Als wäre das ein Signal gewesen, trat Mrs. Martins entschlossen vor und winkte mir zu.
»Setzt Euch hinter sie und lehnt sie ein wenig zurück«, wies mich Mrs. Martins an, ohne sich von Jennys Schreien beunruhigen zu lassen. Ich vermutete, dass sie so etwas nicht zum ersten Mal hörte.
In der nächsten Wehenpause ging Mrs. Martin ans Werk. Sie packte das Kind durch die momentan schlaffen Wände der Gebärmutter und hob es an und versuchte, es zu wenden. Jenny schrie und riss an meinen Armen, als die nächste Wehe begann. Mrs. Martins versuchte es wieder. Und wieder. Und wieder. Jenny, die den Pressdrang nicht unterdrücken konnte, verausgabte sich bis an die Grenzen der Erschöpfung. Ihr Körper wuchs über seine normalen Kräfte hinaus, während er darum rang, das Kind in die Welt zu zwingen.
Und dann funktionierte es. Alles verlagerte sich plötzlich seltsam und fließend, und die unförmige Masse des Kindes drehte sich unter Mrs. Martins Händen. Auf einmal veränderte Jennys Bauch seine Form, und nun setzte große Geschäftigkeit ein.
»Und jetzt pressen.« Das tat Jenny, und Mrs. Martins kniete sich neben das Bett. Anscheinend tat sich etwas, denn sie erhob sich hastig wieder und nahm ein kleines Fläschchen vom Tisch, das sie vorhin dorthin gestellt hatte. Sie goss sich eine kleine Menge einer Flüssigkeit, die wie Öl aussah, auf ihre Fingerspitzen und begann, sie Jenny sacht zwischen die Beine zu reiben.
Jenny protestierte mit einem heftigen Laut gegen die Berührung, als die nächste Wehe kam, und Mrs. Martin zog ihre Hand fort. Jenny erschlaffte wieder, und die Hebamme nahm ihre sanfte Massage wieder auf, während sie ihrer Patientin gurrend Mut machte, ihr sagte, alles sei gut, sie solle sich nur ausruhen und jetzt … pressen!
Während der nächsten Wehe legte Mrs. Martins Jenny die Hand auf den Bauch und presste mit. Jenny kreischte auf, doch Mrs. Martins presste unerbittlich weiter, bis die Wehe nachließ.
»Helft mir bei der nächsten«, forderte die Hebamme mich auf. »Es ist fast da.«
Ich legte meine Hände über Mrs. Martins Hände auf Jennys Bauch, und auf ihr Zeichen pressten wir alle drei gemeinsam. Jenny stieß ein tiefes, triumphierendes Grunzen aus, und ein schleimiges Etwas tauchte plötzlich zwischen ihren Beinen auf. Sie stemmte die Beine in die Matratze, presste noch einmal, und Margaret Ellen Murray schoss in die Welt hinaus wie ein geölter Blitz.
Etwas später richtete ich mich auf, nachdem ich Jenny das lächelnde Gesicht mit einem feuchten Tuch abgewischt hatte, und blickte zum Fenster hinaus. Die Sonne ging schon fast unter.
»Ich hab’s geschafft«, sagte Jenny. »Alles ist gut.« Das breite Grinsen des Entzückens, mit dem sie die Entbindung ihrer Tochter begrüßt hatte, war einem kleinen, unablässigen Lächeln tiefer Zufriedenheit gewichen. Sie streckte ihre immer noch zitternde Hand aus und berührte meinen Ärmel.
»Bitte, geh und sag es Ian«, bat sie. »Er wird sich Sorgen machen.«
Danach sah es für meine zynischen Augen nicht aus. Die Szene im Studierzimmer, in dem Ian und Jamie Zuflucht gesucht hatten, hatte größte Ähnlichkeit mit einem verfrühten Gelage zur Feier des Tages. Auf der Anrichte stand eine leere Karaffe in Begleitung mehrerer Flaschen, und kräftiger Alkoholgeruch waberte durch das Zimmer wie eine dichte Wolke.
Der stolze Vater schien besinnungslos zu sein und lag mit dem Kopf auf dem Schreibtisch des Gutsherrn. Der Gutsherr selbst war zwar noch bei Bewusstsein, lehnte aber mit trüben Augen in seinem Sessel an der Wandverkleidung und blinzelte wie eine Eule.
Aufgebracht stampfte ich zum Tisch und packte Ian bei der Schulter, um ihn unsanft zu schütteln. Ich achtete nicht auf Jamie, der sich aufrichtete und sagte: »Sassenach, warte …«
Ian war doch nicht ganz besinnungslos. Sein Kopf hob sich widerstrebend, und er starrte mich mit gefasstem, starrem Gesicht an, seine Augen trostlose, flehende Höhlen. Plötzlich begriff ich, dass er glaubte, ich sei gekommen, um ihm zu sagen, dass Jenny tot war.
Ich lockerte meinen Griff und klopfte ihm stattdessen auf den Rücken.
»Es geht ihr gut«, sagte ich leise und beruhigend. »Du hast eine Tochter.«
Er legte den Kopf wieder auf die Arme, und als ich ging, bebten seine schmalen Schultern, während ihm Jamie den Rücken tätschelte.
Nachdem sich alle Überlebenden erfrischt und gewaschen hatten, versammelten sich die Familien Murray und Fraser in Jennys Zimmer, um etwas zu essen und zu feiern. Die kleine Margaret, die sauber und zufrieden in eine warme Decke gewickelt war, wurde ihrem Vater überreicht, der seine Jüngste mit einer Miene ehrfurchtsvoller Seligkeit in Empfang nahm.
»Hallo, kleine Maggie«, flüsterte er und berührte ihr winziges Näschen mit der Fingerspitze.
Seine neue Tochter zeigte sich davon wenig beeindruckt. Sie schloss konzentriert die Augen, erstarrte und urinierte ihrem Vater auf das Hemd.