Zudem stellte sich heraus, dass diese Beziehung zwischen Preis und Placeboeffekt nicht bei allen Probanden gleich war. Als besonders ausgeprägt erwies er sich bei denjenigen, die in letzter Zeit häufiger Schmerzen gehabt hatten. Mit anderen Worten, bei Menschen, die mehr Schmerzen gehabt hatten und daher häufiger Schmerzmittel nehmen mussten, war die se Beziehung ausgeprägter: Sie profitierten weniger davon, als der Preis gesenkt wurde. Wenn es um Medikamente geht, lernten wir also, dann bekommen Sie das, wofür Sie bezahlt haben. Der Preis verändert das Erleben.
Bei einem anderen Test, einer kleinen Studie, die wir in einem elend kalten Winter an der University of Iowa durchführten, bekamen wir diese Ergebnisse übrigens bestätigt. In diesem Fall baten wir eine Gruppe Studenten aufzuschreiben, ob sie zur Behandlung ihrer saisonalen Erkältung Medikamente zum vollen oder zum Discount-Preis verwendeten und wie gut diese jeweils halfen. Am Ende des Semesters gaben 13 Teilnehmer an, dass sie den Listenpreis bezahlt hatten, und 16 hatten Medikamente bei einem Discounter gekauft. Welcher Gruppe war es bessergegangen? Ich glaube, Sie ahnen es inzwischen schon: Die 13 Studenten, die den Listenpreis bezahlt hatten, berichteten eine signifikant bessere Wirkung als die 16, die ihre Medikamente im Drogeriemarkt gekauft hatten. Bei rezeptfrei erhältlichen Erkältungsmitteln bekommen Sie also häufig das, wofür Sie bezahlen.
Bei den Experimenten mit unseren »Medikamenten« sahen wir, wie der Preis den Placeboeffekt verstärkt. Aber gilt das auch für die Preise alltäglicher Konsumartikel? Wir fanden das ideale Testobjekt in SoBe Adrenaline Rush, einem Getränk, das verspricht, »Ihre Spielstärke zu steigern« und Ihnen »erhöhte Funktionalität« zu verleihen.
Zunächst bezogen wir vor dem Eingang der Sporthalle der Universität Posten und boten SoBe an. Die erste Studentengruppe bezahlte für das Getränk den regulären Preis. Eine zweite Gruppe kaufte das Getränk ebenfalls, aber für diese Gruppe hatten wir den Preis um die Hälfte reduziert. Nach ihrer sportlichen Betätigung fragten wir die Studenten, ob sie sich im Vergleich zu anderen Tagen nach ihrem üblichen Training erschöpfter oder weniger erschöpft fühlten. Beide Gruppen, die SoBe getrunken hatten, gaben an, dass sie sich etwas weniger erschöpft fühlten als gewöhnlich. Das klang einleuchtend, vor allem da jede Flasche SoBe eine kräftige Dosis Koffein enthält.
Aber was uns interessierte, war die Wirkung des Preises, nicht die des Koffeins. Ob das teurere Getränk besser gegen die Erschöpfung half als das halb so teure? Das tat es, wie Sie nach dem Experiment mit Veladone sicher schon vermutet haben. Die Studenten, die das teurere Getränk getrunken hatten, fühlten sich weniger erschöpft als diejenigen, die es zum halben Preis gekauft hatten.
Das Experiment war interessant, aber es basierte auf der Selbstwahrnehmung der Teilnehmer – ihrem subjektiven Empfinden. Wie konnten wir SoBe direkter und objektiver testen? Wir fanden eine Möglichkeit: SoBe liefert angeblich auch »Energie für den Geist«. Diese Behauptung beschlossen wir in einem Experiment mit einer Reihe von Worträtseln zu überprüfen.
Der Ablauf war wie folgt: Die Hälfte der Studenten kaufte ihr SoBe zum vollen Preis, die andere Hälfte zum reduzierten Preis. (Wir belasteten die Ausgabe ihrem Studentenkonto, so dass letztlich ihre Eltern bezahlten.) Nachdem sie das Getränk zu sich genommen hatten, wurden die Studenten gebeten, sich einen zehnminütigen Film anzusehen (damit das Getränk seine Wirkung entfalten kann, erklärten wir). Dann bekamen alle eine Liste mit 15 Worträtseln vorgelegt, von denen sie in 30 Minuten so viele wie möglich lösen sollten; beispielsweise musste das Wort NALZEK zu KANZEL umgebaut werden.
Wir hatten den Worträtseltest bereits einer Gruppe Studenten vorgelegt, die kein SoBe getrunken hatten, und damit eine gewisse Basis. Diese Gruppe hatte durchschnittlich neun der 15 Rätsel richtig gelöst. Was geschah nun, als wir die Worträtsel den Studenten präsentierten, die SoBe getrunken hatten? Diejenigen, die den vollen Preis bezahlt hatten, gaben im Durchschnitt ebenfalls neun richtige Antworten – es ergab sich also kein Unterschied zu denen, die kein SoBe getrunken hatten. Interessanter aber war das Ergebnis bei der Gruppe, die den halben Preis bezahlt hatte: Hier wurden durchschnittlich 6,5 Rätsel richtig gelöst. Was können wir daraus schließen? Der Preis machte tatsächlich etwas aus: Die Differenz in der Leistung betrug rund 28 Prozent.