Da ging plötzlich ein Licht an, und es bot sich ihm ein Anblick, der sowohl haarsträubend als auch auf eigenartige Weise vertraut war: ein gepolsterter Stuhl, losgeschnallte Riemen an den Lehnen und Beinen, mit einem Metalldrehtisch daneben. Ausgelegt auf dem Tisch waren spezielle Utensilien: eine Gummimundsperre, Gummistifte, Riemen und Halsbänder, eine schwarze Ledermaske, ein Stahlhalsband – alles schwach erhellt vom Schein des gelblichen Lichts. Und alles überragend, körperlos, sah man einen Helm aus Nirostastahl, eine glänzende Kuppel mit Kupferstutzen und geringelten Drähten, die an einem ausfahrbaren Gelenkarm befestigt waren.
Ozmian schloss wie in einer hypnotischen Trance die Augen. Er spürte, wie ihm der Arzt sanft etwas Schweres aus der Hand nahm, dann führten ihn diese einfühlsamen Hände auf den Ledersitz. Widerstandslos nahm er Platz, sein Verstand war leer. Er spürte, wie ihm die Schnallen und Gurte um Handgelenke und Fußknöchel gelegt wurden, spürte, wie sie angezogen wurden, spürte, wie ihm die Ledermaske übers Gesicht gezogen wurde. Er hörte das Quietschen der metallenen Gelenke, als sich der Stahlhelm auf seinen Kopf senkte, eisig kalt, doch seltsam beruhigend. Er spürte, wie der Arzt etwas aus der Brusttasche zog, und dann hörte er ein leises Klicken.
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Das Lämpchen am Zünder, der mit einem Gurt an Vincent D’Agosta festgebunden war, war erst drei Minuten bevor der Timer die Zweistundenmarke erreichte, von Rot auf Grün gewechselt. Das war verdammt knapp, und D’Agosta spürte, wie sich seine riesengroße Erleichterung mit Verärgerung darüber mischte, dass Pendergast so lange benötigt hatte, um diesen Dreckskerl Ozmian zu töten. In den vergangenen zwei Stunden, in denen er gewartet und angestrengt gelauscht hatte, hatte er aus dem riesigen, südlich gelegenen Krankenhausgebäude sowohl mehrere Schusswechsel gehört als auch das spektakuläre und furchterregende Geräusch, das von einem teilweisen Einsturz jenes Gebäudes herrühren musste. D’Agostas Besorgnis hatte zugenommen, als Pendergast Ozmian nicht in den ersten zehn Minuten kaltgemacht hatte, und der Einsturz des Gebäudes schockierte und beunruhigte ihn, denn er deutete auf einen Kampf ungeheuren Ausmaßes hin. Er hatte die Angst seines Lebens verspürt, während er zusah, wie die Zeit ablief.
Doch am Ende war das Lämpchen auf Grün gewechselt, und der Timer hatte gestoppt, was bedeutete, dass Pendergast den Schweinehund schließlich getötet, die Fernbedienung an sich genommen und ausgeschaltet hatte.
Fünf Minuten später hörte er, wie sich die Tür zu Gebäude 44 öffnete, und herein kam Pendergast. Sein Aussehen beunruhigte D’Agosta: staubbedeckt, die Kleidung zerrissen und zerfetzt, mit zwei tiefen Schnittwunden im Gesicht, auf dem sich das Blut mit Staub vermischt und eine Kruste gebildet hatte. Er humpelte.
Pendergast kam zu ihm und entfernte den Billardkugel-Knebel. D’Agosta atmete ein paarmal tief durch. »Das war aber echt auf den letzten Drücker! Mein Gott, Sie sehen ja aus, als wären Sie eben aus einem Schützengraben gekommen.«
»Mein lieber Vincent, es tut mir leid, dass ich Sie habe warten lassen.« Pendergast löste die anderen Fesseln. »Ich fürchte, unser Freund hat sich bewundernswert geschlagen. Offen gestanden hatte ich es noch nie mit einem befähigteren Gegner zu tun.«
»Ich wusste, dass Sie ihm am Ende Feuer unterm Hintern machen würden.«
Pendergast band D’Agosta die Arme los. D’Agosta hob sie an, damit das Blut wieder ungestört hineinfließen konnte. Ganz vorsichtig band Pendergast die Weste mit den Päckchen mit Sprengkörpern los, zog sie langsam ab und legte sie äußerst behutsam auf einen Tisch in der Nähe.
»Erzählen Sie doch mal, wie Sie das Arschloch eliminiert haben.«
»Ich fürchte, ich genieße im Bureau mittlerweile den unglückseligen Ruf eines Agenten, dessen gesuchte Täter am Ende immer tot sind«, sagte Pendergast, während er D’Agosta endlich die Fußfesseln löste. »Deshalb habe ich diesmal den Täter lebend gefasst.«