Oh, Nafai, sagte sie stumm. Könntest du mich doch nur so hören, wie die Überseele mich hört. Wüßtest du doch nur, wie sehr ich dich liebe, wie sehr mich die Vorstellung schmerzt, was du durchmachst. Und ich kann nur eins für dich tun … mich um die Kinder zu kümmern, so gut es mir möglich ist, und auf die Überseele und die menschliche Natur vertrauen, daß sie ein Wunder wirken und dich befreien. Ich tue, was ich kann, doch es ist nicht genug. Was für ein Leben gibt es für mich noch, solltest du sterben? Selbst wenn den Kindern nichts geschieht, selbst wenn sie zu guten, starken, wunderbaren Erwachsenen heranwachsen, wird es nicht genügen, nicht, wenn ich dich verliere. Die Überseele mag uns als Figuren in ihrem Spiel zusammengebracht haben; aber das heißt nicht, daß die Verbindung zwischen uns deshalb schwächer sein muß. Sie ist stark, viel stärker als die Seile, mit denen sie dich gefesselt haben. Aber ohne dich an meiner Seite komme ich mir vor, als wäre
Sein Name hallte durch ihren Verstand. Die Erinnerung an sein Gesicht versengte sie. Sie legte sich auf ihr Bett, bemüht, sich zu entspannen und den Schlaf herbeizuzwingen. Je weniger Sauerstoff ich atme, desto mehr wird
Doch sie war nicht ruhig, und als sie schließlich in einen unruhigen Schlaf fiel, raste ihr Herz, und sie tat schnelle, kurze, scharfe Atemzüge, als würde sie mit einem übermächtigen Gegner kämpfen, der immer wieder auf sie einstach, während sie ihm kaum ausweichen konnte.
Bei der ersten Mahlzeit am dritten Tag war Elemak nicht in der Bibliothek. Wo er sich aufhielt, wagte niemand zu fragen. Eigentlich interessierte es auch niemanden. Wenn er fort war, blieb die Vorsicht; die echte Angst kam erst mit ihm zurück. Dies lag keineswegs daran, daß die anderen auf die Gutmütigkeit von Meb, Obring und Vas vertrauten. Meb schien Freude an kleinen Grausamkeiten zu haben, und Obring genoß allem Anschein nach seinen Status als ein Mann, der an der Macht beteiligt war. Doch alle wußten, daß jeder von ihnen Elemak auf der Stelle verraten würde, wäre er der Ansicht, einen Vorteil daraus ziehen zu können. Vas hingegen schien zu verabscheuen, was er tat; dennoch tat er es, und auf ihn verließ Elemak sich am meisten. Elemak konnte ihm eine Aufgabe geben und sich darauf verlassen, daß Vas sie einfallsreich und gut ausführte, selbst wenn er ihn dabei nicht im Auge behielt — was man von den beiden anderen Elemaki-Männern nicht unbedingt behaupten konnte.
Doch als Elemak an diesem Tag nicht anwesend war, wurde seine Autorität zum erstenmal offen herausgefordert. Volemak erhob sich, nachdem er Rasa angeschaut hatte, und wandte sich an die Gruppe.
»Meine Freunde und Familienangehörigen«, begann er.
»Setz dich und halt die Klappe«, sagte Mebbekew.
Volemak richtete einen Blick auf seinen zweiten Sohn — einen Blick, der so starr wie der einer Schlange war — und fuhr fort: »Versuche ruhig, mich zum Schweigen zu bringen. Doch wenn du keine körperliche Gewalt einsetzt, werde ich sagen, was ich zu sagen habe.«
Meb machte einen Schritt auf seinen Vater zu. Obwohl sie in keiner Hinsicht dazu aufgefordert worden waren, erhoben sich augenblicklich Volemaks jüngster Sohn Yasai, Issibs ältester Sohn Zaxodh und Nafais Ältester, Zhatva. Sie befanden sich nicht in Volemaks Nähe, doch die Drohung war eindeutig.
Meb lachte. »Glaubt ihr etwa, ich hätte vor euch Kindern Angst?«
»Vielleicht solltest du vorsichtig sein«, sagte Rasa. »Sie leben seit sechs Jahren in niedriger Schwerkraft, während du noch etwas unsicher auf den Füßen zu sein scheinst.«
»Komm her, Obring«, sagte Meb.
Obring trat einen Schritt auf Volemak zu. Nun erhoben sich Nafais zweiter Sohn Motiga und Zdorabs Sohn Padarok. Nach einem Augenblick tat Zdorab es ihnen gleich.
»Vas«, sagte Meb, »du kannst zwar so tun, als ginge dich das alles nichts an, aber für mich sieht das wie eine Revolte aus.«
Vas nickte. »Obring, hole Elemak.«
»Wir werden selbst damit fertig!« fauchte Meb.
»Das sehe ich. Wir machen uns wirklich gut.«
Obring schaute von Vas zu Meb, drehte sich dann um und verließ die Bibliothek.