Читаем Outlander – Feuer und Stein: 1 (German Edition) полностью

»Dass man seine volle Zustimmung dazu gibt«, sagte er noch einmal. »Und das, ma chère, ist auch die Grundvoraussetzung für den Zustand der Gnade.« Wir standen über den Zaun des klösterlichen Schweinepferchs gebeugt und beobachteten einige große braune Schweine, die sich in der blassen Wintersonne aneinanderdrängten. Er wandte den Kopf und stützte dabei das Gesicht auf die Unterarme, die er auf dem Zaun verschränkt hatte.

»Ich wüsste nicht, wie das gehen soll«, protestierte ich. »Gnade ist einem Menschen doch wohl entweder vergönnt oder nicht. Ich meine …« Ich zögerte, denn ich wollte nicht unhöflich sein. »Für Euch ist der Gegenstand auf dem Altar der Kapelle Gott. Für mich ist er ein Stück Brot, ganz gleich, wie hübsch der Halter ist, in dem es steckt.«

Er seufzte ungeduldig, richtete sich auf und reckte sich.

»Auf dem Weg zu meiner nächtlichen Wache ist mir aufgefallen, dass Euer Mann nicht gut schläft«, sagte er. »Und Ihr demzufolge auch nicht. Da Ihr ja ohnehin nicht schlaft, lade ich Euch ein, mich heute Nacht zu begleiten. Kommt für eine Stunde mit mir in die Kapelle.«

Ich musterte ihn stirnrunzelnd. »Warum?«

Er zuckte mit den Schultern. »Warum denn nicht?«

Es bereitete mir keine Probleme, zu meiner Verabredung mit Anselm zu erwachen, weil ich eigentlich gar nicht geschlafen hatte – ebensowenig wie Jamie. Wann immer ich den Kopf in den Korridor steckte, konnte ich durch seine halb geöffnete Tür das Kerzenlicht flackern sehen und hörte, wie er umblätterte und gelegentlich leise aufstöhnte, wenn er die Lage wechselte.

Da ich ohnehin keine Ruhe fand, hatte ich mir auch nicht die Mühe gemacht, meine Kleidung auszuziehen, und so war ich bereit, als ein Klopfen an meiner Tür Anselms Gegenwart verkündete. Das Kloster war still, wie alle großen Institutionen in der Nacht still werden; der eilige Pulsschlag des geschäftigen Tages hat sich verlangsamt, doch das Herz schlägt weiter, allmählicher, sanfter, aber ohne Ende. Irgendjemand ist immer wach, bewegt sich lautlos durch die Korridore, hält Wache, hält alles am Leben. Und jetzt war es an mir, die Wache zu übernehmen.

In der Kapelle war es dunkel bis auf das rote Leuchten des ewigen Lichts und einige weiße Votivkerzen, deren Flammen sich vor den dunklen Heiligenschreinen in die reglose Luft erhoben.

Ich folgte Anselm durch den kurzen Mittelgang und beugte hinter ihm das Knie. Bruder Bartholomes schlanke Gestalt kniete mit gesenktem Kopf weiter vorn. Er drehte sich nicht um, als leise Geräusche unser Eintreten verrieten, sondern verharrte bewegungslos im Gebet versunken.

Das Sakrament verschwand beinahe im Prunk des Behälters, der es umfasste. Die riesige Monstranz, eine goldene Sonne von gut vierzig Zentimetern Durchmesser, stand als Ruhepol auf dem Altar und behütete das bescheidene Stück Brot in ihrer Mitte.

Ein wenig befangen nahm ich den Platz an der Vorderseite der Kapelle ein, den Anselm mir zuwies. Die mit geschnitzten Engeln, Blumen und Dämonen reich verzierten Sitze klappten gegen die hölzernen Rückenlehnen hoch, damit man die Reihen leicht betreten und wieder verlassen konnte. Hinter mir knarrte es leise, als Anselm seinen Sitz herunterklappte.

»Aber was soll ich denn überhaupt tun?«, hatte ich ihn auf dem Weg zur Kapelle gefragt, flüsternd aus Respekt vor der nächtlichen Stille.

»Nichts, ma chère«, hatte er schlicht erwidert. »Seid einfach nur da.«

Also saß ich da und lauschte meinem eigenen Atem und den schwachen Geräuschen eines Ortes der Stille; den unhörbaren Dingen, die sonst unter anderen Geräuschen verborgen sind. Steine, die sich setzen, knarrendes Holz. Das Zischen der kleinen, unauslöschlichen Flammen. Das leise Krabbeln eines kleinen Tiers, das von seinem angestammten Platz in das Reich des Majestätischen gewandert ist.

Es war friedvoll hier, das musste ich Anselm lassen. Trotz meiner eigenen Erschöpfung und meiner Sorge um Jamie spürte ich, wie ich mich mehr und mehr entspannte, wie mein überdrehter Verstand langsam zur Ruhe kam – so wie ein Uhrwerk, das zu Ende läuft. Seltsamerweise fühlte ich mich gar nicht müde, trotz der späten Stunde und der Strapazen der vergangenen Tage und Wochen.

Schließlich, so dachte ich, was waren schon Tage und Wochen im Angesicht der Ewigkeit? Und dieses Angesicht war hier, für Anselm und Bartholome, für Ambrose, für alle Mönche bis hin zu ihrem respekteinflößenden Abt Alexander.

Eigentlich war es ja eine tröstliche Vorstellung. Wenn sich der Blick auf alle Zeit der Welt auftat, verlor das, was in einem bestimmten Moment geschah, an Bedeutung. Ich konnte durchaus verstehen, dass man hier Abstand nahm und Zuflucht in der Betrachtung eines Wesens suchte, das keinen Anfang und kein Ende kannte – wie auch immer man sich dieses vorstellte.

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