Читаем Outlander - Der Ruf der Trommel: Roman (Die Outlander-Saga 4) (German Edition) полностью

Ich war durchgefroren. Obwohl ich mir größte Mühe gab, fest in meinen Umhang gewickelt zu bleiben, riss der Wind ihn mir vom Leib und blähte ihn auf wie ein Segel. Er flatterte dem Jungen, der neben mir herging, um den Kopf und riss mich mit jedem Windstoß im Sattel zur Seite. Der Regen drang zwischen den wehenden Falten wie gefrorene Nadeln ein, und ich war bis auf Kleid und Unterröcke durchnässt, noch ehe wir den Bach namens Mueller’s Creek erreichten.

Der Bach selbst brodelte an uns vorbei, und entwurzelte Schösslinge, Felsen und versunkene Äste stiegen dann und wann an seine Oberfläche.

Tommy Mueller warf einen Blick auf die Flut und hatte dabei die Schultern fast bis zur Krempe des Schlapphutes hochgezogen, den er sich über beide Ohren gestülpt hatte. Jede Linie seines Körpers drückte Zweifel aus, daher bückte ich mich, um ihm ins Ohr zu rufen.

»Bleib hier!«, brüllte ich und versuchte, das Heulen des Windes zu übertönen.

Er schüttelte den Kopf und rief mir etwas zu, doch ich konnte ihn nicht hören. Ich schüttelte meinerseits heftig den Kopf und zeigte mit der Hand auf das Ufer; der schlammige Boden bröckelte schon ab – ich konnte förmlich zusehen, wie die schwarze Erde klumpenweise fortgewaschen wurde.

»Geh zurück!«, rief ich.

Er machte ebenfalls eine nachdrückliche Handbewegung – zurück zum Bauernhaus – und griff mir in die Zügel. Er hielt es offensichtlich für zu gefährlich; er wollte, dass ich mit zum Haus zurückkehrte, um dort das Ende des Sturms abzuwarten.

Er hatte definitiv nicht unrecht. Andererseits konnte ich zusehen, wie der Fluss breiter wurde und die hungrige Flut Brocken und Klumpen aus dem weichen Ufer fraß. Wenn wir noch länger warteten, würde niemand mehr hinüberkönnen – und es würde noch tagelang nicht sicher sein; ein solches Hochwasser konnte bis zu einer Woche dauern, solange noch Regenwasser aus den höheren Berglagen herunterlief und die Flut nährte.

Die Vorstellung, in einem Vierzimmerhaus mit allen zehn Muellers eingepfercht zu sein, reichte aus, um mich zum Leichtsinn zu treiben. Ich entriss Tommy die Zügel und wandte mich um. Mein Pferd schüttelte sich den Regen vom Kopf und bewegte sich vorsichtig auf dem glitschigen Schlamm.

Wir gelangten an die obere Uferböschung, wo uns eine dichte Laubschicht besseren Halt gab. Ich drehte das Pferd um, wies Tommy an, aus dem Weg zu gehen, und beugte mich vor wie eine Hindernisreiterin. Meine Ellbogen gruben sich in den Sack voll Gerste, der vor mir über den Sattel gebunden war – die Bezahlung für meine Dienste.

Diese Verlagerung meines Gewichtes reichte aus; das Pferd war genauso wenig darauf versessen wie ich, hier noch länger zu bleiben. Ich spürte den plötzlichen Ruck, als sich seine Hinterhand senkte und anspannte, und dann rasten wir die Böschung hinunter wie ein durchgedrehter Rodelschlitten. Ein Stoß und ein schwindelerregender Moment des freien Falls, dann fand ich mich bis über die Oberschenkel in eiskaltem Wasser wieder.

Meine Hände waren so kalt, dass sie mit den Zügeln hätten verschweißt sein können, doch ich konnte dem Pferd keinerlei Führungshilfen geben. Ich ließ die Arme sinken und überließ dem Pferd die Zügel. Ich spürte, wie sich beim Schwimmen seine kräftigen Muskeln rhythmisch unter mir bewegten und sich das Wasser mit immer stärkerem Druck an uns vorbeidrängte. Es zerrte an meinen Röcken und drohte mich vom Pferd in die Strömung zu reißen.

Dann ein Ruck, Hufe scharrten auf dem Grund des Baches, und wir waren draußen, wassertriefend wie ein Sieb. Ich drehte mich im Sattel um und sah Tommy Mueller mit offenem Mund am anderen Ufer stehen. Ich konnte die Zügel nicht loslassen, um zu winken, doch ich verneigte mich formell vor ihm, trieb dann das Pferd mit den Absätzen an und wandte mich heimwärts.

Die Kapuze meines Umhangs war mir bei dem Sprung vom Kopf gerutscht, doch es machte keinen großen Unterschied; ich konnte kaum noch nasser werden. Ich strich mir mit dem Handgelenk eine feuchte Haarsträhne aus den Augen und trieb das Pferd auf den Pfad, der ins Bergland führte, erleichtert, dass es nach Hause ging, und wenn es noch so regnete.

Ich hatte drei Tage im Blockhaus der Muellers verbracht und die achtzehnjährige Petronella bei ihrer ersten Geburt betreut. Es würde auch ihre letzte sein, sagte zumindest Petronella. Als ihr siebzehnjähriger Ehemann am Mittag des zweiten Tages einen zaghaften Blick ins Zimmer geworfen hatte, war er mit einem Schwall deutscher Schimpfworte empfangen worden, der ihn mit schamroten Ohren in das Männerrefugium in der Scheune hatte zurückstolpern lassen.

Ein paar Stunden später hatte ich Freddy – der viel jünger aussah als siebzehn – schüchtern am Bett seiner Frau knien sehen, und sein Gesicht war weißer gewesen als ihr Nachthemd, als er zögernd einen sauber geschrubbten Finger ausstreckte, um die Decke zur Seite zu schieben, die seine Tochter umhüllte.

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