Murtagh bückte sich, um den Sattel aufzuheben. Scheinbar mühelos legte er ihn auf das Pferd und befestigte den Gurt.
»Feuer«, ließ er sie wissen und zog noch einmal am Steigbügelriemen. »Pass auf, wenn du über das Feld auf der Anhöhe kommst; die Asche wird noch warm sein.«
Er verschränkte die Hände, um ihr aufs Pferd zu helfen, doch sie schüttelte dankend den Kopf, griff nach den Zügeln und winkte mir zu.
»Geh mit mir bis zur Hügelkuppe, Claire, ja?«
Abseits des Feuers war die Luft kalt und schwer. Meine Röcke waren feucht vom Sitzen auf dem Boden und schlugen mir beim Gehen um die Beine. Jenny hielt den Kopf in den Wind gesenkt, doch ich konnte ihr Profil sehen. Ihre Lippen waren blass und steif vor Kälte.
»War es MacNab, der Jamie an die Patrouille verraten hat?«, fragte ich schließlich. Sie nickte langsam.
»Aye. Ich vermute, Ian hat es herausgefunden oder einer der anderen Männer; es spielt keine Rolle, wer.«
Es war Ende November, Guy Fawkes war schon vorbei, aber ich sah plötzlich ein Freudenfeuer vor mir, dessen Flammen an den Holzwänden emporstiegen und aus dem Rietdach sprossen wie die Zungen des Heiligen Geistes, während das Feuer im Inneren tosend für die Verdammten betete. Und mitten darin der Mann, der wie eine Strohpuppe in der Asche seines Herdes kauerte, um beim nächsten Windstoß, der durch die Überreste seines Heims fegte, zu schwarzem Staub zu zerfallen.
Ich begriff, dass mich Jenny fragend ansah, und ich erwiderte ihren Blick mit einem Nicken. Zumindest in diesem Fall standen wir gemeinsam auf derselben Seite dieses schmalen, beliebig gezogenen Grats.
Auf der Hügelkuppe blieben wir stehen. Murtagh war nur noch ein dunkler Fleck unten am Feuer. Jenny kramte einen Moment in ihrer Rocktasche, dann drückte sie mir einen kleinen Waschlederbeutel in die Hand.
»Die Pacht vom Quartalstag«, sagte sie. »Kann sein, dass du das Geld brauchst.«
Ich versuchte, ihr den Beutel zurückzugeben, und sagte, dass Jamie kein Geld wollen würde, das für den Betrieb des Anwesens benötigt wurde, doch sie wollte nichts davon hören. Jenny Fraser war zwar nur halb so groß wie ihr Bruder, doch an Sturheit war sie ihm mehr als gewachsen.
Endlich akzeptierte ich, dass ich keine Chance hatte, gab auf und brachte das Geld sicher in den Tiefen meiner Röcke unter. Auf Jennys Beharren nahm ich auch den
»Er gehört Ian, aber er hat noch einen«, sagte sie. »Steck ihn dir fest in den Strumpfsaum. Leg ihn niemals ab, selbst zum Schlafen nicht.«
Sie hielt einen Moment inne, als gäbe es noch etwas, was sie unbedingt sagen wollte.
»Jamie meinte«, begann sie dann auch ganz vorsichtig, »es könnte hin und wieder sein, dass du mir … etwas sagen möchtest. Und wenn du das tust, soll ich tun, was du sagst. Gibt es … etwas, was du mir gern sagen würdest?«
Jamie und ich hatten darüber gesprochen, dass wir Lallybroch und seine Bewohner auf die kommende Katastrophe des Aufstands vorbereiten mussten. Doch damals hatten wir gedacht, wir hätten noch Zeit. Jetzt hatte ich keine Zeit, höchstens ein paar Minuten, in denen ich dieser neuen Schwester, die mir so ans Herz gewachsen war, das Nötige mit auf den Weg geben musste, um Lallybroch gegen den kommenden Sturm zu wappnen.
Nicht zum ersten Mal erfasste mich der Gedanke, dass die Prophetenrolle furchtbar unangenehm war. Ich empfand beträchtliches Verständnis für Jeremiah und sein Klagen, und ich begriff, warum Kassandra so unbeliebt war. Doch es war nicht zu ändern. Auf der Kuppe eines schottischen Hügels, auf dem mir ein nächtlicher Herbststurm die Haare und Röcke um den Körper peitschte wie die Gewänder einer
»Pflanzt Kartoffeln«, empfahl ich.
Jennys Mund öffnete sich ein wenig, dann biss sie die Zähne zusammen und nickte energisch. »Kartoffeln. Aye. Ich muss sie aus Edinburgh kommen lassen; das werde ich tun. Wie viele denn?«
»So viele ihr könnt. Es gibt zwar jetzt noch keinen Kartoffelanbau in den Highlands, aber das wird sich ändern. Sie lassen sich gut lagern und sind ertragreicher als Weizen. Bepflanzt so viel Land wie möglich mit Feldfrüchten, die gut haltbar sind. Es wird eine Hungersnot geben, in zwei Jahren, und sie wird furchtbar sein. Wenn ihr Grund und Boden habt, der keinen Ertrag abwirft, verkauft ihn, gegen Gold. Krieg wird kommen und Gemetzel. Überall in den Highlands wird man Jagd auf die Menschen machen.« Ich überlegte einen Moment. »Habt ihr ein Priesterloch im Haus?«
»Nein, es wurde weit nach Cromwells Zeit gebaut.«
»Dann baut eins, oder irgendein sicheres Versteck. Ich hoffe, dass Jamie es nicht brauchen wird …« Ich schluckte krampfhaft bei diesem Gedanken. »Aber vielleicht jemand anders.«