»Ja. Die Tuscarora nennen mich Weißer Rabe«, sagte ich, und das Mädchen fuhr erschrocken zusammen. Sie übersetzte es schnell für ihre Großmutter. Die Alte riss die Augen weit auf, und sie sah mich konsterniert an. Offenbar war dies nicht der vielversprechendste Name. Ich lächelte sie an, wobei ich den Mund geschlossen hielt; die Indianer entblößten normalerweise ihre Zähne nur beim Lachen.
Die Alte gab mir den Stein zurück. Sie studierte mich genau und sprach dann mit ihrer Enkeltochter, ohne mich aus den Augen zu lassen.
»Meine Großmutter hat gehört, dass auch Euer Mann einen Glitzerstein bei sich trägt«, dolmetschte das Mädchen. »Sie würde gern mehr darüber hören; was es für einer ist und wie Ihr daran gekommen seid.«
»Sie kann ihn sich gern ansehen.« Die Augen des Mädchens weiteten sich vor Überraschung, als ich in den Beutel an meiner Taille griff und den Stein hervorzog. Ich hielt der alten Frau den Stein hin; sie beugte sich vor und sah ihn sich genau an, machte aber keinerlei Anstalten, ihn mir abzunehmen.
Tewaktenyonhs Arme waren braun und unbehaart und hatten das Aussehen von glattem, von Falten durchzogenem Satinholz. Doch als ich jetzt hinsah, sah ich, wie sie von einer Gänsehaut überzogen wurden, als sich Haare, die es nicht mehr gab, in vergeblicher Abwehr sträubten.
Ich hatte die Worte der Dolmetscherin nicht nötig; ihr Blick traf den meinen direkt, und ich hörte die Frage deutlich, auch wenn die Worte noch so fremd waren.
»Wie ist dies zu Euch gelangt?«, sagte sie, und das Mädchen wiederholte es wörtlich.
Ich ließ die Hand offen liegen; der Opal schmiegte sich eng in meine Handfläche; seine Farben straften sein Gewicht Lügen, denn sie schillerten wie eine Seifenblase in meiner Hand.
»Er ist in einem Traum gekommen«, sagte ich schließlich, denn ich wusste nicht, wie ich es sonst erklären sollte.
Die alte Frau atmete in einem Seufzer aus. Die Furcht verschwand nicht ganz aus ihren Augen, wurde aber von etwas anderem überlagert – Neugier vielleicht? Sie sagte etwas, und eine der Frauen erhob sich von der Feuerstelle und kramte in einem Korb herum. Sie kam zurück, bückte sich neben der Alten und reichte ihr etwas.
Die Alte begann zu singen, leise, mit einer vom Alter gebrochenen Stimme, die dennoch immer noch kraftvoll war. Sie rieb die Hände über dem Feuer aneinander, und ein Schauer kleiner, brauner Partikel regnete auf das Feuer herab, um sogleich als Rauch wieder aufzusteigen, schwer vom Tabakduft.
Es war eine ruhige Nacht; von der Feuerstelle, wo die Männer tranken, konnte ich das Auf und Ab von Stimmen und lautem Gelächter hören. Ab und zu konnte ich ein Wort in Jamies Stimme ausmachen – er sprach Französisch. War Roger vielleicht so nah, dass er es auch hören konnte?
Ich holte tief Luft. Der Rauch stieg in einer dünnen, weißen Säule senkrecht vom Feuer auf, und der starke, süße Tabakduft vermischte sich mit dem Geruch der kalten Luft. Ich erinnerte mich plötzlich an Briannas Highschool-Fußballspiele; an anheimelnde Gerüche nach Wolldecken und Thermoskannen voll Kakao, Zigarettenrauchwölkchen, die aus der Menge hochschwebten. Weiter zurück lagen andere, schroffere Erinnerungen, an junge Männer in Uniform, die im gebrochenen Licht der Landeplätze ihre Glimmstengel ausdrückten und ihrer Schlacht entgegenrannten, und der Rauchgeruch in der Winterluft war das Einzige, was von ihnen übrig blieb.
Tewaktenyonh sprach, den Blick immer noch auf mich gerichtet, und die leise Stimme des Mädchens fiel ein.
»Erzählt mir diesen Traum.«
War es wirklich ein Traum, den ich ihr erzählen würde, oder eine Erinnerung wie diese, herbeigetragen auf den rauchenden Flügeln eines brennenden Baumes? Es spielte keine Rolle; hier waren all meine Erinnerungen Träume.
Ich erzählte es ihr, soweit ich konnte. Die Erinnerung – an den Sturm und meinen Unterschlupf unter den Wurzeln des Lebensbaumes, den Schädel, der zusammen mit dem Stein vergraben war – und den Traum; das Licht auf dem Berg und den Mann mit dem schwarz bemalten Gesicht – und ich verschmolz beides ohne Unterschiede.
Die Alte beugte sich vor, und das Erstaunen in ihren Gesichtszügen war ein Spiegelbild des Erstaunens ihrer Enkeltochter.
»Ihr habt den Feuerträger gesehen?«, platzte das Mädchen heraus. »Ihr habt sein
Die Alte ergriff gebieterisch das Wort; ihr Erschrecken war einem durchdringenden Blick des Interesses gewichen. Sie stieß das Mädchen an und wiederholte ungeduldig ihre Frage.
»Meine Großmutter fragt, könnt Ihr sagen, wie er ausgesehen hat; was er anhatte?«
»Nichts. Einen Lendenschurz, meine ich. Und er war angemalt.«
»Angemalt? Wie?«, fragte das Mädchen auf die scharfe Frage ihrer Großmutter hin.