Elemak drehte sich langsam um und betrachtete Zdorab mit Echsenaugen. »Und wenn ich das nicht tue, wirst du mir die Arme abschneiden?«
»Nur, wenn ich deinen Hals verfehle«, sagte Zdorab.
Elemak ließ Padarok los. »Drohe mir nicht, Zdorab. Selbst falls
Das arme Ding zitterte sichtbar unter Elemaks scharfem Blick, wich aber nicht zurück. Elemak hob einen Fuß und trat die Getreidehalme in das schlammige Gras. »Das Getreide ist mir egal«, sagte er. Dann bückte er sich und riß das Geschöpf an einem Arm hoch. »Wo ist meine Tochter?« brüllte er.
»In welcher Sprache soll er denn antworten?« sagte Padarok verächtlich. »Oder soll er dir vielleicht eine Landkarte in die Luft zeichnen?«
Bitte, stachle ihn nicht an, provoziere ihn nicht, Rokja! Zdorab dachte diese Worte, sprach sie aber nicht aus. Denn auch er war stolz. Er hatte sich sein Leben lang vor solchen Männern verbeugt, so daß sie ihm nichts tun würden. Doch sein Sohn verbeugte sich nicht. Er mag meine Größe geerbt haben, dachte Zdorab, aber das Rückgrat seiner Mutter.
Elemaks Antwort war ein wütendes Gebrüll. Dabei legte er beide Hände um das Geschöpf. Zdorab sah zu seinem Entsetzen, daß das arme Ding in Elemaks Griff wie ein spröder Stock war. Er sah, wie beide Arme unter Elemaks Händen brachen und gleichzeitig beide Schwingen rissen und zu bluten anfingen, da jedes Gelenk in die falsche Richtung gebogen worden zu sein schien und nun nicht wieder zurückschnappen konnte. Das Geschöpf schrie einmal auf und verstummte dann, hing schlaff und gebrochen in Elemaks Händen.
»Tz, tz, tz«, machte Meb. »Der Bursche vergißt manchmal, wie stark er ist.«
»Gut gemacht«, sagte Padarok. »Jetzt, wo er tot ist, wird er einen hervorragenden Führer abgeben.«
Elemak schleuderte das leblose Tier zu Boden. Es prallte gegen einen Baumstamm, rutschte langsam daran hinab und blieb reglos liegen. »Wo ist meine Tochter?« brüllte Elemak. »Sie haben meine Tochter geraubt!«
Seine Wut war so schrecklich, daß alle vor ihm zurückwichen, nur einen Schritt, aber es brachte trotzdem ihre Furcht zum Ausdruck. Alle bis auf Padarok.
Und das bedeutete, daß er die Hauptlast von Elemaks schrecklichem Zorn ertragen mußte. Elemak funkelte ihn bereits wütend an.
Also trat Zdorab erneut vor, ohne darüber nachzudenken. »Wir kehren jetzt zurück, Elemak. Wir haben es versucht. Falls sie wirklich hier oben ist, werden wir sie nie finden. Wenn du dich besser fühlst, indem du ein hilfloses kleines Geschöpf zerbrichst und tötest … nun, das hast du gerade getan. Du brauchst nicht noch etwas zu töten oder zu zerbrechen.«
Er sah, daß Elemak sich mühsam zusammenriß.
»Diese Worte werde ich dir nie verzeihen«, erwiderte Elemak.
»Hier ist keine Menschenseele, der du nicht schon versprochen hast, ihr niemals dieses oder jenes zu verzeihen«, sagte Zdorab. »Aber wir verzeihen
»Wenn ihr sie mir zurückbringen könntet«, sagte Elemak, »wäre ich auf ewig euer williger Diener.« Dann ging er davon, über den Sattel und in die Schlucht hinab.
Obring und Meb folgten ihm auf dem Fuße, doch beide blieben stehen, als sie an Zdorab vorbeigingen. »Wer hätte gedacht, daß das kleine Pizduhn doch ein wenig Mut in sich hat«, sagte Obring und lachte abfällig.
»Mach nur so weiter«, sagte Meb. »Wer weiß … eines Tages kriegst du dann vielleicht tatsächlich einen Ständer. Dann wärest du ein halber Mann.« Er tätschelte Zdorabs Kopf und folgte Obring und Elemak hinab.
Padarok kam zu Zdorab und umarmte ihn. »Danke, Vater. Ich dachte schon, er würde mir das Genick brechen.«
»Wir haben gesehen, was er
Dann rief Yasai von dem Baum, gegen den Elemak das arme Geschöpf geworfen hatte: »Er ist nicht tot!«
»Dann sollten wir es vielleicht töten, um es von seinen Qualen zu erlösen«, schlug Zhatva vor, Nafais Ältester. Sie alle versammelten sich um das Geschöpf.
»Das ist kein Hund«, sagte Yasai. »Ojkib hat gesagt, daß sie intelligent sind. Es ist eine Person, kein Tier. Wenn es jemandem gelingt, das Wesen zu heilen, dann Schedemei.«
Das Geschöpf blinzelte langsam mit einem Auge.
»Bist du sicher, daß das kein Reflex ist?« fragte Xodhja.
Yasai zog sein Hemd aus. »Helft mir, ihn darauf zu legen«, sagte er. »Ohne ihm den Hals zu brechen.«
»Er ist bereits gebrochen«, sagte Motiga zweifelnd.
»Aber vielleicht ist die Wirbelsäule nicht durchtrennt.« Plötzlich pfiff Yasai überrascht. »Er ist so leicht.«