelähmt vor Entsetzen dastand, während ein Rogues-Vampir an ihrem Hals saugte. Er hörte das schrille Klagegeschrei des winzigen Babys, das die junge Mutter in den Armen hielt.

„Wann war das?“

„Vor langer Zeit. Diesen Sommer werden es siebenundzwanzig Jahre, um genau zu sein.“

Für jemanden in Lucans Alter waren siebenundzwanzig Jahre nur ein Wimpernschlag der Zeit. Er erinnerte sich jetzt deutlich. Er hatte den Überfall an dem Busbahnhof bemerkt. Er hatte sich zwischen den Rogue und seine Beute gestellt und die verängstigte junge Frau mit einem strengen mentalen Befehl weggeschickt. Sie hatte stark geblutet, und das Blut tropfte auf ihr Baby herab.

Er liquidierte den Rogue und räumte den Tatort auf, dann suchte er nach der Frau und ihrem Kind. Er hatte sie nicht gefunden. Oft hatte er sich gefragt, was aus beiden geworden war, und mit sich gehadert, weil er es nicht fertiggebracht hatte, wenigstens die entsetzlichen Erinnerungen aus dem Gehirn des Opfers zu löschen.

„Sie beging wenig später in der Anstalt Selbstmord“, sagte Gabrielle. „Ich war bereits ein Mündel des Staates.“

Er konnte nicht anders – er musste sie berühren. Sanft schob er ihr langes Haar beiseite, umfasste die zarte Linie ihres Kiefers und streichelte das stolz erhobene Kinn. Gabrielles Augen glänzten feucht, aber ihre Fassung brach nicht. Sie war wirklich stark. Stark und schön und so etwas unglaublich Besonderes.

In diesem Moment wünschte er sich nichts sehnlicher, als sie in seine Arme zu ziehen und ihr das zu sagen.

„Es tut mir so leid“, sagte er und meinte es zutiefst ehrlich. Und er empfand Bedauern, ein Gefühl, das er nicht gewöhnt war. Allerdings hatte Gabrielle, seit er sie zum ersten Mal erblickt hatte, ihn eine Menge Dinge empfinden lassen, die ihm völlig neu waren. „Es tut mir leid für euch beide.“

Der Computer piepste wieder.

„Das war’s“, sagte sie und hob halb die Hand, als wolle sie seine streicheln, aber könne sich nicht dazu durchringen, ihn zu berühren.

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