»Wirklich?«, sagte er und sein Interesse an Christie stieg beträchtlich. Ein Schulmeister, wie? Es würde Brianna unendlich freuen, ihre unfreiwillige Anstellung als Paukerin aufgeben zu können. Und Christie machte den Eindruck, als sei er mehr als fähig, mit renitenten Schülern fertig zu werden. »Was führt Euch denn hierher, Mr. Christie? South Carolina ist doch ziemlich weit weg.«
Der Mann zuckte mit seinen breiten Schultern. Er war von der Reise mitgenommen und ziemlich staubig, aber sein Rock war aus anständigem Tuch, und er trug ordentliche Schuhe.
»Meine Frau ist gestorben«, sagte er schroff. »An der Influenza. Ebenso wie Mr. Everett, der Plantagenbesitzer. Sein Erbe hatte keinen Bedarf für meine Dienste, und ich hatte nicht den Wunsch, ohne Anstellung dort zu bleiben.« Er sah Roger durchdringend an. »Ihr habt gesagt, Mr. Fraser ist nicht abkömmlich. Wie lange wird es bis zu seiner Rückkehr dauern?«
»Das kann ich nicht sagen.« Roger tippte sich mit der Spitze der Feder gegen die Zähne und zögerte. Er konnte tatsächlich nicht sagen, wie lange Jamie verhindert sein würde; gestern Abend hatte er ausgesehen, als befände er sich nur mit knapper Not unter den Lebenden. Selbst wenn er sich ohne weitere Komplikationen erholte, war es gut möglich, dass er noch länger krank war. Und er wollte Christie nur ungern fortschicken oder warten lassen; es war spät im Jahr, und es blieb nicht mehr viel Zeit, wenn man den Mann und seine Familie für den Winter unterbringen wollte.
Er blickte vom Vater auf den Sohn. Beide waren hochgewachsene Männer von kräftigem Aussehen. Keiner von ihnen sah nach einem Trunkenbold oder Rüpel aus, und beide hatten Schwielen an den Händen, die verrieten, dass ihnen körperliche Arbeit zumindest nicht fremd war. Sie hatten eine Frau, die sich um ihre häuslichen Bedürfnisse kümmern würde. Und von der Bruderschaft der Freimaurer einmal ganz abgesehen, war Christie einer von Jamies Männern aus Ardsmuir. Er wusste, dass Jamie sich immer besonders bemühte, um für solche Männer eine Bleibe zu finden.
Roger fasste einen Beschluss. Er zog ein leeres Blatt Papier hervor und entfernte den Deckel des Tintenfasses. Er räusperte sich erneut.
»Nun gut, Mr. Christie. Ich denke, wir können zu einer … Übereinkunft kommen.«
Er war angenehm überrascht, als sich die Tür des Studierzimmers öffnete und Brianna mit einem Tablett voller Brötchen und Bier herein kam. Sie senkte bescheiden den Blick, als sie es auf den Tisch stellte, doch er fing das amüsierte, in seine Richtung zielende Aufblitzen unter ihren Wimpern auf. Er senkte lächelnd den Kopf und berührte zur Erwiderung sacht ihr Handgelenk, als sie die Gläser vor ihn stellte. Diese Geste erinnerte ihn an Christies Händedruck, und er fragte sich, ob Brianna irgendetwas über Jamies Geschichte in dieser Hinsicht wusste. Er hielt es für ausgesprochen unwahrscheinlich; sie hätte es doch mit Sicherheit erwähnt.
»Brianna, du kannst unsere neuen Pächter begrüßen«, sagte er und wies kopfnickend auf die Christies. »Mr. Thomas Christie und …«
»Mein Sohn Allan«, sagte Christie mit einem Ruck seines Kopfes, »und meine Tochter Malva.«
Der Sohn hatte nichts vom eulenähnlichen Aussehen des Vaters; er war viel hellhäutiger und hatte ein breites, kantiges, glatt rasiertes Gesicht, obwohl er das gleiche fedrige, dunkle Büschelhaar hatte. Er reagierte mit einem Kopfnicken auf die Vorstellung durch seinen Vater und hielt dabei die Augen auf die Erfrischungen gerichtet.
Das Mädchen – Malva? – blickte kaum auf und hielt die Hände bescheiden auf dem Schoß gefaltet. Roger hatte den vagen Eindruck, dass sie groß war. Sie war vielleicht siebzehn oder achtzehn, ordentlich mit einem dunkelblauen Kleid und einem weißen Häubchen bekleidet, und eine weiche Krause aus schwarzen Locken umkränzte knapp sichtbar ihr blasses, ovales Gesicht. Ein weiteres Argument zu Christies Gunsten, dachte Roger geistesabwesend; Mädchen im heiratsfähigen Alter waren selten, erst recht, wenn sie hübsch waren. Malva Christie würde bestimmt noch vor der Frühjahraussaat mehrere Anträge bekommen.
Brianna nickte ihnen nacheinander zu und betrachtete vor allem das Mädchen mit Interesse. Dann ertönte lautes Kreischen aus der Küche, und sie huschte mit einer gemurmelten Entschuldigung davon.
»Mein Sohn«, sagte Roger entschuldigend. Er hielt ein Glas Bier hoch. »Möchtet Ihr eine Erfrischung, Mr. Christie?«
Die Pachtverträge wurden in der linken Schublade des Schreibtisches aufbewahrt; er kannte sie und wusste in den Grundzügen, wie sie aussahen. Dem Pächter wurden zunächst fünfzig Acres zur Verfügung gestellt, bei Bedarf konnte weiteres Land dazugepachtet werden, und die Bezahlung wurde individuell vereinbart. Nach kurzer Diskussion bei Bier und Gebäck gelangten sie zu einer Einigung, die ihm angemessen erschien.