Zdorab seufzte und wandte sich von dieser rührenden Szene wahrer Freundschaft ab. Lediglich Elemaks Freunde haßten ihn noch mehr als seine Feinde. Und doch folgten sie ihm, weil sie wußten, er brauchte sie so dringend, daß er sie nicht ignorieren konnte, wie Nafai es mit Sicherheit getan hätte. Wahrscheinlich bringen genau auf diese Weise viele gemeine Männer andere dazu, ihnen zu folgen, dachte Zdorab. Gute Männer wollen ihnen nicht folgen, aber sie brauchen jemand; deshalb müssen sie diejenigen Männer nehmen, die kein guter Mann freiwillig bei sich aufnehmen würde. Das Wunder dabei war, daß das Böse sich behaupten konnte, da die einzigen Menschen, die an ihm teilnahmen, sich im allgemeinen gegenseitig nicht ausstehen konnten, und das aus gutem Grund.
Zdorabs Aufmerksamkeit wurde von einer Bewegung in einem Baum direkt unterhalb des Bergkamms erweckt. Eins der Fledermausgeschöpfe saß dort auf einem Ast. »Seht«, sagte er.
»Ich sehe ihn«, sagte Elemak.
»Was tut er dort?« fragte Yasai.
»Wir alle haben die gleiche Anzahl von Augen«, sagte Elemak verächtlich. »Wenn wir ihn beobachten, werden wir es gemeinsam feststellen.«
Der Engel ließ sich abrupt vom Baum fallen und flatterte zu einer kleinen Lichtung, die in der Richtung lag, in der die Menschen sich befanden. Zdorab konnte ihn nun deutlich ausmachen. Er hatte seine Schwingen ausgebreitet. Sein Gesicht war häßlich, aber das war kaum eine Überraschung. Schließlich stammte er von einer breitschnauzigen Spezies von Fledermäusen ab. Die echte Überraschung war der faszinierende Kompromiß, den die Natur erzielt hatte: Die Arme und Beine des Wesens waren fast lächerlich dünn. Auf jeder Seite des Körpers breiteten die Schwingen sich von den Handgelenken bis zu den Knöcheln aus. Sie wurden von zwei verdrehten Fingern einer jeden Hand gehalten. Die drei anderen Finger pro Hand waren jedoch von normaler Größe, so daß das Geschöpf ausgezeichnet zugreifen konnte. Und der Kopf war in Anbetracht der Größe des Körpers beinahe riesig. Es grenzte an ein Wunder, daß das Geschöpf überhaupt fliegen konnte. Es hatte mit Sicherheit die Obergrenze seines Wachstums erreicht — wäre es noch größer, würde es die Flugfähigkeit verlieren.
Doch in diesem Augenblick ging es um sie herum. Es bewegte sich zwar nicht ohne Anmut, doch es war offensichtlich, daß es sich auf Ästen oder in der Luft wohler fühlte. Zum Langstreckenläufer würde es mit diesen Füßen nie werden.
Diese Füße.
Zdorab war klug genug, den Mund zu halten. Der junge Yasai leider nicht. »Ojkib hat recht gehabt«, platzte er heraus. »Die Abdrücke im Dorf können auf keinen Fall von diesen Füßen stammen.«
Elemak drehte sich langsam zu ihm um. »Dann stammen die Abdrücke also vielleicht nicht von diesem
Sofort blieb das Wesen stehen und tat dann etwas sehr Außergewöhnliches. Es bückte sich und nahm mehrere Getreidehalme, die es mit dem Fuß gehalten hatte. Dann legte es die Halme ins Gras, ganz langsam und sorgfältig, als wollte es sie abzählen. Als die Halme dort lagen, trat das Geschöpf einen Schritt zurück.
»Das ist Getreide von unserem Feld«, sagte Obring.
»Hast du das erst jetzt gemerkt?« fragte Vas.
»Spielt das eine Rolle?« fragte Meb.
»Er glaubt, wir wären deshalb hierher gekommen«, sagte Padarok, Zdorabs Sohn. »Weil er unser Getreide gestohlen hat. Er gibt es uns zurück.«
»Seit wann bist du Experte für übergroße Fledermäuse?« fragte Elemak.
»Das ist doch logisch«, sagte Padarok stur.
Zdorab gab ihm mit der Hand ein Zeichen, den Mund zu halten.
»Nein, ich werde nicht schweigen, Vater. Die ganze Sache ist doch lächerlich. Der Engel hat Getreide von unserem Feld gestohlen und weiß nichts von Zhivja. Hätte jemand die Ruhe bewahrt und darüber nachgedacht hätte, hätten wir nicht die ganze Nacht damit verbracht, einen Berg zu besteigen, um einen unschuldigen Menschen zu verfolgen.«
Elemaks Hand schnellte vor und ergriff Padarok am Kopf. Wie sein Vater war Padarok ziemlich klein gewachsen und von schmächtigem Körperbau. In Elemaks kräftigem Griff wirkte er wie eine Puppe. »Mensch?« fragte Elemak. »Du nennst dieses
»Eine Redewendung«, murmelte Padarok.
»Dieser