Den Nachlass des Reverends zu entsorgen, erfüllte Roger mit einer Art nervöser Melancholie. Er räumte hier schließlich nicht nur nutzlosen Kleinkram auf, sondern er demontierte auch die Bestandteile seiner eigenen Jugend. Als er sich schließlich nach dem Abendessen im Studierzimmer niederließ, hätte er nicht sagen können, ob es Neugier in Bezug auf die Randalls war, die ihn bewog, das Tagebuch zu ergreifen, oder schlicht der Drang, irgendwie noch einmal eine Verbindung zu dem Mann herzustellen, der so viele Jahre sein Vater gewesen war.
Die Tagebücher waren mit großer Sorgfalt geführt worden, und hielten in ebenmäßigen, mit Tinte verfassten Zeilen die wichtigsten Ereignisse der Gemeinde fest, der Reverend Wakefield so lange angehört hatte. Die rauhe Oberfläche des einfachen grauen Notizbuchs und der Anblick der Seiten rief Roger augenblicklich ein Bild des Reverends vor Augen, dessen Glatze im Licht der Schreibtischlampe glänzte, während er geschäftig die Ereignisse des Tages niederschrieb.
»Es hat etwas mit Disziplin zu tun«, hatte er Roger erklärt. »Eine regelmäßige Tätigkeit, die die Gedanken ordnet, hat etwas Wohltuendes an sich. Katholische Mönche halten jeden Tag zu festen Zeiten ihre Andachten ab, Priester haben ihr Brevier. Ich fürchte, diese Art der unmittelbaren Anbetung liegt mir nicht, aber aufzuschreiben, was sich im Lauf des Tages ereignet hat, hilft mir, einen klaren Kopf zu bekommen; dann kann ich ruhigen Herzens mein Abendgebet sprechen.«
Ruhigen Herzens. Roger wünschte, das gelänge ihm auch, doch er hatte keine Ruhe mehr, seit er die Zeitungsausschnitte im Schreibtisch des Reverends gefunden hatte.
Er öffnete das Buch an einer beliebigen Stelle und blätterte langsam weiter, während er nach einer Erwähnung des Namens »Randall« Ausschau hielt. Auf dem Umschlag des Notizbuchs war das Datum Januar – Juni 1948 angegeben. Es stimmte zwar, was er Brianna über den Heimatverein erzählt hatte, doch das war nicht der eigentliche Grund gewesen, warum er dieses Buch behalten hatte. Im Frühjahr 1948 war Claire Randall nach ihrem mysteriösen Verschwinden wieder aufgetaucht. Der Reverend hatte die Randalls gut gekannt; ein solches Ereignis musste in seinem Tagebuch Erwähnung gefunden haben.
Und da, der Eintrag für den 7. Mai:
Roger blätterte hastig weiter, um nach der nächsten Erwähnung der Randalls zu suchen, und fand sie etwas später in derselben Woche.