Читаем 0701759001361827618 adrian lara - midnight breed 02 полностью

Es gab keinen Platz, sich in dem kleinen Heiligtum zu verstecken. Nur zwei Reihen Bänke und das steinerne Podest vorne im Raum. Auf der anderen Seite lag noch ein Türbogen, dahinter tiefste Dunkelheit. Es war ihr unmöglich, zu erkennen, wohin er führen mochte. Doch das war jetzt sowieso bedeutungslos. Dante stand in dem offenen Eingang des Korridors. Sein muskulöser Körper hatte noch nie so machtvoll gewirkt wie jetzt, als er in die kleine Kapelle trat und sich langsam auf sie zu pirschte.

„Tess, wir müssen das nicht tun. Bitte lass uns reden.“ Seine kraftvollen Bewegungen stockten für eine Sekunde, und er blickte finster. Dann hob er die Hand an die Schläfe, als ob er Schmerzen hätte. Als er wieder sprach, war seine Stimme um eine volle Oktave tiefer und grollte wie ein tiefes Knurren. „Herrje, könnten wir einfach mal … Lass uns doch versuchen, das vernünftig zu klären.“

Tess wich zurück, schob sich zentimeterweise auf die Wand gegenüber zu, wo der andere in den Stein gehauene Türbogen lag.

„Verdammt, Tess. Hör mich an. Ich liebe dich.“

„Sag das nicht. Hast du mir nicht schon genug Lügen erzählt?“

„Das ist keine Lüge. Ich wünschte, es wäre eine, aber …“

Dante machte noch einen Schritt, und plötzlich gaben seine Knie unter ihm nach. Er fauchte, als er sich an einer der niedrigen Bänke fing, und krallte die Finger so hart in das Holz, dass es Tess wie ein Wunder erschien, dass es nicht zerbarst.

Etwas Seltsames passierte mit seinen Gesichtszügen. Trotz seines gesenkten Kopfes konnte sie erkennen, dass seine Konturen schärfer wurden, seine Wangen schienen schmaler, eckiger, seine goldene Haut spannte sich straffer über den Knochen. Er zischte einen Fluch, etwas, das sie genauso wenig erkannte wie die grabestiefe Rauheit seiner Stimme.

„Tess … du musst mir vertrauen.“

Sie rückte näher an den Türbogen heran, tastete sich mit der Hand vor, während sie die Wand entlangschlich. Dann stand sie vor der Öffnung, hinter sich nichts als gähnende Finsternis und eine leichte, kühle Brise an ihrem Rücken. Sie wandte den Kopf, um in die Dunkelheit zu blicken …

„Tess.“

Dante musste ihre Bewegung gespürt haben. Als sie ihn jetzt ansah, hob er den Kopf und begegnete ihrem Blick.

Die warme Farbe seiner Augen hatte sich in ein feuriges Glühen verwandelt, die Pupillen zu vertikalen Schlitzen verengt. Mit staunendem Entsetzen beobachtete sie seine Verwandlung.

„Geh nicht“, stieß er hervor, und seine Worte verhedderten sich in einem spektakulären Paar von Reißzähnen, die immer länger wurden. „Ich werde dich nicht verletzen.“

„Es ist zu spät, Dante, das hast du schon“, flüsterte sie. Dann trat sie in den Türbogen. In der Dunkelheit ahnte sie eine Flucht von Steinstufen, die steil nach oben führten – vermutlich zu der Quelle des kühlen Luftzugs, der sie umgab. Wo immer sie auch hinführten, sie musste es versuchen. Sie setzte ihren Fuß auf die erste Stufe …

„Tess!“

Sie sah nicht zurück. Sie wusste, sie durfte es nicht, sonst würde sie vielleicht nicht mehr den Mut haben, ihn zu verlassen. Sie nahm die ersten Stufen vorsichtig tastend, dann wurde sie schneller und sprang eilends weiter die Treppe hinauf.

Von unten hallte Dantes wütendes Aufbrüllen durch die Kapelle, wehte die Steinwände hoch und direkt in ihre Knochen. Tess hielt nicht an. Sie hetzte noch schneller treppaufwärts, rannte und rannte. Es schienen Hunderte von Stufen zu sein. Keuchend ließ sie nicht locker, bis sie am Ende eine solide Stahltür erreichte. Sie schlug mit beiden Fäusten dagegen und stieß sie auf.

Blendendes Tageslicht ergoss sich über sie. Ein kühler Novemberwind wehte über die Wiese um sie herum. Tess ließ die Tür mit einem dröhnenden Knall hinter sich zufallen. Sie schlang sich die Arme um die Brust und rannte weiter in einen kalten, hellen Morgen.

Dante stürzte zu Boden, gepackt im eisernen Griff seines hartnäckigen, kräftezehrenden Albtraums. Die Todesvision war ganz plötzlich gekommen und hatte sich verstärkt, während er und Tess stritten.

Sie verschlimmerte sich noch, nun, wo sie gegangen war. Dante hörte die Tür oben zuschlagen. Das kurze Aufblitzen von Tageslicht, das die lange Treppe hinuntergeschossen kam, ließ ihn wissen, dass er ihr nicht folgen konnte: Selbst wenn er die unsichtbaren Ketten brechen könnte, die ihn festhielten, würden die erbarmungslosen Strahlen des Sonnenlichtes ihn davon abhalten, ihr nachzusetzen.

Er sank tiefer in den Abgrund seiner Vorahnung, wo Wölkchen dicken schwarzen Rauchs ihm um Glieder und Kehle wehten und die kostbare Luft verrußten. Die zerschmetterten Überbleibsel eines Rauchmelders hingen an ihren verknoteten Drahteingeweiden von der Decke. Sie blieben stumm, während sich der Rauch darum versammelte.

Von irgendwo kam das wütende Poltern fallender Gegenstände, als ob Einbauten und Möbel von einer marodierenden Armee durcheinandergeworfen würden. Um sich herum in der kleinen weißen Zelle, die ihn beherbergte, sah Dante endlos Schubladen und Kästen durcheinanderfliegen, ihr Inhalt überall verstreut, in Eile durchwühlt.

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