»Versucht es erst gar nicht, Fraser.« Die Stimme war ungerührt und ausdruckslos. »Ihr kommt keine zwei Schritte weit, dann ist sie tot.« Die kühle dünne Messerklinge glitt an meinem Ohr vorbei; ich konnte spüren, wie mich die Spitze sacht unter dem Kiefer stach.
Jamie, der immer noch an der Wand lehnte, betrachtete die Szene einen Moment lang mit unbeteiligtem Blick. Dann richtete er sich mit einer plötzlichen schmerzhaften Kraftanstrengung auf und stand schwankend da. Der Knüppel fiel klappernd zu Boden. Die Messerspitze drückte ein winziges bisschen fester zu, doch ansonsten regte sich Randall nicht, während sich Jamie langsam an den Tisch begab. Unterwegs bückte er sich vorsichtig, um den mit Zwirn umwickelten Hammer aufzuheben. Er trug ihn mit zwei Fingern baumelnd vor sich her, und es war klar, dass er nicht vorhatte anzugreifen.
Der Hammer landete geräuschvoll vor mir auf dem Tisch, und der Griff drehte sich mit solchem Schwung, dass der schwere Kopf bis fast an die Tischkante befördert wurde. Dann lag er dunkel und schwer auf der Eichenplatte, ein alltägliches, stabiles Werkzeug. Ein Rietkörbchen mit kleinen Nägeln lag inmitten des Wirrwarrs am Ende des Tischs; vielleicht hatten die Zimmerleute, die das Kämmerchen ausgestattet hatten, es zurückgelassen. Jamies unverletzte Hand, deren schöne, gerade Finger durch das Licht in Gold getaucht wurden, schloss sich fest um die Tischkante. Ich konnte höchstens raten, welche Anstrengung es ihn kostete, sich langsam auf einen Stuhl sinken zu lassen und beide Hände flach vor sich auf die zerkratzte Holzfläche zu legen, in Reichweite des Hammers.
Während seines schmerzvollen Wegs durch das Zimmer war sein Blick fest auf Randalls Augen geheftet gewesen, und auch jetzt löste er sich nicht. Er nickte kurz in meine Richtung, ohne mich anzusehen, und sagte: »Lasst sie gehen.«
Die Hand mit dem Messer schien sich ein wenig zu entspannen. Randalls Stimme klang belustigt und neugierig. »Warum sollte ich?«
Jamie schien sich jetzt vollständig im Griff zu haben, obwohl er kreidebleich war und ihm der Schweiß ungehindert über das Gesicht lief wie Tränen.
»Ihr könnt nicht zwei Menschen auf einmal mit dem Messer in Schach halten. Wenn Ihr die Frau tötet oder ihr von der Seite weicht, bringe ich Euch um.« Er sprach leise, doch unter seinem sanften schottischen Akzent lauerte ein Unterton aus Stahl.
»Und was hindert mich daran, Euch beide nacheinander umzubringen?«
Ich hätte Jamies Ausdruck nur deshalb als Lächeln bezeichnet, weil man seine Zähne sah. »Was, und den Henker betrügen? Das wäre morgen früh aber etwas schwer zu erklären, oder?« Er nickte kurz zu dem bewusstlosen Giganten am Boden. »Ihr wisst doch noch, dass Euer kleiner Helfershelfer mich fesseln musste, ehe Ihr mir die Hand gebrochen habt?«
»Und?« Das Messer verharrte unverwandt an meinem Ohr.
»Euer Helfershelfer wird Euch erst einmal nicht viel nützen.« Das war unleugbar wahr; der monströse Kerl lag auf dem Gesicht in der Ecke und atmete mit rasselnden Schnarchlauten vor sich hin. Schwere Gehirnerschütterung, dachte ich mechanisch. Möglicherweise eine Hirnblutung. Es hätte mir nicht gleichgültiger sein können, wenn er vor meinen Augen starb.
»Ihr habt keine Chance gegen mich, selbst einhändig.« Jamie schüttelte langsam den Kopf, während er Randalls Körpergröße und Kraft emotionslos begutachtete. »Nein. Ich bin größer, und im Nahkampf bin ich eindeutig besser. Hättet Ihr die Frau nicht, würde ich Euch Euer Messerchen abnehmen und es Euch in die Kehle rammen. Das wisst Ihr genau, nur deshalb habt Ihr ihr noch nichts getan.«
»Aber ich habe sie. Ihr könntet natürlich selbst gehen. Es gibt einen Ausgang, ganz in der Nähe. Damit wäre Eure Frau – Ihr habt doch gesagt, Sie ist Eure Frau, oder? – selbstverständlich dem Tod geweiht.«
Jamie zuckte mit den Schultern. »Und ich genauso. Ich würde schließlich nicht weit kommen, wenn die ganze Garnison hinter mir her ist. Im Freien erschossen zu werden ist dem Galgen womöglich vorzuziehen, aber das reicht mir nicht.« Sein Gesicht verzog sich kurz vor Schmerz, und er hielt einen Moment die Luft an. Als er dann weiteratmete, schnappte er keuchend nach Luft. Was auch immer ihn vor dem schlimmsten Schmerz geschützt hatte, ließ jetzt nach.
»Also stecken wir anscheinend in einer Sackgasse«, erklang Randalls gepflegtes Englisch in beiläufigem Ton. »Es sei denn, Ihr habt einen Vorschlag?«
»Das habe ich. Ihr wollt mich.« Die kühle schottische Stimme klang ganz sachlich. »Lasst die Frau gehen, und Ihr könnt mich haben.« Die Messerspitze bewegte sich und verletzte mein Ohr. Ich fühlte einen Stich und warmes Blut.