Es gab ja so vieles, wofür sie Francis dankbar sein musste. Drei Jahre zuvor war er von ihr gegangen, und seither war ihr nur noch bewusster geworden, wie dankbar sie ihm war. Denn Francis war so vorausschauend gewesen, das väterliche Fleischerei-Fachgeschäft von New York City an die Küste Floridas zu verlegen, damals, als dieser Abschnitt der Collins Avenue noch verschlafen und preiswert war. Zudem hatte Francis das Geschäft im Laufe der Jahre umsichtig vergrößert und ihr beigebracht, wie man die Waagen und die Registrierkasse bediente, sowie die Bezeichnungen und Eigenschaften der verschiedenen Fleischstücke. Und schließlich hatte Francis für den Verkauf des Ladens genau den richtigen Zeitpunkt getroffen – das Jahr 2007, bevor die Immobilienpreise abstürzten. Der riesige Gewinn, den sie gemacht hatten, hatte ihnen nicht nur erlaubt, die Wohnung im Grande Palms zu kaufen (zu einem Tiefstpreis, im Jahr darauf), sondern auch ermöglicht, dass sie viele Jahre lang einen komfortablen Ruhestand genießen konnten. Wer hätte gedacht, dass Francis so bald an Bauchspeicheldrüsenkrebs sterben würde.
Inzwischen war Iris am Grab angekommen und blieb einen Moment stehen, um über den Friedhof hinauszuschauen und die Aussicht zu bewundern. Trotz des Gedränges der vielen Leute auf der Straße und des starken Autoverkehrs bot sich ihr ein friedliches Bild: der Kane Concourse, der sich über die Harbor Islands in Richtung Festland erstreckte, die weißen Dreiecke der Segelboote, die bis hinauf zur Biscayne Bay kreuzten. Und alles war in freundliche, tropische Pastellfarben getaucht. Der Friedhof war eine Oase der Ruhe, vor allem morgens, wenn Iris sogar im März – dem Höhepunkt der Urlaubssaison – ein wenig Zeit am Grab ihres verstorbenen Ehemanns zubrachte, um zu sinnieren.
Die kleine Vase mit Plastikblumen, die sie neben den Grabstein gestellt hatte, stand irgendwie schief – sicherlich wegen des Tropensturms, der vorgestern über Florida hinweggefegt war. Sie justierte die Vase, zog ein Taschentuch aus der Handtasche, wischte die Blumen ab und begann, sie zu säubern. Plötzlich spürte sie, dass Twinkle wieder an der Leine zog, und das heftiger als zuvor.
»Twinkle!«, schalt sie. »Nein!« Francis hatte den Namen – kurz für Twinkle Toes – gehasst und den Hund immer Tyler genannt, nach der Straße, in der er aufgewachsen war. Aber Iris fand Twinkle schöner, und wenn Francis nun auch von ihr gegangen war, glaubte sie doch nicht, dass er etwas gegen den Namen einzuwenden hätte.
Sie drückte die Vase in den Boden, damit sie fester stand, presste das Gras ringsum an und lehnte sich ein wenig nach hinten, um ihr Werk zu bewundern. Aus dem Augenwinkel nahm sie eine Bewegung wahr – vielleicht der Friedhofsgärtner oder eine andere Trauernde, die einem Toten die Ehre erwies. Es war jetzt kurz vor acht, und der Friedhof Bayside war schließlich der einzige auf der ganzen Insel. Da durfte man nicht erwarten, ihn ganz für sich allein zu haben. Sie würde ein Gebet sprechen, dasjenige, das sie und Francis vor dem Zubettgehen immer gemeinsam aufgesagt hatten, und dann wieder zurück zum Grande Palms fahren. Um zehn fand dort eine Eigentümerversammlung statt, und sie hatte vor, ein paar überaus deutliche Worte zu sprechen, was den Zustand der Bepflanzung in der Nähe des Eingangsbereichs betraf.
Twinkle zog immer noch stark an der Leine, und jetzt kläffte er auch noch. Sie schalt ihn noch einmal. Ein solches Betragen sah ihm gar nicht ähnlich – normalerweise benahm sich der Pekinese relativ brav. Außer als diese furchtbare Russisch Blaue in 7B ihn einmal gejagt hatte. Während Iris sich aufrichtete und sich gedanklich auf ihr Gebet vorbereitete, nutzte Twinkle die Gelegenheit und rannte los, wodurch ihr die Leine aus der Hand glitt. Wie ein Irrer flitzte er über den feuchten Rasen, die Leine hinter sich herziehend und bellend.
»Twinkle!«, rief sie in barschem Tonfall. »Komm sofort zurück!«