Elise runzelte die glatte Stirn, dann sah sie von ihm fort und spielte unruhig mit ihrem Ehering. „Denkst du, es ist möglich, dass die beiden sich da draußen getroffen haben? Vielleicht verstecken Cam und Jonas sich irgendwo da draußen. Sie müssen solche Angst vor der Sonne haben. Wenigstens wird es bald wieder dunkel, in nur ein paar Stunden. Vielleicht werden wir heute Abend endlich gute Neuigkeiten haben.“
Chase bemerkte gar nicht, dass er sich bewegt hatte, aber plötzlich fand er sich auf der anderen Seite seines Tisches wieder, nur ein paar Schritte von Elise entfernt. „Ich werde Camden finden. Das habe ich dir versprochen. Du hast meinen Schwur, Elise; ich werde nicht ruhen, bis er wieder bei dir zu Hause und in Sicherheit ist.“
Sie schüttelte schwach den Kopf. „Ich weiß, dass du alles tust, was du kannst. Aber du opferst dieser Suche so viel. Ich weiß, wie gern du hier im Dunklen Hafen gearbeitet hast. Und jetzt hast du dich mit diesen gefährlichen Schurken des Ordens eingelassen …“
„Mach dir darüber keine Sorgen“, sagte er sanft. „Ich treffe meine eigenen Entscheidungen. Ich weiß, was ich tue – und warum.“
Als sie nun zu ihm aufsah, lächelte sie. Ein seltenes, kostbares Geschenk, das er begierig aufnahm. „Sterling, ich weiß, dass du und mein Mann in vielen Dingen verschiedener Meinung wart. Quentin konnte manchmal recht … unflexibel sein. Ich weiß, dass er es dir in der Agentur nicht leicht gemacht hat. Aber er hat von allen die größten Stücke auf dich gehalten. Er sagte immer, dass du der Beste seist, der mit dem größten Potenzial, etwas Großes aus sich zu machen. Auch wenn es ihm nicht leicht gefallen ist, das dir gegenüber auszusprechen, aber er hat dich sehr gemocht.“ Sie atmete ein und ließ die Luft in einem Seufzer wieder entweichen. „Er wäre dir so dankbar dafür, was du für uns tust, Sterling. So dankbar wie ich.“
Als er in ihre warmen, lavendelfarbenen Augen sah, stellte Chase sich vor, wie er Elises Sohn nach Hause brachte wie eine Trophäe, die er für sie gewonnen hatte. Es würde Freudentränen und spontane Umarmungen geben. Fast konnte er ihre Arme in kathartischer Erleichterung um sich spüren, ihre feuchten Augen sehen, die ihn als
Für diese Chance lebte er nun.
Er begehrte sie mit einer Wildheit, die ihn verstörte.
„Ich will nur, dass du glücklich bist“, sagte er und wagte, sich ihr noch etwas zu nähern.
Einen beschämenden Moment lang malte er sich eine andere Realität aus, in der Elise ihm gehörte, sich ihm zuliebe ihrer Witwenschärpe zusammen mit den Erinnerungen an ihren starken, ehrenhaften Gefährten entledigte, den sie so sehr geliebt und nun verloren hatte. In Chases ureigenstem Traum wurde Elises Körper voll und reif von ihrem gemeinsamen Kind. Er würde ihr einen Sohn schenken, den sie lieben und bei sich haben konnte. Die Welt würde er ihr zu Füßen legen.
„Du verdienst, glücklich zu sein, Elise.“
Sie gab einen kleinen kehligen Laut von sich, als hätte er sie in Verlegenheit gebracht. „Das ist sehr lieb von dir. Ich weiß nicht, was ich ohne dich täte. Besonders jetzt.“
Sie trat auf ihn zu und legte ihm die Hände auf die Schultern, die Berührung war nur ganz leicht, aber genug, um eine Hitzewelle durch seine Adern zu jagen. Er stählte sich und wagte kaum zu atmen, als sie sich auf die Zehenspitzen stellte und ihre Lippen auf seinen Mundwinkel drückte. Der Kuss war kurz und von herzzerreißender Keuschheit.
„Ich danke dir, Sterling. Ich könnte mir keinen hingebungsvolleren Schwager wünschen.“
Tess nahm die Kuchenvitrine eines Cafés in North End genau unter die Lupe und entschied sich schließlich für einen dekadenten, siebenstöckigen Brownie mit reichlich Karamellsoße. Normalerweise gönnte sie sich solche üppigen Extras nicht, und wenn sie an ihre knappe Finanzlage dachte, sollte sie es wahrscheinlich auch jetzt nicht tun. Aber nach einem langen Arbeitstag, der sich unmittelbar an ihre lange, schlaflose Nacht angeschlossen hatte, würde sie ihren Brownie und ihren Cappuccino ohne Schuldgefühle genießen. Gut, ohne ein paar klitzekleine Schuldgefühle würde es wohl nicht abgehen, aber die dürften sich verflüchtigen, sobald die süße, klebrige Leckerei mit ihren Geschmacksnerven in Berührung kam.
„Das geht auf mich“, sagte eine tiefe Männerstimme neben ihr.
Tess fuhr zusammen. Sie kannte diese tiefe Stimme mit dem wunderbaren Akzent genau, obwohl sie sie erst ein einziges Mal gehört halle.
„Dante“, sagte sie und drehte sich zu ihm herum. „Hallo.“
„Hallo.“ Er lächelte, und Tess fühlte in ihrem Bauch einen Schwarm verrückter Schmetterlinge. „Ich würde Sie gern einladen auf … meine Güte, sagen Sie mir nicht, dass das Ihr Abendessen ist?“
Sie schüttelte lachend den Kopf. „Ich hatte ein spätes Mittagessen auf der Arbeit. Und Sie müssen nicht für mich bezahlen …“