»Es wird schon wieder«, sagte sie. »Es wird alles gut.«
»Ja«, sagte ich und lächelte, obwohl mir die Tränen in die Augen stiegen.
Ich konnte sie nicht lehren, eine Ärztin zu werden. Doch offenbar hatte ich ihr unbeabsichtigt irgendwie beigebracht, eine Mutter zu sein.
»Du solltest dich hinlegen«, sagte sie und zog zögernd ihre Hände fort. »Es dauert noch mindestens eine Stunde, bis sie hier sind.«
Ich atmete mit einem Seufzer aus und spürte, wie mich der Friede des Hauses umfing. Fraser’s Ridge mochte Rosamund Lindsay nur kurze Zeit Zuflucht gewährt haben, doch es war ihr ein echtes Zuhause gewesen. Wir würden ihr in Frieden die letzte Ehre erweisen.
»Eine Sekunde noch«, sagte ich und wischte mir die Nase ab. »Ich muss erst noch etwas fertig machen.«
Ich setzte mich gerade hin und schlug mein Buch auf. Ich tauchte den Kiel in die Tinte und begann mit dem Verfassen der Zeilen, die nötig waren, um des unbekannten Arztes willen, der mir folgen würde.
Kapitel 107
Zugunruhe
Ich erwachte in Schweiß gebadet. Die dünne Chemise, in der ich schlief, klebte an mir fest, durchsichtig vor Feuchtigkeit; selbst im gedämpften Licht der unverschlossenen Fensterläden schien meine Haut in dunklen Flecken durch den Stoff. In meinem unruhigen Schlaf hatte ich Laken und Bettdecke zur Seite getreten und lag mit ausgestreckten Gliedern da, das Leinenhemd bis über die Oberschenkel hochgezogen – und dennoch pulsierte meine Haut vor Hitze, und die drückende Wärme überflutete mich in Wellen wie flüssiges Kerzenwachs.
Ich schwang meine Beine über die Bettkante und stand auf. Ich fühlte mich benommen und körperlos. Mein Haar war klatschnass, und mein Hals glitschig vor Schweiß; ein Schweißrinnsal lief zwischen meinen Brüsten hindurch, wo es verschwand.
Jamie schlief noch; ich konnte die Wölbung seiner zur Seite gekehrten Schulter sehen, und sein Haar lag dunkel auf dem Kissen ausgebreitet. Er regte sich schwach und murmelte etwas, verfiel dann aber wieder in den regelmäßigen Atem des Schlafes. Ich brauchte Luft, wollte ihn aber nicht wecken. Ich schob das Gazenetz beiseite, trat leise zur Tür und ging in den Abstellraum auf der anderen Flurseite.
Es war ein kleiner Raum, aber er hatte ein großes Fenster, passend zu dem unseres Schlafzimmers. Dieses hier war noch nicht verglast; es war nur mit hölzernen Fensterläden verschlossen, und ich konnte spüren, wie die Nachtluft durch die Spalten drang, über den Fußboden wirbelte und meine nackten Beine liebkoste. Voll Sehnsucht nach ihrer Kühle entledigte ich mich meines feuchten Hemdes und seufzte erleichtert, als mir der Luftzug aufwärts über Hüften, Brüste und Arme strömte.
Doch auch hier herrschte die gleiche Hitze, die mit jedem Herzschlag in heißen Wellen über meine Haut pulste. Ich tastete mich in der Dunkelheit vor, um die Fensterläden zu entriegeln und aufzuschieben, und schnappte gierig nach der kühlen Nachtluft, die auf mich einströmte.
Von hier aus konnte ich über die Bäume hinwegsehen, die das Haus abschirmten, fast bis zu der feinen, schwarzen Linie des Flusses in der Ferne. Der Wind regte sich murmelnd in den Baumwipfeln und umwehte mich mit seiner herrlichen Kühle und dem durchdringenden, grünen Duft von Laub und Sommersäften. Ich schloss die Augen und stand still; innerhalb weniger Minuten war die Hitze fort, verschwunden wie eine erloschene Kohle, und ich war zwar immer noch feucht, aber friedvoll.
Ich wollte noch nicht ins Bett zurück; mein Haar war feucht, und die Laken würden an der Stelle, wo ich gelegen hatte, klamm sein. Ich stützte mich nackt auf die Fensterbank und spürte an meinem ganzen Körper die Daunenhärchen angenehm prickeln, als sich meine Haut abkühlte. Das beruhigende Rauschen der Bäume wurde vom leisen Jammern eines Kindes unterbrochen, und ich blickte in Richtung der Blockhütte.
Sie stand etwa hundert Meter vom Haus entfernt; der Wind musste in meine Richtung stehen, um das Geräusch so weit zu tragen. Und natürlich wechselte er jetzt die Richtung, als ich mich aus dem Fenster lehnte, und das Weinen wurde vom Blätterrauschen verschluckt. Doch der Windstoß ging vorbei, und ich konnte das Kreischen in der Stille hören, lauter jetzt.
Es war lauter, weil es näher kam. Ich hörte ein Quietschen und das Ächzen von Holz, als sich die Tür der Blockhütte öffnete und jemand ins Freie trat. In der Hütte brannte keine Kerze oder Lampe, und der kurze Blick, den ich auf die heraustretende Gestalt erhaschte, zeigte mir nur den Umriss eines hochgewachsenen Menschen vor dem gedämpften Glühen des abgedeckten Herdfeuers in der Hütte. Er schien langes Haar zu haben – aber Roger und Brianna schliefen beide mit offenem Haar und ohne Haube. Es war ein schönes Bild, sich vorzustellen, wie sich Rogers schwarz glänzende Locken auf dem Kissen mit Briannas Feuer vermischten – schliefen sie auf einem gemeinsamen Kissen?, fragte ich mich plötzlich.