Er kam kurz nach Mittag auf einem großen, schlaksigen Maultier, hinter sich einen kleinen Jungen, der sich an seinen Gürtel klammerte. Ich beobachtete sie unauffällig von der Salontür aus und fragte mich, wie zutreffend die Beschreibung seiner Mutter wohl gewesen war.
»Trunkenbold« mochte zwar etwas übertrieben sein, doch im Großen und Ganzen hatte Großmütterchen MacNab recht. Ronald MacNab hatte sich das lange, fettige Haar achtlos mit einem Faden zusammengebunden, und sein Kragen und seine Manschetten waren schmutzig grau. Er war zwar sicherlich etwa in Jamies Alter, sah aber mindestens fünfzehn Jahre älter aus; sein Gesicht war aufgedunsen, und seine kleinen grauen Augen waren dumpf und blutunterlaufen.
Das Kind war ebenfalls ungepflegt und schmutzig, doch was ich weitaus schlimmer fand, war, dass es sich mit gesenktem Kopf hinter seinem Vater herumdrückte und zusammenzuckte, als sich Ronald umdrehte und es barsch ansprach. Das entging auch Jamie nicht, der an der offenen Studierzimmertür stand, und ich sah, wie er einen scharfen Blick mit Jenny wechselte, die ihm gerade eine frische Karaffe mit Wasser brachte.
Sie nickte kaum wahrnehmbar und reichte Jamie die Karaffe. Dann nahm sie das Kind fest bei der Hand, zog es Richtung Küche und sagte: »Komm nur mit, Junge, wir haben noch Kuchen übrig. Oder wie wäre es mit einer Scheibe Früchtebrot?«
Jamie nickte Ronald MacNab förmlich zu und trat beiseite, als der Mann an ihm vorbei in das Studierzimmer ging. Als Jamie die Hand ausstreckte, um hinter ihm die Tür zu schließen, sah er mich an und wies kopfnickend zur Küche. Ich erwiderte sein Nicken und wandte mich ab, um Jenny und dem kleinen Rabbie zu folgen.
Ich fand sie im freundschaftlichen Gespräch mit Mrs. Crook, die gerade Punsch aus dem großen Kessel in eine Kristallschüssel schöpfte. Sie goss etwas davon in einen Holzbecher und reichte ihn dem Jungen, der ihr einen argwöhnischen Blick zuwarf, ehe er den Becher nahm. Jenny unterhielt sich weiter beiläufig mit ihm, während sie die Serviertabletts belud, doch seine Antworten waren kaum mehr als kleine Grunzlaute. Dennoch schien sich die halbwilde kleine Kreatur ein wenig zu entspannen.
»Dein Hemdchen ist ein bisschen schmutzig, Junge«, stellte sie fest, als sie sich vorbeugte, um ihm den Kragen zurückzuschlagen. »Zieh es doch aus, und ich wasche es dir, ehe du wieder gehst.« »Ein bisschen schmutzig« war stark untertrieben, doch der Junge wich ängstlich zurück. Ich stand jedoch hinter ihm, und auf Jennys Geste hin packte ich ihn an den Armen, ehe er davonlaufen konnte.
Er trat kreischend um sich, doch Jenny und Mrs. Crook umkreisten ihn, und zu dritt schälten wir ihn aus dem verdreckten Hemd.
»Ah.« Jenny atmete scharf ein. Sie hatte den Kopf des zappelnden Jungen fest unter dem Arm, und sein schmächtiger Rücken war vollständig entblößt. Rechts und links des Rückgrats war alles voller Narben und Krusten, teils frisch verheilt, teils schon so alt, dass sie sich nur als verblichene Schatten über die vorstehenden Rippen zogen. Jenny packte den Jungen fest im Nacken und sprach beruhigend auf ihn ein, um dann seinen Kopf loszulassen. Sie sah mich an und wies zum Flur.
»Du solltest es ihm sagen.«
Ich nahm einen Teller Haferkekse mit Honig als Ausrede mit und klopfte vorsichtig an die Tür des Studierzimmers. Auf Jamies leises Ja hin öffnete ich die Tür und trat ein.
Mein Gesichtsausdruck, während ich MacNab bediente, musste ausgereicht haben, denn ich brauchte gar nicht darum zu bitten, Jamie unter vier Augen sprechen zu können. Er richtete den Blick einen Moment lang meditativ auf mich, dann wandte er sich wieder an seinen Pächter.
»Schön, Ronnie, dann sind wir uns in Bezug auf das Korn also einig. Über eines würde ich aber gern noch mit dir sprechen. Wie ich höre, hast du einen Jungen namens Rabbie, und ich brauche einen Jungen in seinem Alter als Hilfe im Stall. Wärst du bereit, ihn zu uns kommen zu lassen?« Jamies lange Finger spielten mit einem Gänsekiel auf seinem Schreibtisch. Ian, der an einem kleineren Tisch neben ihm saß, stützte das Kinn auf die Fäuste und betrachtete MacNab mit unverhohlenem Interesse.
MacNabs Augen funkelten angriffslustig. Er strahlte die verbitterte Reizbarkeit eines Menschen aus, der zwar nicht betrunken ist, sich aber wünscht, dass er es wäre.
»Nein, ich brauche den Jungen selbst«, sagte er knapp.
»Mm.« Jamie lehnte sich bequem zurück und verschränkte die Hände vor dem Bauch. »Ich würde natürlich für seine Dienste bezahlen.«
Der Mann grunzte und rutschte auf seinem Stuhl herum.
»Darauf hat dich meine Mutter angesetzt, oder? Ich habe nein gesagt, und ich habe auch nein gemeint. Der Junge ist mein Sohn, und ich gehe mit ihm um, wie ich es für richtig halte. Und ich halte es für richtig, ihn zu Hause zu behalten.«
Jamie betrachtete MacNab nachdenklich, wandte seine Aufmerksamkeit jedoch ohne weitere Einwände wieder seinen Büchern zu.