Читаем Outlander – Feuer und Stein: 1 (German Edition) полностью

Doch was mir die größten Sorgen bereitete, war die Angst, dass zwar alles funktionieren könnte und es trotzdem zu spät war. Henker oder nicht, es war ja möglich, dass Randall zu weit ging. Aus den Erzählungen der Soldaten, die aus Kriegsgefangenenlagern zurückkehrten, wusste ich nur zu gut, dass nichts einfacher ist, als dass ein Gefangener »unglücklich« ums Leben kommt und man die Leiche zweckmäßig beseitigt, ehe es zu peinlichen Fragen von offizieller Seite kommt. Selbst wenn es zu solchen Fragen kam und Randall aufflog, würde es mir – und Jamie – nur ein schwacher Trost sein.

Ich hatte mich entschlossen daran gehindert, mir die Einsatzmöglichkeiten der Alltagsgegenstände auf dem Tisch in diesem Kämmerchen vorzustellen. Doch ich konnte nicht verhindern, dass ich immer wieder vor mir sah, wie sich die Knochenspitzen dieses zerschmetterten Fingers in den Tisch bohrten. Ich rieb meinerseits fest mit den Fingerknöcheln über den Sattel, um dieses Bild auszulöschen. Dabei spürte ich ein leichtes Brennen und zog den Handschuh aus, um die Spuren zu untersuchen, die die Wolfszähne auf meiner Hand hinterlassen hatten. Nichts Schlimmes, nur ein paar Kratzer und eine kleine Bisswunde, wo ein Zahn das Leder durchdrungen hatte. Geistesabwesend leckte ich mir die Wunde. Es half auch nicht, mir zu sagen, dass ich alles getan hatte, was in meiner Macht stand. Ich hatte getan, was möglich war, doch dieses Bewusstsein machte das Warten nicht einfacher.

Endlich hörten wir leises Stimmengewirr aus der Richtung des Gefängnisses. Einer von MacRannochs Männern fasste mein Pferd am Zaum und wies auf die schützenden Bäume. Dort lag deutlich weniger Schnee auf dem Boden, und das Geäst hielt die wirbelnden Flocken ab, so dass sich der Schnee in schmalen Streifen von der Laubdecke des felsigen Bodens abhob. Auch wenn es hier weniger schneite, war die Sicht doch so schlecht, dass ich die Bäume oft erst wahrnahm, wenn ich sie dicht vor mir hatte, schwarz im rötlichen Schimmer der Winternacht. Unruhig ritt ich im Schritt auf der kleinen Lichtung hin und her.

Der dichte Schnee dämpfte die nahenden Hufschläge so gut, dass sie uns fast erreicht hatten, ehe wir sie hörten. MacRannochs Männer zogen ihre Pistolen und brachten ihre Pferde abwartend unter den Bäumen zum Stehen, doch ich hatte das dumpfe Brüllen der Rinder schon gehört und trieb mein Pferd aus dem Wäldchen hinaus.

Sir Marcus MacRannoch, der an seinem Schecken und seinem Bärenfell gut zu erkennen war, kam als Erster den Hang heraufgeritten, und der Schnee flog in kleinen Explosionen unter den Hufen seines Pferdes auf. Ihm folgten mehrere Männer, die dem Klang ihrer Stimmen nach alle bei bester Laune waren. Weiter hinten ritten noch mehr Männer, die die Rinderherde antrieben und die verdatterten Tiere um den Fuß des Hügels auf den wohlverdienten Schutz ihrer heimischen Ställe zulenkten.

MacRannoch kam an meiner Seite zum Stehen und lachte ausgelassen. »Ich muss Euch danken, Mistress Fraser«, rief er durch den Schnee, »für einen sehr unterhaltsamen Abend.« Sein Argwohn war jetzt verflogen, und er begegnete mir mit der größten Herzlichkeit. Seine Augenbrauen und sein Schnurrbart waren voller Schnee, so dass er aussah wie der Weihnachtsmann im Großeinsatz. Er griff nach meinem Zaumzeug und führte mein Pferd in das Wäldchen, wo es stiller war. Er winkte meinen beiden Begleitern zu, unten bei den Rindern zu helfen, dann stieg er immer noch lachend ab und schwang mich aus dem Sattel.

»Ihr hättet es sehen sollen!«, gluckste er und hielt sich fast ekstatisch den Bauch. »Sir Fletcher ist rot geworden wie ein Rotkehlchen, als ich ihm ins Abendessen geplatzt bin und ihn angebrüllt habe, er hätte Diebesgut auf seinem Gelände. Und als wir dann nach unten kamen und das Gebrüll der Tiere gehört haben, dachte ich, er hat sich in die Hose gemacht. Er …« Ich schüttelte ihn ungeduldig am Arm.

»Sir Fletchers Hose ist mir egal. Habt Ihr meinen Mann gefunden?«

Etwas ernüchtert rieb sich MacRannoch mit dem Ärmel die Augen. »Oh, aye. Wir haben ihn gefunden.«

»Geht es ihm gut?«, fragte ich ruhig, obwohl ich am liebsten geschrien hätte.

MacRannoch wies hinter mir auf die Bäume, und als ich herumfuhr, sah ich einen Reiter, der sich vorsichtig den Weg durch das Geäst bahnte und ein in ein Tuch gehülltes Bündel quer vor sich über dem Sattel liegen hatte. Ich rannte auf ihn zu, gefolgt von MacRannoch, der hilfsbereit weitere Erklärungen beisteuerte.

»Er ist nicht tot, zumindest war er es nicht, als wir ihn gefunden haben. Aber man hat ihm übel mitgespielt, dem Armen.« Ich hatte das Tuch über Jamies Kopf beiseitegeschoben und untersuchte ihn hektisch, so gut ich konnte, während das Pferd vor Aufregung über die ungewohnte Last und über den Schnee nervös auf der Stelle trat. Ich konnte dunkle Blutergüsse sehen und blutige Krusten in seinem zerzausten Haar fühlen, doch viel mehr war in der Dunkelheit nicht festzustellen. Ich glaubte, einen Puls in seinem eisigen Hals zu spüren, war mir aber nicht sicher.

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