Читаем Outlander – Feuer und Stein: 1 (German Edition) полностью

Der Dolch in meiner rechten Hand war unter meinem Umhang verborgen. Ich legte ihm die linke Hand auf den Kopf. Genau so hatte ich schon Hunderte von Köpfen berührt, tröstend, untersuchend, ermutigend. Und sie hatten zu mir aufgeblickt, wie es dieser Junge tat; voll Hoffnung und Vertrauen.

Es war mir nicht möglich, ihm die Kehle durchzuschneiden. Ich sank neben ihm auf die Knie und wandte seinen Kopf sanft von mir ab. Ruperts Methoden des schnellen Tötens setzten ausnahmslos Widerstand voraus. Hier gab es keinen Widerstand, als ich seinen Kopf nach vorn beugte, so weit ich es konnte, und ihm den Dolch an der Schädelkante in den Nacken stieß.

Ich ließ ihn mit dem Gesicht im Schnee liegen und kehrte zu den anderen zurück.

Nachdem wir unsere sperrige Fracht auf einer Bank unter Deck verstaut hatten, trafen Murtagh und ich uns an der Reling der Cristabel, um den sturmgepeitschten Himmel zu betrachten.

»Das sieht doch nach bestem Fahrtwind aus«, sagte ich hoffnungsvoll und hielt einen angefeuchteten Finger hoch.

Murtagh warf einen finsteren Blick auf die Wolken, die mit schwarzen Bäuchen über dem Hafen hingen und ihre Flockenlast an die eisigen Wellen verschwendeten. »Aye, nun ja. Hoffen wir auf eine ruhige Überfahrt, sonst kommen wir wahrscheinlich mit einer Leiche an.«

Eine halbe Stunde später erfuhr ich mitten auf der wogenden Nordsee, was genau er damit gemeint hatte.

»Seekrank?«, sagte ich ungläubig. »Ein Schotte wird doch nicht seekrank!«

Murtagh reagierte gereizt. »Vielleicht ist er ja dann ein rothaariger Hottentotte. Ich weiß nur, dass er grün ist wie ein Fisch und sich die Eingeweide aus dem Leib kotzt. Kommst du mit nach unten und hilfst mir zu verhindern, dass er sich mit seinen eigenen Rippen ersticht?«

»Verdammt«, sagte ich zu Murtagh, als wir während einer kurzen Unterbrechung der unangenehmen Vorgänge unter Deck wieder an der Reling standen, um frische Luft zu schnappen, »wenn er doch weiß, dass er seekrank wird, warum in Gottes Namen wollte er dann unbedingt den Seeweg nehmen?«

Seine Reptilienaugen regten sich nicht. »Weil er genau weiß, dass er es in seinem Zustand über Land nie schaffen würde, und er nicht in Eldridge bleiben will, um MacRannoch nicht die Engländer auf den Hals zu hetzen.«

»Also bringt er sich stattdessen in aller Stille auf dem Wasser um«, sagte ich bitter.

»Aye. Er glaubt, auf diese Weise bringt er nur sich selbst um und reißt nicht noch andere mit. Das ist doch wirklich selbstlos von ihm. Von Stille kann allerdings keine Rede sein«, fügte Murtagh hinzu und steuerte auf die Leiter zu, denn unten ertönten unverwechselbare Geräusche.

»Herzlichen Glückwunsch«, sagte ich ein oder zwei Stunden später zu Jamie, während ich mir die feuchten Strähnen aus der Stirn und von den Wangen strich. »Ich glaube, du wirst Medizingeschichte schreiben als einziger dokumentierter Fall, in dem ein Mensch tatsächlich an der Seekrankheit gestorben ist.«

»Oh, gut«, murmelte er in den Berg aus zerwühlten Kissen und Decken, »es wäre ja auch eine Schande, wenn das alles umsonst gewesen wäre.« Plötzlich warf er sich zur Seite. »Gott, und schon geht es weiter.« Murtagh und ich nahmen sofort unsere Plätze wieder ein. Einen kräftigen Mann stillzuhalten, während er von gnadenlosen Würgekrämpfen geschüttelt wird, ist nichts für Schwächlinge.

Hinterher fühlte ich ihm noch einmal den Puls und legte ihm kurz die Hand auf die klamme Stirn. Murtagh las in meinem Gesicht und folgte mir wortlos die Leiter zum Deck hinauf. »Es geht ihm nicht besonders, oder?«, fragte er leise.

»Ich weiß es nicht«, antwortete ich hilflos und schüttelte mein schweißnasses Haar in dem scharfen Wind. »Ich habe wirklich noch nie davon gehört, dass jemand an der Seekrankheit stirbt, aber inzwischen spuckt er ja Blut.« Die Hände des sehnigen kleinen Mannes legten sich so fest um die Reling, dass seine Knöchel durch die sonnenfleckige Haut schimmerten. »Ich weiß nicht, ob er sich innerlich an den gebrochenen Rippen verletzt hat oder ob er sich einfach so heftig übergeben hat, dass sein Magen wund ist. Aber es ist auf jeden Fall kein gutes Zeichen. Und sein Puls wird jetzt schwächer und unregelmäßig. Sein Herz ist in Mitleidenschaft gezogen.«

»Er hat ein Herz wie ein Löwe.« Die Worte kamen leise, und ich war mir zunächst gar nicht sicher, ob ich sie wirklich gehört hatte. Es hätte auch nur der salzige Wind sein können, der ihm jetzt die Tränen in die Augen trieb. Abrupt wandte er sich zu mir um. »Und einen Schädel wie ein Ochse. Hast du noch etwas von dem Laudanum, das Lady Annabelle dir mitgegeben hat?«

»Ja, alles. Er wollte es nicht; er sagt, er will nicht schlafen.«

»Aye, nun ja. Die meisten Leute bekommen nicht immer, was sie wollen; ich wüsste nicht, warum es bei ihm anders sein sollte. Komm mit.«

Ich folgte ihm nervös unter Deck. »Ich glaube nicht, dass er es bei sich behalten kann.«

»Lass das nur meine Sorge sein. Hol die Flasche und hilf mir, ihn hinzusetzen.«

Перейти на страницу:

Похожие книги