Obwohl Dante sich gar nicht bewegt hatte, streiften sich ihre Arme, sein fester, muskulöser Körper lag um sie wie eine warme, schützende Wand. Und er roch so unglaublich gut – irgendwie würzig und dunkel, was immer es war, es musste ein Vermögen kosten. Tief sog sie seinen Duft ein, dann beugte sie sich hinunter, um das verlauste Ohr des Hundes zu inspizieren. „Hast du Appetitverlust bemerkt oder dass er Futter und Wasser nicht bei sich behalten kann?“
„Nicht direkt.“
Tess hob die Lippen des Terriers an und überprüfte den Zustand seines entzündeten Zahnfleischs. „Kannst du mir sagen, wann Harvard das letzte Mal geimpft wurde?“
„Weiß ich nicht.“
„Weißt du denn irgendetwas über dieses Tier?“ Es klang anklagend, sie konnte es sich nicht verkneifen.
„Ich habe ihn noch nicht lange, Tess“, sagte Dante. „Ich weiß, dass er behandelt werden muss. Denkst du, du kannst ihm helfen?“
Sie runzelte die Stirn. Sie wusste, hier musste viel getan werden. Der Zustand dieses Hundes war beinahe hoffnungslos. „Ich tue, was ich kann, aber versprechen kann ich nichts.“
Tess griff nach einem Kugelschreiber, der hinter ihr auf der Ablage lag, und spielte damit herum. Der Stift fiel neben ihren Füßen zu Boden, und noch bevor sie sich nach ihm bücken konnte, war Dante schon da, fing den Bic-Kugelschreiber mit flinken Fingern im Fall auf und reichte ihn ihr. Als sie ihn aus seiner Hand nahm, fühlte sie seinen Daumen über ihren Handrücken gleiten. Abrupt zog sie den Arm an den Körper.
„Warum mache ich dich so nervös?“
Der Blick, den sie ihm zuwarf, verkündete vermutlich genau das. „Machst du nicht.“
„Bist du sicher? Du wirkst so … aufgewühlt.“
Das war sie in der Tat. Sie hasste es, vernachlässigte Tiere wie dieses hier zu sehen, das aussah, als hätte es für eine Tierschutzkampagne Modell gestanden. Und auch der Stress wegen allem, was derzeit in ihrem Leben schieflief, machte ihr zu schaffen.
Aber das war nicht alles. Die Unterströmung von all diesen Oberflächlichkeiten war die Unruhe, die sie fühlte, wenn sie auch nur im selben Zimmer war wie dieser Mann. O Gott, wenn sich nur ihre Blicke trafen, durchzuckte sie schon eine sehr grelle, sehr reale Vision von ihnen beiden. Nackt, mit ineinander verschlungenen Gliedern, ihre Körper feucht und glänzend auf einem Bett voller purpurroter Seidenlaken.
Sie konnte spüren, wie seine riesigen Hände sie streichelten, wie sein Mund sich heiß und hungrig an ihren Hals presste. Sie konnte sein Geschlecht fühlen, wie es in sie hinein- und aus ihr herausglitt, während seine Zähne über die sensible Stelle unter ihrem Ohr fuhren, die inzwischen pulsierte wie schwerer Trommelschlag.
Gefangen in seinen rauchigen bernsteinfarbenen Augen sah sie all das vor sich, so deutlich wie eine Erinnerung. Oder wie eine Verheißung zukünftiger Geschehnisse, die nur knapp außer Reichweite vor ihren Augen tanzten …
Mit großer Mühe blinzelte Tess und durchtrennte diese seltsame Verbindung.
„Entschuldige“, hauchte sie und hastete aus dem Raum. Auf einmal war sie ganz durcheinander.
Sie machte die Tür hinter sich zu und ging ein paar schnelle Schritte den Gang hinunter, wo sie sich mit dem Rücken an die Wand lehnte, die Augen schloss und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Ihr Herz hämmerte wild gegen ihr Brustbein. Jeder einzelne ihrer Knochen schien zu vibrieren, zu summen wie eine Stimmgabel.
Ihre Haut war heiß, Hitze glühte um ihren Hals und in ihren Brüsten und unten zwischen ihren Beinen. Alles in ihr schien in seiner Gegenwart erwacht zu sein, alles an ihr, das weiblich und elementar war, brach mit Urgewalt an die Oberfläche ihres Seins empor und verzehrte sich nach etwas. Verzehrte sich nach ihm.
Lieber Himmel, was war nur los mit ihr?
Sie war am Durchdrehen. Am Ausflippen. Wenn sie noch einigermaßen alle Tassen im Schrank hatte, sollte sie Dante und seinen kranken Hund im Untersuchungsraum lassen und sofort von hier abhauen.
Ja, klar. Das wäre dann auch wirklich professionell. Sehr reif und erwachsen.
Er hatte sie einmal geküsst. Na und? Alles, was er jetzt getan hatte, war, sie mit den Fingerspitzen zu streicheln.
„Tut mir leid“, sagte sie, als sie die Türe öffnete. „Ich dachte, ich hätte das Telefon gehört …“
Die klägliche Ausrede blieb ihr im Hals stecken, als sie ihn erblickte. Er saß auf dem Boden, als sei er gerade erst dort zusammengebrochen. Schwer hing sein Kopf herab, von seinen riesigen Handflächen gestützt. Seine Fingerspitzen, die in seinem dichten Haar vergraben waren, schimmerten weiß. Er sah aus, als hätte er entsetzliche Schmerzen, sein Atem ging mühsam und zischend durch die Zähne, die Augen hatte er fest zusammengepresst.