Sie drehte sich auf den Rücken. Die glänzende Baumwolle des Lakens glitt liebkosend über die nackte Haut ihrer Brüste und Oberschenkel. Sie bemerkte das Gefühl unbewusst, und als sich ihre Brustwarze versteifte, hob sie automatisch die Hand, um ihre Brust zu umfassen, spürte in der Erinnerung Rogers große, warme Hand – und eine unvermittelte Welle des Verlangens. Dann fühlte sie in der Erinnerung den plötzlichen Griff groberer Hände, die sie kniffen und rieben, und das Verlangen verwandelte sich augenblicklich in ohnmächtige Wut. Sie warf sich auf den Bauch, die Arme unter den Brüsten gekreuzt und das Gesicht in ihrem Kissen vergraben, die Beine zusammengeklemmt und die Zähne in sinnloser Selbstverteidigung zusammengebissen.
Das Baby war ein großer, unbequemer Kloß; inzwischen war es unmöglich geworden, so zu liegen. Mit einem leisen, halb ausgesprochenen Fluch drehte sie sich um und wälzte sich aus dem Bett, fort von den verräterischen, verführerischen Laken.
Sie ging nackt durch das halbdunkle Zimmer, stellte sich erneut ans Fenster und blickte hinaus auf den niederprasselnden Regen. Ihr Haar hing ihr feucht über den Rücken, und Kälte kam durch das Glas und überzog die weiße Haut auf ihren Armen, Beinen und ihrem Bauch mit einer Gänsehaut. Sie machte weder Anstalten, sich zu bedecken, noch, zurück ins Bett zu gehen, sondern stand einfach nur da und blickte hinaus, eine Hand auf ihrem Kugelbauch, in dem es sanft zappelte.
Bald würde es zu spät sein. Schon als sie aufbrachen, hatte sie gewusst, dass es zu spät war – und ihre Mutter auch. Doch keine von ihnen hatte es der anderen eingestehen wollen; sie hatten beide so getan, als würde Roger rechtzeitig zurückkehren, als würde er mit ihr nach Hispaniola segeln, als würden sie den Rückweg durch die Steine finden – zusammen.
Sie legte ihre andere Hand auf das Glas; sogleich bildete sich ein Nebel aus Kondenswasser entlang der Umrisse ihrer Finger. Es war Anfang März; vielleicht blieben ihr noch drei Monate, vielleicht weniger. Die Reise zur Küste würde eine Woche dauern, vielleicht zwei. Doch kein Schiff würde im März die verräterischen Outer Banks riskieren. Anfang April, frühestens, bevor die Reise unternommen werden konnte. Wie lange bis zu den Westindischen Inseln? Zwei Wochen, drei?
Also Ende April. Und ein paar Tage, um ins Landesinnere zu gelangen, die Höhle zu finden; es würde langsam vorangehen, sich im achten Monat durch den Dschungel zu kämpfen. Und gefährlich sein, obwohl das eine relativ geringe Rolle spielte.
So könnte es geschehen, wenn Roger jetzt hier wäre. Doch das war er nicht. Vielleicht würde er auch nicht kommen, doch sie focht hart dagegen an, sich diese Möglichkeit auszumalen. Wenn sie nicht darüber nachdachte, auf wie viele Arten er sterben konnte, dann würde er auch nicht sterben; das war einer der Grundsätze ihres hartnäckigen Glaubens; die anderen lauteten, dass er noch nicht tot war und dass ihre Mutter zurückkommen würde, bevor das Kind geboren war. Was ihren Vater anging – wieder kochte ihre Wut hoch, wie immer, wenn sie an ihn dachte – ihn oder Bonnet –, also gab sie sich Mühe, so wenig wie möglich an sie zu denken.
Sie betete natürlich, so fest sie konnte, doch Beten und Warten war nicht ihre Sache; sie war zum Handeln geboren. Hätte sie doch nur mit ihnen gehen können, um Roger zu suchen!
Doch in dieser Hinsicht hatte sie keine Wahl gehabt. Sie biss die Zähne zusammen und breitete ihre Hand flach über ihren Bauch. Sie hatte in vielen Dingen keine Wahl gehabt. Doch sie hatte die eine Wahl getroffen – ihr Kind zu behalten –, und jetzt würde sie mit den Konsequenzen leben müssen.
Sie fing an zu zittern. Abrupt wandte sie sich vom Anblick des Sturms ab und ging zum Feuer. Eine kleine Flammenzunge spielte über die geschwärzte Rückseite eines rot knisternden Scheites, und das Herz der Holzkohlen glühte rot und weiß.
Sie sank auf den Teppich vor dem Kamin und schloss die Augen, als die Hitze des Feuers wohlige Wellen über ihre kalte Haut aussandte, liebkosend wie das Streicheln einer Hand. Diesmal unterdrückte sie jeden Gedanken an Bonnet, verweigerte ihm den Einlass in ihren Kopf und konzentrierte sich stattdessen mit aller Gewalt auf die wenigen kostbaren Erinnerungen, die sie an Roger hatte.