»Alles in Ordnung, Mr. Wakefield?«, fragte der Spiegel. Der Porzellantürknauf klapperte.
»Natürlich!«, schimpfte er gereizt und warf einen finsteren Blick zur Tür. »Gehen Sie, Fiona, ich nehme ein Bad!«
Auf der anderen Seite der Tür kicherte es.
»Ooh, zweimal an einem Tag. Werden wir jetzt zum Dandy? Hätten Sie gern die Bay Rum Seife? Falls ja, ist sie im Schränkchen.«
»Nein danke«, fauchte er. Die Wanne war jetzt halbvoll, und er drehte die Hähne zu. Die plötzliche Stille war Balsam für seine Seele, und er sog sich die dampfende Luft tief in die Lungen. Er stieg ins Wasser und zuckte zusammen, weil es so heiß war. Vorsichtig ließ er sich hineinsinken und spürte, wie sich ein Schweißfilm über sein Gesicht zog, als ihm die Hitze durch den Körper fuhr.
»Mr. Wakefield?« Die Stimme war wieder da. Sie zwitscherte von der anderen Seite der Tür auf ihn ein wie ein Rotkehlchen, das seine Brut herumkommandiert.
»
»Nein, das haben Sie nicht«, sagte die Stimme.
»Doch, das habe ich.« Sein Blick überflog die eindrucksvolle Ansammlung von Flaschen, Gläsern und Gegenständen, die auf dem Wandregal über der Wanne aufgereiht standen. »Drei Sorten Shampoo. Haarspülung. Rasiercreme. Rasiermesser. Körperseife. Gesichtsseife. Rasierwasser. Duftwasser. Deostift. Alles da, Fiona.«
»Was ist denn mit Handtüchern?«, sagte die Stimme liebenswürdig.
Nachdem er einen wilden Blick durch das vollständig handtuchlose Innere des Badezimmers geworfen hatte, schloss Roger die Augen, biss die Zähne zusammen und zählte langsam bis zehn. Da das nicht reichte, erhöhte er auf zwanzig. Dann hatte er das Gefühl, antworten zu können, ohne dass ihm der Schaum vor dem Mund stand, und er sagte ruhig: »Also schön, Fiona. Legen Sie sie bitte vor die Tür. Und dann, bitte … bitte, Fiona …
Es raschelte draußen, gefolgt von Schritten, die sich widerstrebend entfernten, und Roger ergab sich mit einem erleichterten Seufzer den Freuden des Alleinseins. Friede. Ruhe. Keine Fiona.
Jetzt, da er objektiver über seine bestürzende Entdeckung nachdenken konnte, stellte er fest, dass ihn Briannas mysteriöser leiblicher Vater mehr als neugierig machte. Seiner Tochter nach zu schließen, musste der Mann von außergewöhnlicher körperlicher Attraktivität gewesen sein; hätte das allein gereicht, um eine Frau wie Claire Randall auf Abwege zu locken?
Er hatte sich ja schon gefragt, ob Briannas Vater wohl Schotte gewesen war. Lebte er in Inverness – oder
Ein plötzlicher Gedanke ließ ihn kerzengerade in der Wanne auffahren, so dass das Wasser wild gegen die Eisenwände platschte. Was, wenn es ihr gar nicht um den jakobitischen Soldaten aus dem achtzehnten Jahrhundert ging, sondern
Ja, dachte er, gut möglich, dass dies die Erklärung war. Was Claires Wunsch betraf, ihrer Tochter den Steinkreis selbst zu zeigen, vielleicht hing er ja ebenfalls mit dem Rätsel um ihren Vater zusammen; vielleicht war sie dem Mann dort begegnet, oder vielleicht war Brianna dort gezeugt worden. Roger wusste, dass der Steinkreis oft als Treffpunkt für Liebespaare diente; er war selbst öfter mit Mädchen dort gewesen, als er noch in der Schule war, und hatte darauf gebaut, dass der rätselhafte Ort ihnen etwas von ihrer Reserve nehmen würde. Es hatte immer funktioniert.
Plötzlich sah er vor seinem inneren Auge, wie Claire Randalls schlanke weiße Gliedmaßen in wilder Hingabe den nackten, angespannten Körper des rothaarigen Mannes umschlangen, beide Körper regenglänzend und fleckig vom zerdrückten Gras, ekstatisch unter den Steinen. Seine Vision war so schockierend detailliert, dass er zitterte und ihm der Schweiß über die Brust lief, um dann im dampfenden Badewasser zu verschwinden.
Himmel! Wie sollte er Claire Randall in die Augen sehen, wenn sie sich das nächste Mal gegenüberstanden? Und was würde er zu Brianna sagen? »Na, in letzter Zeit etwas Gutes gelesen? Irgendwelche guten Filme gesehen? Wissen Sie eigentlich, dass Sie ein uneheliches Kind sind?«