Claire war bei dem Getöse mit großen Augen herumgefahren. Sie blickte zu Jamie auf, sah ihrem verschwundenen Pferd nach, dann wieder zu ihm. Sie zuckte entschuldigend mit den Achseln, die Hände voller zerfledderter Blätter und angegammelter Wurzeln.
»Tut mir leid«, sagte sie, doch er sah, wie sich ihr Mundwinkel verzog und ihr die Röte in die Wangen stieg. Ein Lächeln glitzerte in ihren Augen wie Morgenlicht auf einem Forellenbach. Ganz gegen seine Absicht spürte er, wie die Anspannung in seinen Schultern nachließ. Er hatte vorgehabt, ihr eine Strafpredigt zu halten; wollte es eigentlich immer noch, aber die Worte wollten ihm einfach nicht über die Lippen.
»Na dann herauf mit dir, Frau«, sagte er stattdessen schroff und wies kopfnickend hinter sich. »Ich will mein Essen.«
Sie lachte ihm zu, schürzte ihre Röcke und kletterte auf das Pferd. Mürrisch über diese zusätzliche Last, fuhr Gideon herum, um nach irgendetwas Erreichbarem zu beißen. Jamie war darauf vorbereitet; er klatschte dem Hengst das Zügelende fest auf die Nase, worauf dieser überrascht schnaubend zurückfuhr.
»Dir werd ich’s zeigen, du alter Schuft.« Er zog sich den Hut in die Stirn und sorgte dafür, dass seine Frau sicher saß, die flatternden Röcke unter den Oberschenkeln festgesteckt, die Arme um seine Taille gelegt. Sie ritt ohne Schuhe und Strümpfe, und ihre entblößten, langen Unterschenkel hoben sich weiß von Gideons dunkelbraunem Fell ab. Er nahm die Zügel auf und gab dem Pferd etwas fester als unbedingt notwendig die Fersen.
Gideon stellte sich prompt auf die Hinterbeine, ging rückwärts, wand sich und versuchte, sie beide an einem tief hängenden Pappelast abzustreifen. Das Kätzchen, das sich unsanft aus dem Schlaf geweckt fand, senkte sämtliche Klauen in Jamies Bauch und jaulte alarmiert auf, doch das Geräusch ging in Jamies sehr viel lauterem Schrei völlig unter. Fluchend riss er den Kopf des Pferdes halb herum und trat mit dem linken Bein nach dessen Hinterhand.
Gideon, der nicht so leicht aufgab, machte einen Satz wie ein Korkenzieher. Es ertönte ein leiser Aufschrei, gefolgt von einem plötzlichen Gefühl der Leere hinter ihm, und Claire landete wie ein Mehlsack im Gebüsch. Das Pferd gab plötzlich dem Ziehen in seinem Maul nach und schoss in die falsche Richtung über den Pfad, stürzte sich mitten in ein Brombeergebüsch und machte dann eine Vollbremsung, bei der es beinahe auf dem Hintern landete und einen Schauer von Drecksklumpen und Laub auslöste. Dann richtete es sich wie eine Schlange gerade, schüttelte den Kopf und trottete völlig ungerührt zwecks gegenseitigen Beschnupperns zu Rogers Pferd hinüber, das am Rand der Lichtung stand und die Darbietung mit demselben perplexen Ausdruck betrachtete wie sein abgestiegener Reiter.
»Alles in Ordnung da drüben?«, fragte Roger und zog eine Augenbraue hoch.
»Sicher doch«, erwiderte Jamie und versuchte, gleichzeitig nach Luft zu schnappen und sich ein würdevolles Aussehen zu geben. »Und selbst?«
»Wunderbar.«
»Gut.« Bei diesem Wort schwang er sich schon aus dem Sattel, warf MacKenzie die Zügel zu, ohne abzuwarten, ob er sie fing, und rannte zum Pfad zurück. »Claire! Wo bist du?«
»Hier drüben!«, rief sie fröhlich. Sie trat aus dem Schatten der Pappeln hervor. Ein paar Blätter hatten sich in ihrem Haar verfangen, und sie humpelte ein wenig, doch ansonsten sah sie unverletzt aus. »Ist dir etwas passiert?«, rief sie mit fragendem Gesichtsausdruck.
»Nein. Ich werde dieses Pferd erschießen.« Er nahm sie kurz in den Arm, um sich zu vergewissern, dass sie wirklich unverletzt war. Sie atmete schwer, fühlte sich jedoch beruhigend handfest an und küsste ihn auf die Nase.
»Nun, erschieß es nicht, bevor wir zu Hause sind. Ich habe keine Lust, die letzte Meile auf nackten Füßen zu laufen.«
»Heh! Lass das, du Mistkerl!«
Er ließ Claire los, und als er sich umdrehte, sah er, wie Roger Gideon eine Faust voll mitgenommen aussehender Pflanzen unter der vorwitzigen Ramsnase wegriss. Noch mehr Pflanzen – wohin sollte diese Sammelmanie noch führen? Claire keuchte immer noch von ihrem Sturz, beugte sich jedoch mit interessiertem Gesicht vor, um sie sich anzusehen.
»Was hast du da, Roger?«
»Für Brianna«, sagte er und hielt sie hoch, damit Claire sie in Augenschein nehmen konnte. »Sind das die richtigen?« In Jamies voreingenommenen Augen sahen sie aus wie die vergilbten Spitzen von Möhren, die ausgetrieben hatten und die man dann zu lange im Boden gelassen hatte, aber Claire betastete die gammeligen Blätter und nickte zustimmend.
»O ja«, sagte sie. »
Jamie machte ein leises, taktvolles Geräusch, um anzudeuten, dass sie sich vielleicht besser auf den Weg machten, da Brianna und die langsamere Chisholmsippe sie bald eingeholt haben würden.
»Ja, einverstanden«, sagte Claire und tätschelte seine Schulter mit einer Geste, die wahrscheinlich beruhigend gedacht war. »Reg’ dich nicht auf, wir gehen ja schon.«