»Gott, entlasse diese Frau nicht aus Deinem Bündnis nach den vielen Sünden, die dieser Leib begangen hat«, hatte er gesagt und die Flamme in das Pech geworfen.
»Es ging schneller, als ich dachte«, sagte Geillis und klang ein wenig überrascht. »Es hat heftig
Doch innerhalb einer Minute war das Feuer in sich zusammengesunken, so dass die dunkle Gestalt in seinem Inneren im blassen Tageslicht gut zu sehen war. Kapuze und Haar waren im ersten Ansturm der Flammen verbrannt, und das Gesicht war jetzt schon nicht mehr zu erkennen. Kurz darauf traten die klaren, dunklen Konturen der Knochen zutage, ein zierliches Konstrukt, das sich über dem verkohlten Fass erhob.
»Nur noch große, leere Löcher, wo ihre Augen gewesen waren«, sagte sie. Ihre eigenen Augen richteten sich auf mich, in der Erinnerung versunken. »Ich hatte das Gefühl, sie sähe mich an. Aber dann ist der Schädel explodiert, und es war vorbei, und die Leute haben sich auf den Heimweg gemacht – bis auf ein paar, die dageblieben sind, weil sie hofften, vielleicht ein Knochenstückchen als Andenken zu ergattern.«
Sie erhob sich und wankte zu dem kleinen Tisch am Fenster hinüber. Dort griff sie nach der Silberglocke und klingelte laut.
»Aye«, sagte sie mit dem Rücken zu uns. »Vielleicht ist eine Geburt wirklich einfacher.«
»Also hat Euch Dougal nach Frankreich gebracht«, sagte Jamie. Die Finger seiner rechten Hand zuckten schwach. »Was hat Euch hierher auf die Westindischen Inseln verschlagen?«
»Oh, das kam später«, sagte sie achtlos. »Nach Culloden.« Sie drehte sich um und blickte lächelnd von Jamie zu mir.
»Und was führt Euch beide hierher? Es ist doch gewiss nicht die Freude an meiner Gesellschaft?«
Ich warf einen Blick auf Jamie und sah, wie sich sein Rücken anspannte und er sich im Sitzen aufrichtete. Doch sein Gesicht blieb ruhig; nur in seinen Augen leuchtete der Argwohn.
»Wir sind auf der Suche nach einem jungen Verwandten«, sagte er. »Meinem Neffen Ian Murray. Wir haben Grund zu der Annahme, dass er hier in die Leibeigenschaft geraten ist.«
Geillis’ blonde Augenbrauen hoben sich, so dass sich ihre Stirn in sanfte Wellen legte.
»Ian Murray?«, sagte sie und schüttelte fragend den Kopf. »Ich habe keine weißen Leibeigenen hier. Ich habe überhaupt keine Weißen hier. Der einzige freie Mann auf der Plantage ist der Aufseher, und er ist das, was sie einen
Im Gegensatz zu mir war Geillis Duncan eine ausgezeichnete Lügnerin. Dem Hauch von Neugier in ihrer Miene nach war es unmöglich zu sagen, ob sie den Namen Ian Murray je zuvor gehört hatte. Doch sie log, das wusste ich genau.
Jamie wusste es auch; der Ausdruck, der kurz in seinen Augen aufblitzte, war keine Enttäuschung, sondern hastig unterdrückte Wut.
»Tatsächlich?«, sagte er höflich. »Habt Ihr denn gar keine Angst ganz allein hier mit Euren Sklaven, so weit von der Stadt entfernt?«
»Oh nein. Nicht im Geringsten.«
Sie lächelte ihn breit an, dann hob sie ihr Doppelkinn und wackelte sacht damit in Richtung der Terrasse. Ich wandte den Kopf und sah, dass die komplette Glastür von einem immensen Schwarzen ausgefüllt wurde. Er war einen halben Kopf größer als Jamie, und aus seinen aufgerollten Hemdsärmeln ragten Arme wie Baumstämme mit knotigen Muskeln.
»Darf ich vorstellen: Hercule«, sagte Geillis mit einem winzigen Lachen. »Er hat noch einen Zwillingsbruder.«
»Zufällig mit Namen Atlas?«, fragte ich mit einem gereizten Unterton.
»Erraten! Ist sie nicht ein kluges Köpfchen, was, Fuchs?« Sie zwinkerte Jamie verschwörerisch zu, und wieder wackelte ihre runde Wange. Das Licht traf sie von der Seite, als sie den Kopf wandte, und ich sah die roten Spinnennetze geplatzter Kapillargefäße, die ihre Kinnbacken überzogen.
Hercule nahm weder davon noch von sonst irgendetwas Notiz. Sein breites Gesicht war schlaff und dumpf, und in den tief eingesunkenen Augen unter der Neandertalerstirn herrschte keinerlei Leben. Mir wurde mulmig bei seinem Anblick, und das nicht nur wegen seiner bedrohlichen Körpergröße; ihn anzusehen, war, als ginge man an einem Spukhaus vorbei, hinter dessen blinden Fenstern etwas lauert.
»Das reicht, Hercule; du kannst jetzt wieder an die Arbeit gehen.« Geilie ergriff die Silberglocke und ließ sie einmal leise klingeln. Ohne ein Wort machte der Gigant kehrt und stampfte von der Veranda. »Ich habe keine Angst vor den Sklaven«, erklärte sie. »Sie haben Angst vor mir, weil sie glauben, dass ich eine Hexe bin. Eigentlich ja sehr komisch, nicht wahr?« Ihre Augen glitzerten hinter kleinen Taschen aus Fett.
»Geilie – dieser Mann.« Ich zögerte, denn es fühlte sich lächerlich an, so etwas zu fragen. »Er ist doch … kein Zombie?«
Sie lachte entzückt und klatschte in die Hände.
Алекс Каменев , Владимир Юрьевич Василенко , Глуховский Дмитрий Алексеевич , Дмитрий Алексеевич Глуховский , Лиза Заикина
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