»Macht mit mir, was Ihr wollt. Ich werde mich nicht wehren, obwohl ich Euch erlauben werde, mich zu fesseln, wenn Ihr es für nötig haltet. Und ich werde morgen kein Wort darüber sagen. Aber erst geleitet Ihr die Frau unbehelligt aus dem Gefängnis.« Mein Blick ruhte auf Jamies ruinierter Hand. Unter dem Mittelfinger breitete sich ein kleiner Blutfleck aus, und ich begriff erschrocken, dass er den Finger bewusst auf den Tisch drückte, um sich mit Hilfe des Schmerzes bei Bewusstsein zu halten. Er schacherte um mein Leben, indem er das Einzige benutzte, was ihm geblieben war – sich selbst. Wenn er jetzt in Ohnmacht fiel, war diese Chance dahin.
Randall hatte sich vollkommen entspannt; das Messer lag achtlos auf meiner linken Schulter, während er darüber nachdachte. Ich war schneller als er. Jamie sollte am Morgen gehängt werden. Früher oder später würde man ihn vermissen und die Festung durchsuchen. Und während man ein gewisses Maß an Brutalität unter Offizieren und Gentlemen vermutlich tolerieren würde – und auch eine gebrochene Hand oder ein ausgepeitschter Rücken noch darunterfallen würde –, würde man über Randalls sonstige Neigungen vermutlich nicht einfach so hinweggehen. Selbst wenn Jamie ein abgeurteilter Sträfling war – wenn er am Morgen unter dem Galgen stand und Randall der Folter bezichtigte, würde man seinen Behauptungen nachgehen. Und wenn sie sich bei einer Untersuchung seines Körpers als wahr herausstellten, war Randalls Karriere vorüber und möglicherweise auch sein Leben. Doch wenn Jamie ihm Verschwiegenheit schwor …
»Ihr gebt mir Euer Wort?«
Jamies Augen brannten wie blaue Streichholzflammen in seinem Pergamentgesicht. Nach einem Moment nickte er mühsam. »Im Tausch gegen das Eure.«
Die Verlockung eines Opfers, das zugleich absolut unwillig war und absolut gehorsam, war unwiderstehlich.
»Abgemacht.« Das Messer verschwand von meiner Schulter, und ich hörte das Geräusch, mit dem die Klinge in die Scheide fuhr. Randall stand auf, ging an mir vorbei und umrundete den Tisch. Im Gehen nahm er den Hammer an sich. Er hielt ihn ironisch fragend hoch. »Ihr gestattet mir, Eure Aufrichtigkeit kurz auf die Probe zu stellen?«
»Aye.« Jamies Stimme war so unbewegt und flach wie seine Hände auf dem Tisch. Ich versuchte, zu sprechen, zu protestieren, doch jedes Wort blieb mir in der trockenen Kehle kleben.
Ohne jede Hast beugte sich Randall vor und nahm gewissenhaft einen großen Nagel aus dem Körbchen. Er positionierte ihn mit großer Sorgfalt und ließ den Hammer darauf niedersausen. Mit vier festen Schlägen trieb er Jamie den Nagel durch die rechte Hand und in den Tisch. Die gebrochenen Finger streckten sich zuckend wie die Beine einer Spinne, die an das Brett eines Sammlers geheftet wird.
Jamie stöhnte auf. Seine Augen waren vor Schreck weit aufgerissen. Randall legte den Hammer vorsichtig nieder. Dann nahm er Jamies Kinn in die Hand und hob sein Gesicht. »Jetzt küss mich«, sagte er leise und senkte seinen Kopf auf Jamies widerstandslosen Mund.
Als sich Randall wieder aufrichtete, war sein Gesichtsausdruck verträumt, sein Blick sanft und abwesend, sein Mund zu einem Lächeln verzogen. Es war einmal vor langer Zeit, da hatte ich ein solches Lächeln geliebt, und dieser verträumte Blick hatte mich erregt. Jetzt wurde mir übel davon. Mir liefen die Tränen in die Mundwinkel, obwohl ich mich gar nicht erinnern konnte, dass ich zu weinen begonnen hatte. Randall verharrte einen Moment in dieser Trance und blickte auf Jamie hinunter. Dann regte er sich, weil er sich auf mich besann, und er zog erneut sein Messer.
Die Klinge fuhr achtlos durch meine Handfessel und ritzte mir dabei die Haut. Mir blieb kaum Zeit, mir das Blut wieder in die Hände zu reiben, als er mir schon die Hand unter den Ellbogen legte, um mich zum Aufstehen zu drängen und mich zur Tür zu schieben.
»Halt!«, sagte Jamie hinter uns, und Randall drehte sich ungeduldig um.
»Ich darf doch Abschied nehmen?« Es war eher eine Feststellung als eine Frage, und Randall zögerte nur kurz, ehe er nickte und mich auf die reglose Gestalt am Tisch zuschubste.
Jamie legte mir den gesunden Arm fest um die Schultern, und ich vergrub das nasse Gesicht an seinem Hals.
»Das kannst du nicht tun«, flüsterte ich. »Das kannst du nicht tun. Ich lasse es nicht zu.«
Sein Mund war warm an meinem Ohr. »Claire, morgen früh soll ich hängen. Was mit mir geschieht, zwischen dieser Stunde und jener, bedeutet niemandem etwas.« Ich wich zurück und starrte ihn an.
»Mir bedeutet es etwas!« Seine gequälten Lippen bebten, bis er beinahe lächelte, und er hob die freie Hand und legte sie auf meine feuchte Wange.
»Das weiß ich doch,