Völlig überrumpelt verlor er das Gleichgewicht. Zusätzlich scheute das Pferd erneut, und er fiel zu Boden. Er war jedoch nicht ohnmächtig; der Schlag hatte ihn lediglich vom Pferd befördert. Jenny half mit einem anständigen Stein nach.
Dann packte sie die Zügel des Pferdes und gestikulierte heftig in meine Richtung.
»Los!«, flüsterte sie. »Von der Straße mit ihm, ehe sie bemerken, dass er fort ist.«
So kam es, dass sich Robert MacDonald von der Patrouille aus Glen Elrive, als er das Bewusstsein zurückerlangte, an einen Baum gefesselt wiederfand und er in die Mündung einer Pistole starrte, die ihm die Schwester seines ehemaligen Gefangenen mit stählernem Blick entgegenhielt.
»Was habt Ihr mit Jamie Fraser gemacht?«, wollte sie wissen.
MacDonald schüttelte benommen den Kopf, weil er sie anscheinend für ein Hirngespinst hielt. Ein Versuch, sich zu bewegen, brachte ihn von dieser Vorstellung ab, und nachdem er der Form halber eine Weile vor sich hin geflucht und uns gedroht hatte, fand er sich anscheinend mit dem Gedanken ab, dass er nur freikommen würde, wenn er uns sagte, was wir wissen wollten.
»Er ist tot«, brachte MacDonald schließlich finster heraus. Als sich Jennys Finger unheilvoll auf dem Abzug bewegte, fügte er in plötzlicher Panik hinzu: »Ich war’s nicht! Es war seine eigene Schuld!«
Jamie, berichtete er, hatte hinter einem Mann der Patrouille auf dem Pferd gesessen, die Arme mit einem Lederriemen gefesselt, flankiert von zwei weiteren Bewachern. Er hatte einen recht friedlichen Eindruck gemacht, und sie hatten keine besonderen Vorsichtsmaßnahmen ergriffen, als sie sechs Meilen hinter der Mühle eine Furt durchquert hatten.
»Der verdammte Dummkopf hat sich vom Pferd geworfen und ist im tiefen Wasser gelandet«, sagte MacDonald und zuckte mit den Schultern, so gut er es mit hinter dem Rücken gefesselten Händen konnte. »Wir haben auf ihn geschossen. Müssen ihn getroffen haben, denn er ist nicht wieder aufgetaucht. Aber jenseits der Furt ist das Wasser reißend und tief. Wir haben ein bisschen gesucht, aber da war keine Leiche. Muss wohl flussabwärts geschwemmt worden sein. Also, würdet Ihr mich jetzt um Himmels willen losbinden!«
Nachdem Jennys Drohungen keine weiteren Einzelheiten zutage förderten und er nicht von seiner Schilderung abwich, beschlossen wir, sie als wahr zu akzeptieren. Jenny weigerte sich zwar, MacDonald ganz zu befreien, doch sie lockerte ihm zumindest die Fesseln, so dass er sich ihnen mit der Zeit entwinden konnte. Dann rannten wir los.
»Glaubst du, er ist tot?«, keuchte ich.
»Nein. Jamie schwimmt wie ein Fisch, und ich habe schon selbst erlebt, wie er drei Minuten die Luft anhält. Komm, wir suchen dort das Ufer ab.«
Wenig später bewegten wir uns suchend am Ufer auf und ab, stolperten über Felsen, platschten durch das flachere Wasser und zerkratzten uns die Hände und Gesichter an den Weiden, deren Zweige über die Ränder hingen.
Schließlich stieß Jenny einen Triumphschrei aus, und ich platschte zu ihr hinüber, indem ich mich vorsichtig über die moosbewachsenen Steine am Grund des Bachs bewegte, der hier nicht tief war.
Sie hielt einen Lederriemen in der Hand, der noch zu einem Kreis verknotet war. An einer Stelle war er von Blut verfärbt.
»Hier hat er sich aus den Fesseln gewunden«, sagte sie und verdrehte den Lederring zwischen den Händen. Sie blickte in die Richtung zurück, aus der wir gekommen waren, über eine abschüssige Strecke voller Geröll, Untiefen und schäumenden Stromschnellen, und schüttelte den Kopf.
»Wie hast du das nur angestellt, Jamie?«, sagte sie halb zu sich selbst.
Nicht weit entfernt fanden wir eine Stelle, an der das Gras flach gedrückt war; offenbar hatte er sich hier ausgeruht. Ich fand einen kleinen bräunlichen Fleck auf der Rinde einer Espe.
»Er ist verletzt«, sagte ich.
»Aye, aber er ist in Bewegung«, erwiderte Jenny und ließ den Blick suchend über den Boden schweifen.
»Kannst du denn gut Spuren lesen?«, fragte ich hoffnungsvoll.
»Ich bin keine große Jägerin«, sagte sie. Sie ging weiter, und ich folgte ihr dicht auf dem Fuße, »aber wenn ich nicht imstande bin, etwas so Großes wie Jamie Fraser durch trockene Farne zu verfolgen, bin ich nicht nur blind, sondern auch blöd.«
Tatsächlich, eine breite Spur aus zerdrückten braunen Farnen führte bergauf, bis sie im dichten Heidekraut verschwand. Wir umkreisten die Stelle, fanden aber keine weitere Spur und bekamen keine Antwort, als wir ihn riefen.
»Er ist fort«, sagte Jenny. Sie setzte sich auf einen umgestürzten Baum und fächelte sich Luft zu. Ich hatte den Eindruck, dass sie blass war, und mir kam der Gedanke, dass eine Frau, die vor weniger als einer Woche ein Kind zur Welt gebracht hatte, Besseres zu tun hatte, als bewaffnete Männer zu entführen und zu bedrohen.
»Jenny«, sagte ich, »du musst nach Hause. Außerdem kehrt er ja vielleicht nach Lallybroch zurück.«