Am 19.ten Vormittags wurden endlich die vorhandenen Gefangenen rückwärts transportirt. Meine Unglücksgefährten waren ein Capitän
Vom 20. May an wurden die Officiere über Nacht in Häuser einquartiert, und die Soldaten in Ställe oder Scheunen eingesperrt. Gewöhnlich bestand unsere Wohnung aus 1. Zimmer mit Strohlager, und ein Baschkire legte sich innerhalb quer vor die Thüre, während einer anderer ausserhalb derselben auf gleiche Art sich postirte. Ueberall wurden wir in den Quartieren verköstigt, jedoch nur in so weit, als der gute Wille des Hauseigenthümers reichte. In den Quartieren angekommen, war es uns{719}
nicht mehr gestattet, auszugehen, und während des Marsches durfte keiner seinen Wagen verlasssen. Erst an Schlesiens Grenze und in Militsch zum erstenmale ward uns vergönnt, in den Orten, wo wir einquartiert wurden, in Begleitung von Baschkiren herumzugehen. Die Soldaten wurden, wenn sie ermüdet waren, oder die Nothdurft // S. 129// verrichten mußten, durch Schläge und Stöße der Truppe nachgetrieben. Als sie ihre Schuhe oder Stiefeln{720} durchgetreten hatten, giengen sie baarfuß und bald war bey der ganzen Truppe kein Schuh, kein Stiefel mehr zu sehen. Auch die Unreinigkeit nahm bey ihr bald so sehr überhand, daß das Ungeziefer sie halb tödtete, und von dem ganzen Transport giengen die meisten unterwegs aus Mangel an Nahrung und Kleidung, so wie durch die Strapatzen des Marsches zu Grunde.Das Land war bis über Görlitz hinaus durch den Krieg verheert. Görlitz ist eine wohlbevölkerte, lebhafte Stadt, und ihre Lage sehr angenehm. Lauban und die folgenden schlesischen Städtchen sind mehr oder weniger gut gebaut, das Land ist fruchtbar, mehr eben als bergigt{721}
, gegen die Oder hin und jenseits sandigt176. Die Dörfer sind reinlich und wohlhabend. Gegen die polnische Grenze zu vermehrt sich der Sand, und Städte und Dörfer gewähren einen minder freundlichen Anblick. In Militsch, einem Städtchen, das dem GrafenDie Bewohner der Lausitz zeigten uns wenige Theilnahme, sie waren mit ihrer eigenen Noth zu sehr beschäftigt. In Bautzen bezeugten uns einige Personen ihr Bedauren über die Schmähungen, die wir von preussischen Gardesoldaten zu erdulden hatten. Die Schlesier fand ich, wie ich erwartet hatte, höchlich aufgebracht gegen die Franzosen und ihre Allirten. Sorgfältig verbarg ich, daß ich // S. 130// ein Württemberger sey und lieber wollte ich mich für einen Franzosen ansehen lassen. Oft brach der Haß der Einwohner in die gröbsten Verwünschungen gegen uns aus, und einmal sah ich einen Mann, der dem gebildeten Stande angehörte, wie er sich nicht entblödete, seine Wuth durch Thätlichkeiten an den armen Gefangenen auszulassen. Unsere Escorte diente uns mehreremale wirklich zu unserer eigenen177 Sicherheit. Am 28. May setzten wir unsern Marsch fort, und betraten nach wenigen Stunden das Herzogthum Warschau. In der Nähe von