Читаем Outlander – Feuer und Stein: 1 (German Edition) полностью

»Du widerliches Tier«, sagte ich zu ihm, »wage es nicht, mir an die Kehle zu springen!« Ich hatte nämlich eindeutig andere Pläne. Ich hatte mir den Umhang mehrmals lose um den Arm gewickelt, so dass der Großteil herunterhing, der Arm aber hoffentlich so gut gepolstert war, dass die Zähne des Tiers nicht durchdringen konnten.

Der Wolf war zwar dünn, aber nicht ausgemergelt. Ich vermutete, dass er um die vierzig Kilo wog; weniger als ich, aber nicht genug, um mir einen nennenswerten Vorteil zu verschaffen. Im Grunde schien sogar vieles für das Tier zu sprechen; mit vier Beinen hielt man sich besser auf der rutschigen Schneekruste als mit zweien. Ich hoffte, dass es mir helfen würde, wenn ich den Rücken an die Mauer lehnte.

Ein Gefühl der Leere in meinem Rücken sagte mir, dass ich die Ecke erreicht hatte. Der Wolf war etwa sechs Meter von mir entfernt. Jetzt oder nie. Ich schabte den Schnee unter meinen Füßen beiseite, um festen Halt zu haben, und wartete.

Ich sah den Wolf nicht einmal abheben. Ich hätte schwören können, dass ich den Blick nicht von seinen Augen abgewendet hatte, doch wenn der Entschluss zum Absprung dort zu sehen gewesen war, war die Tat zu schnell gefolgt, als dass ich es hätte merken können. Es war mein Instinkt, nicht mein Verstand, der mich den Arm heben ließ, als ein weißlich grauer Schatten auf mich zugeschossen kam.

Die Zähne senkten sich mit solcher Kraft in das Polster, dass sie mir den Arm quetschten. Der Wolf war schwerer, als ich gedacht hatte. Ich war auf dieses Gewicht nicht vorbereitet, und mein Arm sackte kraftlos in die Tiefe. Eigentlich hatte ich versuchen wollen, das Tier gegen die Mauer zu schleudern und es so vielleicht zu betäuben. Stattdessen warf ich mich selbst vor die Wand, so dass der Wolf zwischen den Steinblöcken und meiner Hüfte klemmte. Ich versuchte, ihn in den losen Teil des Umhangs zu wickeln. Klauen zerfetzten mir den Rock und kratzten mir über den Oberschenkel. Ich rammte ihm das Knie mit aller Kraft in die Brust, und er heulte erstickt auf. Erst in diesem Moment begriff ich, dass das seltsame, grollende Wimmern von mir kam, nicht von dem Wolf.

Seltsamerweise hatte ich nun keinerlei Angst mehr, obwohl es mich vor dem Wolf gegraust hatte, während er sich an mich herangepirscht hatte. Jetzt beherrschte mich nur ein Gedanke: Entweder ich tötete dieses Tier, oder es tötete mich. Also würde ich es töten.

Jeder große Kraftakt gelangt an einen Wendepunkt, an dem man auch noch auf die allerletzten körperlichen Reserven zurückgreift, koste es, was es wolle, bis das Ringen vorüber ist. Frauen erleben diesen Punkt bei der Geburt ihrer Kinder, Männer im Kampf.

Jenseits dieses Punktes verliert man jede Angst vor Schmerzen oder Verletzungen. Das Leben wird dann ganz einfach; entweder vollbringt man das, was man gerade versucht – oder man stirbt bei dem Versuch. Und welche der beiden Möglichkeiten eintritt, spielt keine große Rolle.

Ich hatte solche Kämpfe zwar während meiner Schwesternausbildung mit angesehen, doch ich hatte es noch nie am eigenen Leib erlebt. Jetzt war ich auf die Kiefer konzentriert, die sich um meinen Unterarm geschlossen hatten, und auf den sich windenden Dämon, der an meinem Körper zerrte.

Es gelang mir zwar, das Tier mit dem Kopf gegen die Wand zu schlagen, doch nicht fest genug, um etwas auszurichten. Ich ermüdete nun rapide; wäre der Wolf in guter Verfassung gewesen, hätte ich nicht die kleinste Chance gehabt. Zwar war meine Chance auch so nicht groß, doch ich klammerte mich fest daran. Mit voller Wucht ließ ich mich flach auf das Tier fallen, so dass es unter mir festlag und ihm der nach Aas stinkende Atem verging. Es erholte sich zwar beinahe augenblicklich wieder und begann, sich unter mir zu winden, doch die eine Sekunde der Entspannung ermöglichte es mir, meinen Arm zu befreien, indem ich ihm eine Hand unter die feuchte Schnauze krallte.

Ich schob ihm meine Finger in die Mundwinkel und entging damit den zuschnappenden Zähnen. Speichel rann mir über den Arm. Ich lag auf dem Wolf. Die Ecke der Gefängnismauer war ungefähr einen halben Meter von mir entfernt. Irgendwie musste ich dorthin gelangen, ohne dass das tobende Etwas unter mir freikam.

Ich drückte den Wolf mit meinem Gewicht zu Boden, während ich ihn und mich mit den Füßen zentimeterweise vorwärtsschob und fortwährend darum kämpfte, die Fänge von meiner Kehle fernzuhalten. Es kann nicht mehr als ein paar Minuten gedauert haben, diesen halben Meter zurückzulegen, doch es fühlte sich an, als hätte ich mein halbes Leben lang dort gelegen, im Kampf mit dieser Bestie verschlungen, deren Hinterklauen mir über die Beine kratzten, während sie Halt suchten, um mir den Bauch aufzureißen.

Schließlich konnte ich um die Ecke sehen, und der steinerne Winkel befand sich direkt vor meinem Gesicht. Jetzt kam der knifflige Teil. Ich musste den Körper des Wolfs so positionieren, dass ich ihn mit beiden Händen unter der Schnauze packen konnte; mit einer würde ich niemals stark genug zudrücken können.

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