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«EIN NICHTS IM ZUSTAND DES BLÜHENS»

Paul Celans Gedichtband «Die Niemandsrose»

Der Titel des vierten autorisierten Gedichtbandes Paul Celans Die Niemandsrose, der 1963 im S. Fischer Verlag erschien, scheint komplexer und vielschichtiger als die Titel seiner vorherigen Gedichtbände zu sein. Das rätselhafte Kompositum, das zuerst den Leser in eine gewisse Ratlosigkeit versetzt, ist eine Umwandlung des Epitaphs Rilkes, dessen Grab in Raron (Wallis) Celan am 31. März 1961 («Karfreitagsfahrt»)[109] besuchte. Rilke selbst hat dieses kurze Gedicht zu seinem Grabspruch bestimmt. Sein Text lautet:


Rose, oh reiner Widerspruch, Lust,Niemandes Schlaf zu sein unter sovielLidern.[110]


Aus der Rose, die bei Rilke «Niemandes Schlaf» ist, wurde die Neuschöpfung «Niemandsrose», die zwar aus Rilkes Zeilen erwächst, im Grunde aber einen ganz anderen semantischen und symbolischen Kontext erweckt. Die Konnotationen, die hier entstehen, führen die Rose aus ihrem immanenten Schlafzustand in die Beziehung der anonymen Zugehörigkeit, in die Sphäre der negativen (apophatischen) Theologie über, wo Niemand ein Substitut des abwesenden Gottes ist, und die Rose selbst als eine mystische Rose erscheint, die im mythologischen Denken vieler Völker und insbesondere in der christlichen Tradition tief verwurzelt ist. Wenn Gott aber abwesend, ein Niemand ist, so scheint auch die Rose, die ihm gehört, kaum präsent zu sein, sie existiert nicht. Die Possessivbeziehung, die hier auf den ersten Blick so klar ausgedrückt ist, verliert dann jede Begründung. Die Rose hat keinen Geruch mehr, keine Farbe, keine festen Konturen. Sie hat nur noch einen Namen — die Rose, aber im dichterischen Sinne blüht sie. «Die Niemandsrose gehört niemandem, sie hat keine Identität, die auf Grund der Zugehörigkeit gebildet werden kann. Sie ist ein Nichts im Zustand des Blühens, und dieser Zustand hängt mit dem Schreiben zusammen»[111], — bemerkt dazu Yoko Tawada. Eines der wichtigsten Lebensorgane der Rose — wie vieler anderer Blumen — ist der Griffel (lat. pistillum), ein Wort, das im Deutschen auch die Bedeutung des antiken Schreibinstruments (griech. grapheion, lat. stilus) hat. In Celans programmatischem Gedicht «Psalm» sind diese beiden semantischen Bedeutungen aktiviert und zusammen gebunden.

Den Band Die Niemandsrose bezeichnete der Dichter in einem Gespräch mit Alfred Kelletat als ein «Intermezzo zwischen Sprachgitter und Atemwende»[112]. Diese Aussage sollte aber nicht täuschen, denn der Gedichtband ist kein Übergangs- oder Zwischenstadium, er hat ein sehr stark ausgeprägtes eigenes Profil und zeichnet sich durch mehrere innovative Züge aus. Vor allem bedeutet er einen originellen Daseinsentwurf, die Konstruierung eines eigenen Universums mit Elementen, die kein bisheriger Band mit solch dichter Intensität vorzeigen konnte. Er ist also nicht nur ein Mittel-, sondern auch ein Höhepunkt im Gesamtwerk des Dichters und vielleicht sein wichtigster Gedichtband, in dem sich alle Themen und Motive seines bisherigen Schaffens exemplarisch gekreuzt haben: jüdische Geschichte, Mythologie und Religion mit ihren mystischen Zügen und dem sehr persönlich gefärbten Leiden an der Shoah, menschliche Existenz im Weltall, Kreislauf der Evolution, ihre Irrwege und Aussichten, kulturelle Identität, Modalitäten des dichterischen Sprechens und Sprachkritik, Erotik und Liebe, Sehnsucht nach einer besseren Welt… Ein so reiches thematisches Spektrum kann man nur selten in einem Gedichtband des modernen Autors treffen.

Die Gedichte der Niemandsrose, die zwischen 1959 und 1963 entstanden sind, spiegeln in 53 Texten «den lyrischen Reflex existenziell besonders schwieriger Jahre»[113] wieder, die sich durch eine ernste Ehekrise, die widerwärtige Plagiatsinfamie Claire Golls, die ihn zutiefst erschüttert, die dadurch ausgelösten seelischen Depressionen und den ersten Klinikaufenthalt, aber auch durch den Beginn seiner langjährigen Arbeit als Lektor an der Ecole Normale Superieure, den regen Gedankenaustausch mit Nelly Sachs, die Entdeckung der russischen Poesie und die Verleihung des Büchner-Preises charakterisieren. In diese Lebensphase fällt auch die Arbeit an seinem bedeutenden Prosatext «Gespräch im Gebirg», der eine imaginäre Begegnung mit Theodor Adorno antizipiert sowie an seiner poetologisch wichtigsten Büchnerpreisrede «Meridian».

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