„Lass das meine Sorge sein”, sagte ich, „pass du lieber auf, dass der Bäcker inzwischen nicht wegläuft.”
„Gemacht!” Gottfried verschwand.
Ich rief Blumenthal an. Viel Hoffnung hatte ich nicht, aber man konnte es ja mal versuchen. Er war im Büro. „Wollen Sie Ihren Cadillac verkaufen?” fragte ich geradezu.
Blumenthal lachte.
„Ich habe jemand dafür”, fuhr ich fort, „mit Barzahlung auf den Tisch.”
„Barzahlung – ” erwiderte Blumenthal nach einer Weile Nachdenken, „das ist in diesen Zeiten ein Wort von reinster Poesie —
„Das meine ich auch”, sagte ich und wurde plötzlich munter. „Also wie ist es, können wir mal darüber reden?”
„Reden kann man immer”, meinte Blumenthal.
„Schön. Wann kann ich Sie treffen?”
„Heute mittag nach dem Essen habe ich Zeit. Sagen wir um zwei hier im Büro.”
„Gut.”
Ich hängte auf. „Otto”, sagte ich ziemlich aufgeregt zu Köster, „ich hätte es nie erwartet, aber ich glaube, unser Cadillac kehrt zurück!”
Köster ließ seine Papiere liegen. „Tatsächlich? Will er verkaufen?”
Ich nickte und blickte durchs Fenster, wo Lenz lebhaft auf den Bäcker einsprach. „Er macht das falsch”, sagte ich beunruhigt, er redet zu viel. Ich will Gottfried mal rasch wieder ablösen.”
Köster lachte. „Hals und Beinbruch, Robby.”
Ich blinzelte ihm zu und ging hinaus. Aber ich traute meinen Ohren nicht, – Gottfried dachte nicht daran, vorzeitige Hymnen auf den Cadillac zu singen, – er erklärte dem Bäcker lediglich mit großem Eifer, wie die Indianer in Südamerika ihr Maisbrot backen. Ich warf ihm einen anerkennenden Blick zu und wandte mich dann an den Bäcker. „Leider will der Mann nicht verkaufen – ”
„Das habe ich mir gedacht”, sagte Lenz prompt, als hätten wir es verabredet.
Ich zuckte die Achseln. „Schade – aber ich kann es verstehen – ”
Der Bäcker stand unschlüssig da. Ich sah Lenz an. „Kannst du es nicht doch noch mal versuchen?” fragte er sofort.
„Das auf jeden Fall”, erwiderte ich. „Ich habe ohnehin wenigstens abmachen können, dass wir uns heute mittag treffen. Wo kann ich Sie nachher erreichen?” fragte ich den Bäcker.
„Ich bin um vier in der Gegend hier. Da komme ich dann nochmal vorbei – ”
„Gut – dann weiß ich auch bestimmt Bescheid. Ich hoffe, dass die Sache doch noch klappt.”
Der Bäcker nickte. Dann bestieg er seinen Ford und dampfte ab.
„Du bist wohl ganz von Gott verlassen”, brach Lenz los, als er um die Ecke war. „Erst soll ich den Knaben mit Gewalt festhalten, und dann lässt du ihn ohne weiteres laufen!”
„Um vier Uhr kommt er wieder – ”
Gottfried sah mich mitleidig an. „Wetten?” fragte er.
„Gern”, erwiderte ich, „aber du fällst rein. Den Mann kenne ich besser als du! Der muss mehrmals aufs Feuer. Außerdem kann ich ihm doch nicht etwas verkaufen, was wir selbst noch nicht haben – ”
„Ach, du lieber Gott, wenn’s das nur ist”, sagte Gottfried kopfschüttelnd, „dann wird aus dir im Leben nichts, Baby! Das sind doch gerade erst die wahren Geschäfte! Komm, ich will dir einen Gratiskurs[116]
über modernes Wirtschaftsleben geben – ”Mittags ging ich zu Blumenthal. Unterwegs hatte ich das Gefühl eines jüngeren Ziegenbocks, der einen alten Wolf besuchen muss. Die Sonne brannte auf den Asphalt und ich spürte bei jedem Schritt weniger Lust, von Blumenthal auf dem Rost gebraten zu werden. Es war am besten, kurzen Prozess zu machen. „Herr Blumenthal”, sagte ich deshalb rasch, als ich eintrat, ehe er beginnen konnte, „einen anständigen Vorschlag unter der Tür! Fünftausendfünfhundert Mark haben Sie für den Cadillac bezahlt – ich biete Ihnen sechs wieder, – unter der Bedingung, dass ich ihn wirklich loswerde. Das entscheidet sich heute abend – ”
Sie wollen doch mit sieben verkaufen, nicht wahr?”
Ich zuckte vorsichtigerweise die Achseln. „Warum sagen Sie gerade sieben?”
„Weil das damals Ihre erste Forderung bei mir war – ”
„Sie haben ein glänzendes Gedächtnis”, sagte ich. „Für Zahlen. Nur für Zahlen. Leider. Also um zum Schluss zu kommen: Sie können den Wagen für den Preis haben.”
Er hielt mir die Hand hin und ich schlug ein. „Gott sei Dank”, sagte ich aufatmend, „das erste Geschäft seit langer Zeit. Der Cadillac scheint uns Glück zu bringen.”
„Mir auch”,, sagte Blumenthal. „Ich habe ja auch fünfhundert Mark dran verdient.”
Um halb fünf Uhr nachmittags stellte Gottfried Lenz mit ausdrucksvollem Gesicht eine leere Ginflasche vor mich auf den Tisch. „Die möchte ich gerne von dir gefüllt haben, Baby! Kostenlos! Du erinnerst dich an unsere Wette?”
„Ich erinnere mich”, sagte ich, „aber du kommst zu früh.”
„Ich bin durstig”, sagte er nach einer Weile mit Betonung.
In diesem Augenblick hörte ich das unverkennbare Rasseln eines Fordmotors auf der Straße und gleich darauf bog der Wagen des Bäckers in unsere Einfahrt ein. „Wenn du durstig bist, lieber Gottfried”, erwiderte ich mit großer Würde, „so lauf schnell, die beiden Flaschen Rum einkaufen, die ich mit meiner Wette gewonnen habe. Du darfst einen Gratisschluck[117]
daraus nehmen. Siehst du draußen den Bäckermeister?”