Das war nun viele Jahre her, und hundert Jahre interstellaren Fluges, ganz zu schweigen von den Jahren in der Wüste und fast einem weiteren Jahr auf dieser neuen Welt — doch für Vas war es gestern, stets gestern, und so erinnerte er sich sehr deutlich an den Schwur, den er geleistet hatte, als Elemak ihn davon abhielt, Obring und Sevet zu töten, um seine Ehre und Männlichkeit wiederherzustellen. Er hatte geschworen, daß er eines Tages, vielleicht, wenn Elemak alt und schwach und hilflos war, die Dinge wieder ins Lot bringen würde. Vas würde Obring und Sevet töten und dann, während das Blut an seinen Händen noch frisch war, zu Elemak gehen, und Elemak würde über ihn lachen und sagen: Du erinnerst dich noch daran? Es ist schon so lange her! Und
Oh, hatte er es sich seitdem nicht tausendmal vorgestellt? Immer und immer wieder. Wenn Elemak versucht hatte, Nafai oder Volemak zu töten, und sie ihn aufgehalten, niedergeschlagen, erniedrigt hatten, hatte Vas sie beobachtet und insgeheim gefleht: Tötet ihn nicht. Spart ihn für mich auf. Zehntausendmal hatte er sich vorgestellt, wie Obring winseln und um Gnade flehen und Sevet ihn geringschätzig verachten und nicht glauben würde, daß er sie tatsächlich tötete, bis dann dieser Ausdruck der unaussprechlichen Überraschung kam, wenn das Messer in ihren Körper glitt — oh, es mußte ein Messer sein, eine Handwaffe; er mußte fühlen, wie das Fleisch unter dem Druck der spitzen Klinge riß, fühlen, wie der Stahl in das blutdurchströmte Fleisch drang, im Körper herumtastete, bis er das Herz fand und das Blut unter seiner Hand hinausschoß, im letzten Höhepunkt von Sevets elendem Leben seinen Arm heraufspritzte …
Der Tag wird kommen, dachte Vas. Aber warum sollte ich ihn nicht sorgfältig vorbereiten? Elemak hielt es für unbedeutend, daß ein anderer Mann mit meiner Frau schläft. Wäre es also nicht angemessen und gerecht, daß ich ihm dann, wenn er sterbend daliegt, in den letzten Augenblicken seines Bewußtseins sage: O ja, Elemak, mein Freund, du erinnerst dich daran, was meine Frau dir angetan hat? Nun, meine Frau hat es dir auch angetan, und zwar mit mir. Und Elemak wird mir in die Augen sehen und wissen, daß ich die Wahrheit spreche, und dann wird er begreifen, daß ich doch nicht ein so passives Geschöpf war, nicht das geistlose Werkzeug, für das er mich so viele Jahre lang gehalten hat.
Das einzige Problem bei diesem Traum war Eiadh selbst. Auch wenn sie nicht mehr mit Elemak schlief, bedeutete das noch lange nicht, daß sie für Vas etwas übrig hatte. Er war kein Narr. Er war ein aufmerksamer Mann, mehr nicht. Er wußte, daß sie zur Zeit verletzbar war. Einsam. Und Vas konnte leidenschaftlich sein. Er würde nicht zornig zu Eiadh gehen, um sich an Elemak zu rächen, nein, keineswegs. Er würde als ihr Freund zu ihr gehen, um ihr einen starken, tröstenden Arm zu bieten, und eins würde zum anderen führen. Vas hatte Bücher gelesen. Er wußte, daß so etwas geschehen konnte. Warum nicht auch bei ihm? Warum nicht bei Eiadh, deren Taille
»Ja?« fragte Eiadh.
Er hatte nicht mal in die Hände geklatscht. Sie mußte ihn kommen gesehen haben. Wie unangenehm. »Eiadh«, sagte er.
»Ja?« sagte sie erneut.
»Darf ich hereinkommen?« fragte Vas.
»Stimmt etwas nicht?« fragte Eiadh. Er konnte sehen, daß sie im Geiste ihre Kinder abzählte.
»Nicht, daß ich wüßte«, sagte Vas. »Einmal davon abgesehen, daß ich mir Sorgen um dich mache.«
Eiadh schaute verwirrt drein. »Um mich?«
»Bitte, darf ich hereinkommen?« fragte er.
Sie lachte, ließ ihn aber zur Tür hinein. »Natürlich, Vas, aber ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst. Abgesehen davon, daß ich ständig müde bin. Aber darüber beklagen sich alle anderen auch. Bist du gekommen, um das Gemüse für das Abendessen zu schneiden? Das würde mich freuen.«
»Brauchst du bei dem Gemüse wirklich Hilfe?« fragte Vas.