Die Pferde der Dragoner wichen nicht von der Straße ab; das Moor ringsum sah zwar so glatt aus wie eine Decke aus Samt, doch das violett erblühende Heidekraut war nur eine dünne Schicht, die sich trügerisch über einem knappen halben Meter nassem, schwammigem Torfmoos ausbreitete. Selbst das Rotwild wanderte nicht einfach so in diese sumpfige Masse hinaus – gerade jetzt konnte Grey vier der Tiere sehen, Strichmännchen in einer Meile Entfernung, ihr Pfad ein dünner Streifen in der Heide, der kaum breiter als ein Faden zu sein schien.
Fraser war natürlich nicht beritten. Das bedeutete, dass der entflohene Gefangene überall im Moor sein konnte, weil er imstande war, den Pfaden des Rotwilds zu folgen.
Es war John Greys Pflicht, diesen Gefangenen zu verfolgen und seine erneute Gefangennahme zu versuchen. Es war mehr als nur die Pflicht, die ihn gedrängt hatte, jeden entbehrlichen Mann der Garnison mitzunehmen und den Suchtrupp voranzutreiben. Sie hielten jeweils nur kurz, um zu essen und sich auszuruhen. Die Pflicht, ja, und ein drängendes Verlangen, das Franzosengold zu finden und den Beifall seiner Vorgesetzten zu erlangen – und die Erlösung aus diesem trostlosen schottischen Exil. Hinzu gesellte sich jedoch auch Wut und ein seltsames Gefühl, persönlich verraten worden zu sein.
Grey war sich nicht sicher, ob er wütender auf Fraser war, weil dieser sein Wort gebrochen hatte, oder auf sich selbst, weil er so töricht gewesen war zu glauben, dass das Ehrgefühl eines Highlanders – und sei er noch so gebildet – dem seinen gleichkommen konnte. So oder so war er wütend und entschlossen, nötigenfalls jeden Wildwechsel dieses Moors abzusuchen, um James Fraser zur Strecke zu bringen.
Sie erreichten die Küste am nächsten Abend in der Dunkelheit, nachdem sie den ganzen Tag mühsam das Moor durchkämmt hatten. Der Nebel hatte sich über den Felsen aufgelöst und war vom Wind auf das Meer hinausgeweht worden, und die See breitete sich vor ihnen aus, von Klippen umklammert und mit winzigen kahlen Inselchen übersät.
John Grey stand neben seinem Pferd am Rand der Klippe und blickte auf die wilde schwarze See hinunter. Gott sei Dank war es eine klare Küstennacht, und der Halbmond stand am Himmel; er tauchte die gischtnassen Felsen in seinen Glanz und ließ sie hart und schimmernd wie aus Silber gegossen vor den schwarzen Samtschatten aufragen.
Es war der trostloseste Ort, den er je gesehen hatte, obwohl er von so grauenvoller Schönheit war, dass ihm das Blut in den Adern gefror. Kein Lebenszeichen von Jamie Fraser. Kein Zeichen, dass hier überhaupt etwas lebte.
Einer seiner Männer stieß einen plötzlichen Ausruf der Überraschung aus und zog seine Pistole.
»Da!«, sagte er. »Auf den Felsen!«
»Nicht feuern, Dummkopf«, sagte ein anderer der Soldaten und packte seinen Kameraden am Arm. Er gab sich keine Mühe, seine Verachtung zu verbergen. »Hast du etwa noch nie einen Seehund gesehen?«
»Äh … nein«, sagte der erste Mann ziemlich verlegen. Er ließ die Pistole sinken und blickte auf die kleinen schwarzen Gestalten auf den Felsen hinunter.
Auch Grey hatte noch nie einen Seehund gesehen, und er beobachtete die Tiere fasziniert. Aus der Entfernung sahen sie wie schwarze Schnecken aus; das Mondlicht glänzte feucht auf ihrem Fell, und sie hoben unruhig die Köpfe und schienen schwankend dahinzurollen, solange sie sich unbeholfen an Land bewegten.
Seine Mutter hatte einen Mantel aus Robbenpelz besessen, als er ein Junge war. Er hatte ihn einmal anfassen dürfen und gestaunt, wie er sich anfühlte, glatt und warm wie eine mondlose Sommernacht. Kaum zu glauben, dass dieser dichte, weiche Pelz von diesen glatten nassen Kreaturen stammte.
»Die Schotten nennen sie
Der Soldat zuckte mit den Schultern und genoss seine vorübergehende Bedeutung. »Nicht sehr viel, Sir. Die Menschen hier erzählen sich Geschichten über die Tiere, Sir; sie sagen, manchmal kommt eines davon an Land und legt seinen Pelz ab, und im Inneren steckt eine schöne Frau. Wenn ein Mann den Pelz findet und ihn versteckt, so dass sie nicht zurückkann, nun … dann ist sie gezwungen zu bleiben und seine Frau zu werden. Sie sind gute Ehefrauen, Sir, heißt es zumindest.«
»Zumindest sind sie immer feucht«, murmelte der erste Soldat, und die Männer brachen in Gelächter aus, das wie das wilde Rufen der Meeresvögel von den Felsen widerhallte.
»Das reicht!« Grey musste die Stimme erheben, um sich im Lärmen des Gelächters und der unflätigen Andeutungen Gehör zu verschaffen.
»Ausschwärmen!«, befahl Grey. »Ich will, dass die Klippen in beiden Richtungen abgesucht werden – und haltet darunter nach Booten Ausschau; hinter manchen dieser Inseln ist ja weiß Gott genug Platz, um eine ganze Schaluppe zu verstecken.«
Алекс Каменев , Владимир Юрьевич Василенко , Глуховский Дмитрий Алексеевич , Дмитрий Алексеевич Глуховский , Лиза Заикина
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