»Natürlich nicht, Tante Claire. Fische.«
Angesichts der drei skeptischen Gesichter, die ihn umringten, fiel Ian auf die Knie, ergriff die Schnauze des Tieres mit beiden Händen und zog sie auf.
»Ehrlich! Ich schwöre es, Onkel Jamie! Hier, riech mal seinen Atem!«
Jamie bedachte die zur Schau gestellte Doppelreihe eindrucksvoll glänzender Fänge mit einem verzweifelten Blick und rieb sich das Kinn.
»Ich – äh, ich glaube dir, Ian. Aber trotzdem – um Himmels willen, pass auf deine Finger auf, Junge!« Ian hatte seinen Griff gelockert, und die massiven Kiefer schnappten zu und versprühten Speicheltropfen über die Kaimauer.
»Alles in Ordnung, Onkel Jamie«, sagte Ian fröhlich und wischte sich die Hand an seiner Kniehose ab. »Er würde mich nicht beißen, da bin ich mir sicher. Er heißt Rollo.«
Jamie rieb sich mit den Fingerknöcheln über die Oberlippe.
»Mmpf. Tja, egal, wie er heißt und was er frisst, ich glaube nicht, dass der Kapitän der
Ian sagte nichts, doch der frohe Ausdruck verschwand nicht aus seinem Gesicht. Er wurde eher noch stärker. Jamie sah ihn an, bemerkte sein leuchtendes Gesicht und erstarrte.
»Nein«, sagte er entsetzt. »Oh nein.«
»Doch«, sagte Ian. Ein breites, überglückliches Lächeln breitete sich auf seinem hageren Gesicht aus. »Sie ist vor drei Tagen abgesegelt, Onkel Jamie. Wir sind zu spät gekommen.«
Jamie sagte etwas auf Gälisch, das ich nicht verstand. Duncan machte ein schockiertes Gesicht.
»Verdammt!«, sagte Jamie, indem er wieder ins Englische wechselte. »Verflucht noch mal!« Jamie nahm seinen Hut ab und rieb sich fest mit der Hand über das Gesicht. Er sah erhitzt, zerzaust und durch und durch verärgert aus. Er machte den Mund auf, überlegte es sich wieder anders, schluckte das, was er beinahe gesagt hätte, hinunter und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare, wobei er das Haarband losriss, das sie zusammenhielt.
Ian machte ein verlegenes Gesicht.
»Tut mir leid, Onkel Jamie. Ich werde versuchen, dir keinen Kummer zu machen, ehrlich. Und ich kann arbeiten, ich werd genug für mein Essen verdienen.«
Jamies Gesichtsausdruck wurde weicher, als er seinen Neffen ansah. Er seufzte tief und klopfte Ian auf die Schulter.
»Es ist nicht so, dass ich dich nicht dabeihaben möchte, Ian. Du weißt, dass mir nichts lieber wäre, als dich hierzubehalten. Aber was zum Teufel wird deine Mutter sagen?«
Das Leuchten kehrte in Ians Gesicht zurück.
»Ich hab keine Ahnung, Onkel Jamie«, sagte er. »Aber sie wird es in Schottland sagen, oder? Und wir sind hier.« Er legte seine Arme um Rollo und drückte ihn. Der Wolf schien etwas verwirrt über die Geste, doch einen Augenblick später rollte er seine lange, rosafarbene Zunge aus und leckte Ian genüsslich am Ohr. Eine kleine Kostprobe, dachte ich zynisch.
»Außerdem«, fügte der Junge hinzu, »weiß sie ganz genau, dass ich in Sicherheit bin – du hast ihr aus Georgia geschrieben, dass ich bei dir bin.«
Jamie brachte ein trockenes Lächeln zustande.
»Ich glaube nicht, dass dieses Wissen sie übermäßig beruhigen wird, Ian. Sie kennt mich schon ziemlich lange, aye?«
Er seufzte und klatschte sich den Hut wieder auf den Kopf.
»Ich muss dringend etwas trinken, Sassenach«, sagte er. »Lass uns dieses Wirtshaus suchen.«
Im Willow Tree war es dunkel, und es hätte kühl sein können, wenn weniger Gäste da gewesen wären. Doch die Tische und Bänke waren mit Zaungästen von der Hinrichtung und Seeleuten von den Docks besetzt, und es herrschte eine Atmosphäre wie in einem Dampfbad. Ich holte Luft, als ich in den Schankraum trat, und atmete schnell wieder aus. Es war, als atmete man durch ein Stück biergetränkte Schmutzwäsche.
Rollo stellte unverzüglich seinen Wert unter Beweis und zerteilte die Menge wie das Rote Meer, als er durch den Schankraum schlich, die Zähne zu einem konstanten, lautlosen Knurren entblößt. Kneipen waren ihm offenbar nicht neu. Nachdem er erfolgreich eine Eckbank für uns geräumt hatte, rollte er sich unter dem Tisch zusammen, und es sah so aus, als schliefe er ein.
Jetzt, wo Jamie der Sonne nicht mehr ausgesetzt war und ein großer Zinnkrug mit dunklem Ale sanft schäumend vor ihm stand, erlangte er schnell wieder seine übliche Selbstbeherrschung.
»Wir haben nur zwei Möglichkeiten«, sagte er und strich sich das schweißnasse Haar aus den Schläfen. »Wir können so lange in Charleston bleiben, bis wir vielleicht einen Käufer für einen der Steine finden und wir möglicherweise auf einem anderen Schiff Ians Überfahrt nach Schottland buchen können. Oder wir können uns nach Norden zum Cape Fear durchschlagen und vielleicht in Wilmington oder New Bern ein Schiff für ihn finden.«