»Gott, Junge, es tut mir so leid.« Jamie sank neben dem Bett auf die Knie. Er konnte es kaum ertragen, den Blick auf den schmalen Unterarm zu richten, der auf der Bettdecke lag und dessen zerbrechliches, verbundenes Handgelenk im Nichts endete, doch er zwang sich, Fergus zur Begrüßung an der Schulter zu berühren und ihm sacht mit der Handfläche über das dichte dunkle Haar zu streichen.
»Tut es sehr weh?«, fragte er.
»Nein, Milord«, sagte Fergus. Dann verzog sich sein Gesicht plötzlich schmerzerfüllt und strafte ihn Lügen, und er grinste verlegen. »Nun ja, nicht sehr. Und Madame war spendabel mit dem Whisky.«
Auf dem Nachttisch stand ein gefülltes Glas, doch es fehlte nicht mehr als ein Fingerhut daraus. Fergus, der mit französischem Wein aufgewachsen war, hatte eigentlich nicht viel für Whisky übrig.
»Es tut mir leid«, sagte Jamie noch einmal. Sonst gab es nichts zu sagen. Nichts, was er sagen
»Ah, Milord, sorgt Euch nicht.« Ein Hauch des alten Schabernacks lag in Fergus’ Stimme. »Eigentlich bin ich doch ein Glückspilz.«
Jamie schluckte krampfhaft, ehe er antwortete.
»Aye, du lebst noch – Gott sei’s gedankt!«
»Oh, davon ganz abgesehen, Milord!« Als er den Kopf hob, sah er, dass Fergus lächelte, auch wenn er immer noch sehr blass war. »Erinnert Ihr Euch nicht an unsere Übereinkunft, Milord?«
»Übereinkunft?«
»Ja, als Ihr mich in Paris in Euren Dienst gestellt habt. Damals habt Ihr mir gesagt, sollte ich verhaftet und hingerichtet werden, würdet Ihr ein Jahr lang Messen für meine Seele lesen lassen.« Die Hand, die ihm geblieben war, flatterte zu dem zerkratzten grünlichen Medaillon um seinen Hals hinauf – St. Dismal, der Schutzpatron der Diebe. »Sollte ich jedoch in Euren Diensten ein Ohr oder eine Hand verlieren …«
»Würde ich dich den Rest deines Lebens unterstützen.« Jamie war sich nicht sicher, ob er lachen oder weinen sollte, und begnügte sich damit, die Hand zu tätscheln, die jetzt reglos auf der Bettdecke lag. »Aye, ich erinnere mich. Du kannst darauf vertrauen, dass ich zu meinem Wort stehen werde.«
»Oh, ich habe Euch immer vertraut, Milord«, versicherte ihm Fergus. Er wurde jetzt sichtlich müde; seine blassen Wangen waren noch weißer als zuvor, und das schwarze Haar fiel auf die Kissen zurück. »Also bin ich ein Glückspilz«, murmelte er, immer noch lächelnd. »Denn ich bin mit einem Schlag zum Müßiggänger geworden,
Jenny wartete auf ihn, als er aus Fergus’ Zimmer kam.
»Komm mit mir hinunter in das Priesterloch«, sagte er und nahm sie beim Ellbogen. »Ich muss mit dir sprechen, und ich möchte nicht im Freien bleiben.«
Sie folgte ihm wortlos in den mit Steinen gefliesten Flur zwischen der Küche und der Vorratskammer. Dort war ein großes, mit Löchern durchbohrtes Holzpaneel in die Steinfliesen eingelassen, das allem Anschein nach mit Mörtel auf dem Boden befestigt war. Theoretisch diente es der Belüftung des darunterliegenden Vorratskellers, und für den Fall, dass eine argwöhnische Person hier Nachforschungen anstellte, hatte der Vorratskeller, der durch eine in den Boden eingelassene Tür im Freien zu erreichen war, ein entsprechendes Paneel in seiner Decke.
Was man nicht erkannte, war, dass das Paneel außerdem einem kleinen Priesterloch an der Rückseite des Vorratskellers Licht und Luft spendete, das man betreten konnte, indem man das Paneel mitsamt dem Mörtelrahmen hochzog und darunter eine kleine Leiter vorfand, die in das Kämmerchen hinunterführte.
Es maß nicht mehr als eineinhalb Meter im Quadrat und war nur mit einer grob gezimmerten Bank, einer Wolldecke und einem Nachttopf ausgestattet. Ein großer Krug Wasser und eine kleine Büchse Zwieback vervollständigten die Einrichtung der Kammer. Diese war erst vor ein paar Jahren in das Haus eingebaut worden und war daher gar kein richtiges Priesterloch, da sie nie einen Priester beherbergt hatte und es auch wahrscheinlich nie tun würde. Doch ein Loch war sie definitiv.
Zwei Personen fanden hier nur Platz, indem sie sich nebeneinander auf die Bank setzten, und Jamie setzte sich neben seine Schwester, sobald er das Paneel wieder zurückgezogen hatte und die Leiter hinuntergestiegen war. Einen Moment lang saß er still, dann holte er Luft und begann.
»Ich kann es nicht mehr ertragen«, sagte er. Er sprach so leise, dass Jenny gezwungen war, den Kopf dicht zu ihm herüberzubeugen, um ihn zu hören, wie ein Priester, der einem reumütigen Sünder die Beichte abnahm. »Ich kann es nicht. Ich muss fort.«
Sie saßen so dicht beieinander, dass er spüren konnte, wie sich ihre Brust beim Atmen hob und senkte. Dann streckte sie die Hand nach der seinen aus und ergriff sie. Ihre kleinen, kräftigen Finger schlossen sich fest um die seinen.
Алекс Каменев , Владимир Юрьевич Василенко , Глуховский Дмитрий Алексеевич , Дмитрий Алексеевич Глуховский , Лиза Заикина
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