»Das kann ich mir vorstellen, Sassenach. Es ist ein Freimaurerkompass.«
»Wirklich?« Ich kniff die Augen zu, dann sah ich Jamie an. »War Cameron denn Freimaurer?«
Er zuckte mit den Achseln und fuhr sich mit der Hand durch das Haar. Jamie sprach niemals von seiner Verbindung zu den Freimaurern. Er war in Ardsmuir zum Freimaurer geworden, und ganz abgesehen davon, dass diese Gesellschaft ihren Mitgliedern Geheimhaltung auferlegte, sprach er kaum je von den Dingen, die sich dort zwischen den feuchten Steinmauern abgespielt hatten.
»Rawlings muss auch einer gewesen sein«, sagte er. Es war ihm deutlich anzusehen, dass es ihm widerstrebte, über die Freimaurerei zu sprechen, dass es ihn jedoch drängte, seine logischen Schlüsse zu ziehen. »Sonst hätte er nicht gewusst, was das ist.« Er tippte mit seinem langen Finger auf den Kompass.
Ich wusste nicht genau, was ich als Nächstes sagen sollte, wurde jedoch in meiner Unentschlossenheit von Adso gerettet, der ein Paar bernsteinfarbener Flügel ausspuckte und auf der Suche nach weiteren Appetithäppchen auf den Schreibtisch sprang. Jamie griff mit einer Hand nach dem Tintengefäß und hielt die andere schützend über seinen neuen Federkiel. Seiner Beute beraubt, schlenderte Adso zur Tischkante und setzte sich auf Jamies Briefstapel. Adsos Schwanz wedelte sanft, während er vorgab, die Aussicht zu bewundern.
Jamie kniff angesichts dieser Unverschämtheit die Augen zusammen.
»Nimm deinen pelzigen Hintern von meiner Korrespondenz, du kleines Biest«, sagte er und stach mit der Spitze seines Federkiels nach Adso. Adso riss seine großen, grünen Augen weit auf, heftete sie gebannt auf das Ende der wedelnden Feder, und seine Schulterblätter spannten sich erwartungsvoll an. Jamie wackelte verlockend mit dem Federkiel, und Adso hieb vergeblich mit der Tatze danach.
Ich griff hastig nach der Katze, bevor ein Unglück geschehen konnte, und hob sie mit einem überraschten und entrüsteten Protestgeräusch von den Papieren.
»Nein, das ist
Ich griff mit der freien Hand nach dem Notizbuch, doch zu meiner Überraschung gebot Jamie mir Einhalt.
»Lass es mich noch ein wenig behalten, Sassenach«, sagte er. »Der Gedanke, dass ein französischer Freimaurer des Nachts in River Run herumspaziert, ist wirklich sehr merkwürdig. Ich würde gern sehen, was Dr. Rawlings sonst noch zu sagen hat, wenn er ins Lateinische verfällt.«
»Nun gut.« Ich hob mir Adso, der in freudiger Erwartung der Küchenschaben laut zu schnurren begonnen hatte, auf die Schulter und blickte aus dem Fenster. Die Sonne war hinter den Kastanien zu einem brennenden Glühen versunken, und ich konnte Frauen- und Kinderstimmen aus der Küche hören. Mrs. Bug begann gerade, den Tisch zu decken, und Brianna und Marsali halfen ihr dabei.
»Gleich gibt es Abendessen«, sagte ich und beugte mich nieder, um Jamie auf den Scheitel zu küssen, der vom letzten Sonnenlicht in Feuer getaucht wurde. Er hob lächelnd den Finger an die Lippen und dann zu mir, doch als ich die Tür erreichte, hatte er sich schon wieder über die dicht beschriebenen Seiten gebeugt. Das einzelne Blatt mit den drei schwarzen Worten lag am Rand des Schreibtischs, vergessen – für den Augenblick.
Kapitel 97
Variationen in Blut
Draußen vor der Tür sah ich etwas Braunes aufblitzen, und Adso schoss vom Tisch, als hätte jemand »Fisch!« gerufen. Offenbar fast genauso gut; es war Lizzie, die sich auf dem Rückweg von der Milchkammer befand, in der einen Hand eine Schale mit angedicktem Rahm, in der anderen ein Buttergefäß, dazu hielt sie einen großen Milchkrug an ihre Brust gepresst, den sie mit ihren gefalteten Händen gerade eben festhalten konnte. Adso wand sich um ihre Knöchel wie ein pelziges Seil, und man konnte ihm ansehen, dass er hoffte, sie zum Stolpern zu bringen, so dass sie ihre Last fallen ließ.
»Überleg’s dir gut, Kater«, sagte ich zu ihm und streckte die Hand aus, um den Milchkrug zu retten.
»Oh, danke, Ma’am.« Lizzie entspannte sich und ließ mit einem kleinen Seufzer die Schultern sinken. »Ich wollte mir einfach nur den zweiten Weg ersparen.« Sie zog die Nase hoch und versuchte, sie an ihrem Unterarm abzuwischen, wodurch sie die Butter in Gefahr brachte.
Ich zupfte ein Taschentuch aus meiner Tasche und hielt es ihr unter die Nase, wobei ich den mütterlichen Impuls unterdrückte, »jetzt pusten« zu sagen.
»Danke, Ma’am«, wiederholte sie und neigte den Kopf.
»Geht es dir auch gut, Lizzie?« Ohne eine Antwort abzuwarten, nahm ich sie beim Arm und zog sie in mein Sprechzimmer, wo ich im Licht der großen Fenster genug sehen konnte.
»Mir geht es bestens, Ma’am. Wirklich, ich habe nichts!«, protestierte sie und hielt den Rahm und die Butter wie zum Schutz an sich gepresst.