„Wir müssen weiter weg gehen, damit ich die Rakete mit aufs Bild bekomme“, rief Bason, dessen Stimme durch die Sauerstoffmaske und in der dünnen Luft wie ein klägliches Piepsen klang.
Ringsum herrschte tiefe Stille. Nicht der leiseste Windhauch bewegte die eisige Luft. Und ebenso eisig wie die Luft war auch der Glanz der unzähligen Sterne, zwischen denen, hart am Horizont, ein großer Stern bläulich schimmerte.
„Die Erde!“ flüsterte Hapgood.
Als sie sich zehn Schritte von der Rakete entfernt hatten, machten sie halt. Hapgood nahm die Uhr in die Hand, Bason trat etwas beiseite, hielt mit der Linken die Magnesiumlampe hoch und drückte mit der Rechten auf den Auslöser des Apparates. Grelles Blitzlicht erhellte das dichte Gestrüpp, den Landeplatz, den See, die unbewegliche Rakete an seinem Ufer und die Gestalt Hapgoods mit der Uhr in der ausgestreckten Hand.
Wie er so dastand, mit der Sauerstoffmaske auf dem Gesicht, wirkte er wie ein phantastisches Wesen, wie ein Bewohner dieses fremden, unerforschten Planeten. So sollte Bason ihn sein Leben lang in Erinnerung behalten!
Schnell schaltete er die Lampe auf einen neuen Blitz ein.
Doch kaum hatte er sie für eine zweite Aufnahme hochgehoben, als er ein feines, zischendes Pfeifen vernahm. Ein langgestreckter dunkler Körper, der sich von dem etwas helleren Horizontstreifen abhob, schnellte dicht an ihm vorbei.
An Basons Ohr drang ein markerschütternder Schrei.
Mit einer unwillkürlichen Bewegung drückte er auf den Auslöser. Der milchigweiße Magnesiumblitz entriß der Finsternis ein Bild, das dem Journalisten augenblicklich kalten Angstschweiß aus allen Poren trieb.
Zwei Schritte entfernt, dort, wo eben noch Hapgood gestanden hatte, glänzte das silbrige Fell eines langen Tieres, das einer dicken Riesenschlange glich. Starr vor Schreck, sah Bason Hapgoods Beine unter dem Leib des Tieres hervorragen. Und da erlosch auch schon die Lampe.
Die wieder eingetretene Dunkelheit, die nach dem grellen Licht noch undurchdringlicher schien, erfüllte Basons Herz mit Todesangst. Mit einem wilden, gellenden Schrei schleuderte er die Lampe von sich und stürzte wie von Sinnen zum Raumschiff. Wie gehetzt jagte er durch die offene Tür der Ausstiegkammer und schlug sie hinter sich zu.
Kraftlos und unfähig zu denken, lag er im Dunkeln auf dem Boden der Kammer, von einem widerwärtigen, heftigen Zittern befallen. Vor seinen Augen stand unablässig das Bild des grauenhaften Endes seines Gefährten: das riesige zottige Schlangenungeheuer und die unter ihm hervorragenden Beine. Reglose Beine. ›Also war er schon tot‹, war der klare Gedanke, den er fassen konnte.
Die Übelkeit ging allmählich vorüber, auch das Zittern ließ nach. Bason richtete sich auf und lauschte. Ringsum herrschte Stille. Nicht ein Laut drang von draußen herein.
Er vernahm nur die schnellen Schläge seines Herzens, das sich noch nicht beruhigt hatte. ›Vielleicht hätte ich ihn doch retten können?‹ fragte er sich beklommen. ›Nein, unmöglich, er war schon tot!‹ beruhigte er sich.
Bason stand auf und knipste Licht an. Die Außentür war zu. Er wunderte sich darüber, denn ihm war entfallen, daß er sie selber zugeschlagen hatte. Dann nahm er die Sauerstoffmaske ab, die er immer noch aufhatte, und wankte ins Innere der Rakete. Eine unwiderstehliche Müdigkeit überkam ihn. Wie er ging und stand, sank er zu Boden und schlief augenblicklich ein.
Bason hätte nicht sagen können, wie lange er geschlafen hatte, aber als er die Augen öffnete, drang durch die schmalen Fenster Tageslicht. Er richtete sich auf und begann, den Kopf in die Hände gestützt, zu grübeln. Hapgood war tot, und er war nun allein auf dem Mars in einer Rakete, mit der er nichts anzufangen wußte. Sicherer Tod erwartete ihn.
Nichts konnte ihn mehr retten. Nichts, als … Aber durfte er denn hoffen, daß das sowjetische Raumschiff ausgerechnet hier landete? Der Planet war groß. Kamow konnte mit seinem Schiff auf jedem beliebigen Punkt der hundertfünfzig Millionen Quadratkilometer großen Marsoberfläche niedergehen. Es blieb also nicht einmal ein Hoffnungsschimmer… Wie lange würde sich seine Qual hinziehen? Die Luft würde ihm drei Monate reichen. Drei Monate …