Читаем Outlander – Feuer und Stein: 1 (German Edition) полностью

Die gesunde Hand wurde mir plötzlich entzogen, als sich Jamie auf einem Ellbogen aufrichtete. Er spuckte den Lederknebel aus und betrachtete mich mit einer Miene irgendwo zwischen Belustigung und Ungeduld.

»Sassenach«, sagte er, »wenn du dich jedes Mal entschuldigen möchtest, wenn du mir weh tust, haben wir eine sehr lange Nacht vor uns – und sie dauert schon eine Weile.«

Ich muss betroffen gewirkt haben, denn er streckte die Hand nach mir aus, hielt dann aber inne, weil ihn die Bewegung zusammenzucken ließ. Doch er nahm sich zusammen und sprach entschlossen weiter. »Ich weiß, dass du mir nicht weh tun willst. Aber du hast genauso wenig Einfluss darauf wie ich, und es ist nicht nötig, dass mehr als einer von uns darunter leidet. Du tust, was nötig ist, und ich schreie, wenn ich muss.«

Er steckte sich den Lederstreifen wieder in den Mund und sah mich mit gebleckten Zähnen an, dann verdrehte er gemächlich die Augen. In diesem Moment sah er so sehr wie ein debiler Tiger aus, dass ich in halb hysterisches Gelächter ausbrach, ehe ich es verhindern konnte.

Meine Wangen brannten, und ich schlug mir die Hände vor den Mund, als ich das Erstaunen in den Gesichtern Lady Annabelles und der Dienstboten sah, die ja hinter Jamie standen und daher nichts von seinem Gesichtsausdruck mitbekamen. Sir Marcus, der es von seinem Sitzplatz auf der Bettkante kurz gesehen hatte, grinste sich schweigend in den Bart.

»Außerdem«, sagte Jamie, nachdem er das Leder noch einmal ausgespuckt hatte, »sollten die Engländer aufkreuzen, wenn du mit mir fertig bist, werde ich sie vermutlich anflehen, mich zurückzunehmen.«

Ich nahm das Lederstück, steckte es ihm zwischen die Zähne und drückte ihm den Kopf wieder auf die Liege.

»Clown«, sagte ich. »Besserwisser. Verdammter Held.« Doch er hatte eine Last von mir genommen, und ich arbeitete jetzt ruhiger weiter. Mir entging zwar nicht das geringste Zucken und keine Grimasse, doch ich spürte es nicht länger am eigenen Körper.

Allmählich verlor ich mich in der Konzentration auf meine Aufgabe. Ich lenkte all mein Bewusstsein in meine Fingerspitzen, verschaffte mir einen Eindruck von jeder beschädigten Stelle und überlegte, wie ich die zertrümmerten Knochen am besten wieder gerade richtete. Glücklicherweise hatte der Daumen am wenigsten gelitten; nur ein einfacher Bruch am ersten Fingerglied, der sauber verheilen würde. Der zweite Knöchel des Ringfingers war vollständig zerstört; ich spürte nur Knochensplitter und Brei, als ich ihn sanft zwischen Daumen und Zeigefinger drehte, und Jamie stöhnte auf. Es gab nichts, was ich hier tun konnte, außer den Finger zu schienen und das Beste zu hoffen.

Der offene Bruch des Mittelfingers stellte mich vor das größte Problem. Ich würde den Finger gerade ziehen müssen, um den aus der Haut ragenden Knochen wieder nach innen zu bugsieren. Dieser Prozedur hatte ich schon einmal beigewohnt – unter Vollnarkose und mit Hilfe eines Röntgenbilds.

Bis heute war die Entscheidung, wie eine zertrümmerte Hand zu rekonstruieren war, für mich immer eher ein technisches als ein persönliches Problem gewesen. Jetzt sah ich mich dem Grund gegenüber, warum Ärzte nur selten Familienmitglieder behandeln. Es gibt medizinische Aufgaben, deren erfolgreiche Durchführung einer gewissen Rücksichtslosigkeit bedarf; Distanz ist unabdingbar, um einem Menschen im Rahmen des Heilungsprozesses Schmerzen zuzufügen.

Sir Marcus hatte leise einen Hocker neben das Bett gestellt. Er ließ sich bequem darauf nieder, während ich Jamies Arm festgurtete, und ergriff Jamies gesunde Hand.

»Drück zu, so fest du willst, Junge«, sagte er.

Ohne das Bärenfell, die graumelierten Locken ordentlich geflochten und zusammengebunden, war MacRannoch nicht länger der einschüchternde wilde Mann aus dem Wald, sondern ein nüchtern gekleideter Herr in den mittleren Jahren mit einem gepflegten Jägerbart und militärischer Disziplin. Ich war so nervös angesichts dessen, was ich vorhatte zu versuchen, dass mich seine unerschütterliche Gegenwart sehr beruhigte.

Ich holte tief Luft und betete um Distanz.

Es war ein zeitraubendes, grauenhaftes, nervenaufreibendes Unterfangen, das jedoch durchaus etwas Faszinierendes an sich hatte. Manches, wie das Schienen der beiden Finger mit den einfachen Brüchen, ging ganz leicht. Anderes nicht. Jamie schrie – laut –, als ich den Mittelfinger richtete und mit der beträchtlichen Kraft daran zog, die nötig war, um die zersplitterten Knochenenden wieder unter die Haut zu schieben. Einen Moment lang zögerte ich erschüttert, doch MacRannoch drängte mich leise fortzufahren.

Mir fiel wieder ein, was Jamie in der Nacht zu mir gesagt hatte, als Jennys Baby zur Welt kam: Ich kann selber Schmerz ertragen, aber den deinen könnte ich nicht ertragen. Das würde mehr Kraft kosten, als ich habe. Er hatte recht; es kostete Kraft; ich hoffte, dass wir beide genügend hatten.

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